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       # taz.de -- Grenze zwischen Serbien und Ungarn: Bolzenschneider am Zaun
       
       > Ungarn handelt entsprechend seinen neuen Gesetzen. Seit Dienstagmorgen
       > wird verhaftet, wer die Grenze von Serbien aus überwindet.
       
   IMG Bild: Der Blick nach Serbien zeigt jene, die noch über die Grenze wollen.
       
       Röszke taz | Ungarns Grenze zu Serbien ist jetzt dicht. In Röszke, wo bis
       Montag ein Grenzübertritt über die Gleise möglich war, steht jetzt ein
       ausrangierter Güterwaggon, der das Loch verrammelt. Der Grenzzaun links und
       rechts wurde im Eiltempo fertiggestellt.
       
       Arbeiter und Polizisten sind Dienstag früh noch damit beschäftigt, die
       letzten Stacheldrahtstücke zu verlegen. Internationale Networks und das
       ungarische Fernsehen sind vor Ort. Fotografen fotografieren sich
       gegenseitig.
       
       Die Armee hat ein 800 Mann starkes Grenzjägerbataillon von Pécs an die
       Grenze verlegt. Olivgrüne Jeeps fahren den Zaun ab. Selbst Reservisten
       wurden eingezogen. Noch bevor um Mitternacht die neuen Fremdengesetze in
       Kraft traten, die den illegalen Grenzübertritt strafrechtlich ahnden, war
       diese letzte Lücke im Zaun verbarrikadiert worden.
       
       Polizisten bauten sich am Grenzstein auf und wiesen alle Ankömmlinge zum
       etwa einen Kilometer westlich gelegenen offiziellen Grenzübergang
       Röszke/Horgos, wo Fußgänger und einspurige Fahrzeuge queren dürfen. Sie
       wurden bis Mitternacht nach Ungarn gelassen und gleich per Bus zum Bahnhof
       gebracht. Dort fuhren den ganzen Tag Sonderzüge nach Hegyeshalom an der
       österreichischen Grenze. In der Nacht erschien dann Regierungssprecher
       Zoltán Kovács und erklärte der versammelten Presse, jetzt gälten die neuen
       Regeln. Niemand werde mehr ins Land gelassen. Grenzübertritt sei ein
       Delikt.
       
       ## Umgehend in Haft genommen
       
       Auf der serbischen Seite sammelten sich derweil Gruppen von Flüchtlingen,
       die zu spät kamen oder den Ernst der neuen Lage unterschätzt hatten. Einige
       schnitten mit einem Bolzenschneider ein Loch in den Zaun und wurden
       umgehend arretiert. Das Gesetz sieht vor, dass jene, die den Zaun
       beschädigen, drei bis fünf Jahre eingesperrt werden können.
       
       Dienstag früh war die Menge dann so groß geworden, dass sich Unruhe breit
       machte. Geschätzte 1.500 Flüchtlinge standen vor dem Grenzgebäude. Die
       serbischen Behörden lassen die Leute passieren aber auf der ungarischen
       Seite geht nichts mehr. Doch niemand will zurück nach Serbien.
       
       In den österreichischen Auffangzentren entlang der Grenze sind indessen die
       Kapazitäten überschritten. Bei Nickelsdorf war zwischenzeitlich die
       Autobahn gesperrt, weil sich ungeduldige Flüchtlinge zu Fuß über die
       Ostautobahn auf den Weg ins 60 Kilometer entfernte Wien gemacht haben. Das
       Rote Kreuz, das dort im Dauereinsatz steht, meldet entkräftete Menschen und
       einige kranke Kinder. Medizinische Notfälle seien aber keine aufgetreten.
       
       In Heiligenkreuz, einem weiteren Grenzort im Burgenland, hat das Bundesheer
       28 Zelte aufgestellt und 250 Schlafplätze geschaffen. Montag wurden von
       dort 517 vorwiegend junge Männer nach Villach in Kärnten gebracht, wo im
       Eiltempo Notunterkünfte geschaffen werden mussten.
       
       Die Österreichische Regierung hat derzeit keine einheitliche Position.
       Während Kanzler Werner Faymann (SPÖ) nur von stichprobenartigen Kontrollen
       spricht, wünscht sich Koalitionspartner ÖVP lückenlose Kontrollen.
       Fraktionschef Reinhold Lopatka: „Unsere Abgeordneten wünschen sich das“.
       
       15 Sep 2015
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Ralf Leonhard
   DIR Tibor Rácz
       
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