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       # taz.de -- Portrait Patrick Pelloux: Der Notarzt geht woandershin
       
       > Der Kolumnist bei Charlie Hebdo will nicht über den Anschlag reden.
       > Hauptberuflich ist er auch Gewerkschafter und Schriftsteller.
       
   IMG Bild: Der Kolumnist ist hauptberuflich Arzt.
       
       Nach dem Karikaturisten Luz hat auch der Kolumnist Patrick Pelloux bei
       Charlie Hebdo gekündigt und dies auf dem kleinen Rundfunksender Web7Radio
       begründet.
       
       Seit dem Attentat vom 7. Januar dieses Jahres sieht er sich selbst als
       „Überlebenden“, hat aber keine Lust mehr, jede Woche darüber zu reden. Er
       war gleich nach dem blutigen Anschlag in die Redaktion gekommen und hatte
       vergeblich versucht, angeschossene Charlie-Kollegen zu retten.
       
       Vielleicht hatte ihn dies als Mediziner mehr getroffen als andere. Noch
       Tage und Wochen später war er in Tränen. Nun will er noch bis Jahresende
       seinen wöchentlichen Beitrag liefern, dann sollen andere weitermachen. Nach
       der Trauerzeit ist Charlie Hebdo für ihn ein abgeschlossenes Kapitel.
       
       Für ihn war das ohnehin mehr ein Nebenjob, denn Pelloux, 52 Jahre alt, ist
       hauptberuflich Notarzt, Gewerkschafter und Schriftsteller. Pelloux hat sich
       immer dort engagiert, wo Not am Mann war.
       
       Bis zum Anschlag vom Januar wussten wohl die wenigsten in Frankreich, dass
       dieser Doktor Pelloux auch für das satirische Wochenblatt schrieb. Das
       Fernsehpublikum kannte ihn vorher nur im weißen Arztkittel, wie er sich
       sehr beredt als Sprecher für die Forderungen seiner gestressten,
       unterbezahlten KollegInnen in den Notfallstationen einsetzte. Im August
       2003 wurde er landesweit bekannt, weil er als Erster vor den absehbaren
       dramatischen Folgen der Hitze warnte.
       
       Er war vor den Kameras so überzeugend, dass er in mehreren Filmen kleine
       Rollen als Arzt oder Krankenpfleger bekam. Er hat aber auch mehrere Bücher
       zur Notfallmedizin publiziert sowie zu existenziellen Themen, so „Man lebt
       nur ein Mal“ und „Man stirbt nur ein Mal, aber für lange Zeit. Die letzten
       Tage großer Männer“. Als prominente Persönlichkeit hat er sich auch für
       Sozialreformen oder gegen den Rassismus und gegen den Stierkampf
       eingesetzt.
       
       Bei Charlie Hebdo hatte Pelloux wohl seine Grenzen erreicht. Das Magazin
       wiederum hat seine Existenzkrise überlebt und braucht keinen Notarzt mehr,
       der jede Woche in seiner Kolumne der Nation auf den Puls fühlt.
       
       27 Sep 2015
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Rudolf Balmer
       
       ## TAGS
       
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