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       # taz.de -- Drehscheibe München: 7000 weitere Flüchtlinge kommen an
       
       > Kanzlerin Angela Merkel fordert einen besseren Schutz der
       > EU-Außengrenzen. In Warschau wird gegen die Aufnahme von Flüchtlingen
       > marschiert, in London dafür.
       
   IMG Bild: Flüchtlinge, die kurz zuvor in München angekommen sind, werden zu einer Unterkunft begleitet.
       
       München/Paris afp/dpa | | In München sind am Samstag bis zum frühen Abend
       mehr als 7000 neue Flüchtlinge eingetroffen. Tausende weitere würden noch
       erwartet, sagte eine Behördensprecherin. Bundeskanzlerin Angela Merkel
       (CDU) forderte insbesondere von Griechenland einen besseren Schutz der
       EU-Außengrenzen, um den Zustrom zu drosseln. In London und Kopenhagen
       demonstrierten zehntausende Menschen gegen Rassismus und für die Aufnahme
       von Flüchtlingen, in Warschau gingen 5000 Asylgegner auf die Straße.
       
       Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) hatte gemutmaßt, an
       diesem Wochenende würden 40.000 neue Einwanderer in Deutschland eintreffen.
       So viele schienen es nicht zu werden, doch seien die Aufnahmekapazitäten
       völlig ausgeschöpft, sagte eine Sprecherin des Regierungsbezirks
       Oberbayern. Im Laufe des Abends würden mindestens 2000 weitere Ankömmlinge
       erwartet – also rund zehntausend Menschen allein am Samstag.
       
       Österreich kämpft ebenso wie Deutschland seit Tagen mit einem massiven
       Flüchtlingsandrang. Etwa 1800 Flüchtlinge verbrachten nach Angaben der
       Nachrichtenagentur APA die Nacht zum Samstag in Wien – 750 von ihnen in
       Bahnhofsnotunterkünften.
       
       Der serbische Ministerpräsident Aleksandar Vucic riet Deutschland,
       Flüchtlingsfamilien aus seinem Land künftig nicht mehr mit Taschengeld zu
       versorgen, die das Durchschnittsgehalt eines Serben mehrfach überstiegen.
       Im Nachrichtenmagazin Der Spiegel sagte er, es gebe „falsche Asylbewerber“.
       
       Merkel sagte in Berlin, wer nicht schutzbedürftig sei, „der kann keine
       Bleibeperspektive bei uns haben“. Die Kanzlerin ermahnte zudem die anderen
       EU-Länder, ihre Aufgaben bei Grenzschutz und Flüchtlingsaufnahme zu
       erfüllen. Eine gemeinsame Asylpolitik in der EU bedeute, „dass sich einer
       auf den anderen verlassen kann“. Das beginne mit dem Schutz der
       Außengrenzen. Konkret rief Merkel Griechenland auf, „seiner Verantwortung
       gerecht zu werden“.
       
       ## Pro-Flüchtlings-Demo auch in Kopenhagen
       
       In der polnischen Hauptstadt Warschau protestierten am Samstag knapp 5000
       Menschen gegen die Aufnahme von Flüchtlingen. Viele der
       Demonstrationsteilnehmer skandierten islamfeindliche Parolen, wie
       AFP-Korrespondenten berichteten. In dem Land trafen in der aktuellen Krise
       so gut wie keine Flüchtlinge ein. In der slowakischen Hauptstadt Bratislava
       protestierten 1500 Asylgegner.
       
       Dagegen drängten in London zehntausende Menschen Premierminister David
       Cameron zur Aufnahme von mehr Flüchtlingen. Camerons Angebot, in den
       kommenden fünf Jahren insgesamt 20.000 Syrer aufzunehmen, sei „erbärmlich“,
       sagte ein Demonstrant.
       
       In Dänemarks Hauptstadt Kopenhagen beteiligten sich laut Polizei 30.000
       Menschen einer flüchtlingsfreundlichen Demonstration. Dänemark hatte in der
       vergangenen Woche den Zugverkehr von Deutschland vorübergehend gestoppt, um
       Flüchtlinge fernzuhalten. Der Verkehr wurde am Donnerstag wieder
       aufgenommen, allerdings wurden nur die Einwanderer hereingelassen, die nach
       Schweden weiterfahren wollten. Die Demonstranten in Kopenhagen forderten
       hingegen, die Flüchtlinge im Land willkommen zu heißen.
       
       ## Honorarkonsulin verkaufte Schlauchboote
       
       Das französische Außenministerium hat eine Honorarkonsulin in der Türkei
       suspendiert, weil sie Schlauchboote an Flüchtlinge verkauft hat. Das
       erklärte ein Sprecher des Ministeriums am Samstag in Paris. Eine Reportage
       des französischen Fernsehsenders France 2 hatte am Freitag enthüllt, dass
       die Französin in Bodrum Schlauchboote und Schwimmwesten an Flüchtlinge
       verkaufte. Ihr Geschäft betrieb sie demnach nicht weit von dem Strand, an
       dem das Foto des ertrunkenen Flüchtlingskindes Aylan entstand.
       
       Reporter des Senders filmten ein Interview mit der Frau mit versteckter
       Kamera. Sie gab darin offen zu, sich am Geschäft von Schleppern zu
       beteiligen. „Ja, wir machen uns mitschuldig.“ Wenn sie die Boote nicht
       verkaufen würde, täten es andere, sagte sie den Reportern. Auch der
       Bürgermeister, der Präfekt und der Hafenmeister würden sich an den
       Geschäften beteiligen.
       
       Von dem Urlaubsort Bodrum aus überqueren Tausende Flüchtlinge das
       Mittelmeer zu den griechischen Inseln. Die Frau war dort seit 2014
       Honorarkonsulin, eine ehrenamtliche Tätigkeit. Honorarkonsuln haben einen
       Sonderstatus, der ihnen eine berufliche Tätigkeit gestattet.
       
       12 Sep 2015
       
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