URI: 
       # taz.de -- Gentrifizierung im Schanzenviertel: „Diversität wird zerstört“
       
       > Lange war der Schanzenhof ein soziokulturelles Zentrum in der Schanze.
       > Jetzt wurde den Mietern gekündigt, sie sollen einem weiteren Hostel
       > weichen
       
   IMG Bild: Neue Stufe der Gentrifizierung: Im Schanzenhof soll ein weiteres Hostel entstehen
       
       Die Wände des Treppenhauses sind rot gestrichen. Auf einer Stahltür steht
       „Palette“. Das sind die Räume, die die Drogenberatungsstelle seit 1991
       gemietet hat. Hier treffen sich Menschen, um gemeinsam zu essen und
       miteiander zu reden. „Vor zehn Tagen haben wir ein Schreiben bekommen, dass
       unser Mietvertrag zum 31. März kommenden Jahres gekündigt wurde“, sagt
       Ulrike Winkelmann. Sie ist Sozialarbeiterin in der Einrichtung.
       
       Insgesamt wurde fünf Mietern gekündigt. Neben der Drogenberatungsstelle
       bekamen auch das alternative Hotel Schanzenstern und Künstler, die in dem
       Gebäude arbeiten, einen Brief vom Vermieter. Sie sollen Platz für ein
       Hostel machen.
       
       Die Räume kosteten zunächst 8,50 Euro pro Quadratmeter, inzwischen sind es
       14 Euro. Ausziehen wollte die Palette trotzdem nicht: „Wir können die
       höhere Miete bezahlen, deshalb kann die Kündigung nicht damit
       zusammenhängen“, sagt Winkelmann. Der Schanzenhof war ursprünglich dazu
       gedacht, Initiativen Räume zu bieten, die nicht viel Geld haben. Jetzt
       drängt der Vermieter auf höhere Profite.
       
       Das trifft auch die Klienten der Drogenberatungsstelle. Einige von ihnen
       haben Minijobs und reinigen das Treppenhaus. Die meisten seien
       Hartz-IV-Empfänger, die sich ein bisschen Geld dazu verdienen würden, sagt
       Winkelmann.
       
       Fällt die Einrichtung weg, verlieren sie aber nicht nur ihre Jobs, sondern
       auch ihr soziales Umfeld, sagt die Sozialarbeiterin. „Denn das kann man
       nicht irgendwo hin transferieren, das ist dann einfach zerstört.“
       
       In der obersten Etage des Altbaus am Schanzenhof sitzt das Geld noch
       knapper. Die Erhöhung der Miete um 63 Prozent können die Mieter nicht
       bezahlen. „Als wir davon erfahren haben, war völlig klar, dass wir uns das
       nicht leisten können – wir machen hier Kultur“, sagt die Sängerin Katriana,
       die hier Gesangsunterricht gibt.
       
       Vor zwei Jahren hat die HWS Immobilien- und Vermögensverwaltung die Gebäude
       gekauft. Das Unternehmen schiebt die Verantwortung auf die Mieter: Max
       Schommartz von der Geschäftsführung, erklärte im Abendblatt, dass die
       gekündigten Mieter die Möglichkeit gehabt hätten, ein Konzept vorzulegen,
       das den Schanzenhof bereichere.
       
       Bei den Noch-Mieterinnen und Mietern stößt diese Äußerung auf
       Unverständnis. „Der Schanzenhof ist in sich schon ein wunderbares Konzept“,
       sagt die Sängerin Katriana. Durch das Vorgehen des Eigentümers würde die
       Diversität des Schanzenhofs allerdings zerstört.
       
       Das angrenzende Hotel und Biorestaurant „Schanzenstern“ hat zwei Jahre lang
       mit den Eigentümern Verhandlungen geführt. Allerdings ohne Erfolg. Auch sie
       müssen das Gebäude räumen.
       
       Das 3001 Kino nebenan erhält hingegen einen Mietvertrag für weitere fünf
       Jahre. Auch die Volkshochschule ist nicht von der Kündigung betroffen. Der
       Besitzer plant mit dem Pyjama-Park-Hotel, ein weiteres Hostel in der
       Schanze zu eröffnen.
       
       27 Sep 2015
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Fabio Kalla
       
       ## TAGS
       
   DIR Hamburg
   DIR Mieten
   DIR Gentrifizierung
   DIR Hamburg Schanzenviertel
   DIR Hamburg Schanzenviertel
   DIR Hamburg Schanzenviertel
   DIR Stadtentwicklung Hamburg
   DIR Politische Kunst
   DIR Stadtentwicklung
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Verhandlungen im Schanzenviertel: Zukunft im Hinterhof
       
       Die Besitzer des Schanzenhofes in Hamburg hatten das 3001 Kino zwei Mal
       abgemahnt. Nach Protesten wollen sie nun den Vertrag verlängern.
       
   DIR Protest gegen Gentrifizierung: Drogenhelferin unter Druck
       
       Eine Betriebsrätin bekommt von ihrem Vermieter für ihren Arbeitsplatz im
       Hamburger Schanzenviertel Hausverbot.
       
   DIR Verdrängung im Schanzenviertel: Brachialer Rauswurf
       
       Ein Polizeiaufgebot sichert in der Schanze die Schlüsselübergabe an den
       neuen Mieter des „Schanzenhofs“. Sie befürchten eine weitere
       Gentrifizierung.
       
   DIR Künstlergruppe über abgesagte Aktion: „Wir spritzen trotzdem“
       
       Frankfurter KünstlerInnen wollen sich öffentlich einen Schuss setzen, um
       gegen Gentrifizierung zu protestieren. Kurz vorher springt der Veranstalter
       ab.
       
   DIR Stadtforscher über Theorien der Stadtentwicklung: „Zeichen städtischer Wachstumsvisionen“
       
       In der Stadt zeigt sich, wie sich der Kapitalismus in den letzten Jahren
       verändert hat, sagt der Stadtforscher Jürgen Oßenbrügge. Ein neues Buch
       zeigt, welche Theorien diesen Wandel erklären können.
       
   DIR Debatte Grüne in Hamburg: Wir wählen ein Lebensgefühl
       
       Armut, Erwerbslosigkeit, Gentrifizierung – über diese Themen ist der
       Grünen-Anhänger in Hamburg erhaben. Lieber glaubt er an die Fantasien eines
       kuscheligen Großstadtlebens.
       
   DIR Widerstand gegen Gentrifizierung: Hamburger kämpfen um Wohnraum
       
       Während es in Hamburg an Wohnungen mangelt, stehen rund 1,2 Millionen
       Quadratmeter Bürofläche leer. Nun wächst der Widerstand gegen die
       Wohnungspolitik.
       
   DIR Gentrifizierung: Stadt verscherbelt Garten Eden
       
       Lukrative "Kreativimmobilie" statt Kunst-Biotop: Hamburg verkauft das
       Grundstück des "Gartenkunstnetzes" im Schanzenviertel. Die Kultursenatorin
       schweigt.