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       # taz.de -- Flüchtlinge erreichen Österreich: 6000 im Laufe des Tages
       
       > Ungarn hat seine Grenze zu Serbien dichtgemacht. Die Geflüchteten nehmen
       > jetzt den Umweg über Kroatien und kommen in Österreich an.
       
   IMG Bild: Heiligenkreuz am Samstagmorgen.
       
       Wien taz | Die Flüchtlingsgeschichte spielt wieder in Österreich-Ungarn.
       Zumindest teilweise. In den frühen Morgenstunden des Samstags wurden die
       ersten 1500 Flüchtlinge nahe der Grenzstation Nickelsdorf abgeladen. Mit
       über 6000 im Laufe des Tages wurde gerechnet. Denn auch am
       südburgenländischen Grenzübergang Heiligenkreuz kamen mehrere Tausend
       Menschen an. Es handelt sich größtenteils um Asylsuchende, die in Kroatien
       gestrandet waren.
       
       Dort ist der Versuch, das Problem mit einer Grenzen-dicht-Politik in den
       Griff zu kriegen, gescheitert. In Österreich ist man vorbereitet. Die
       Ankommenden werden mit heißem Tee, Gulasch und warmen Decken versorgt und
       dann nach Wien, Graz und andere Städte weitergeschickt. Nach einer Stunde
       sitzen sie wieder im Bus. Zum ersten Mal seit Tagen bekommen sie dann ein
       Bett. Man rechnet damit, dass viele von ihnen in Österreich um Asyl
       ansuchen werden.
       
       Österreichs Behörden klagen über die intransparente Informationspolitik der
       Ungarn. Man erfahre immer in letzter Minute, dass wieder ein Bus in der
       ungarischen Grenzstation Hegyeshalom angekommen sei. Ungarns Polizei hat
       inzwischen gemeldet, dass bis Samstagfrüh 7852 Flüchtlinge aus Kroatien
       eingetroffen seien. Fast 1000 Flüchtlinge seien Freitagabend unangekündigt
       im ungarischen Grenzbahnhof Magyarboly eingetroffen.
       
       Die 40 begleitenden kroatischen Polizisten seien entwaffnet worden, die
       beiden Zugführer habe man festgenommen. Ob unter dem Vorwurf der
       Schlepperei ist nicht bekannt. Ein ungarischer Regierungssprecher sprach
       jedenfalls vom Verdacht, dass es sich um einen Grenzverstoß handle. Anders
       stellen es die Kroaten dar: die Polizisten seien wieder zurück und alles
       sei in Absprache mit Ungarn geschehen. Slowenien hat weiterhin Polizisten
       an der Schengengrenze zu Kroatien als lebendigen Grenzwall aufgestellt.
       Einige schafften es dennoch, an der Polizei vorbeizukommen.
       
       ## Auch die Golfstaaten sollten zahlen
       
       Bis Freitagnacht, so die Behörden in Ljubljana, seien 1100 Flüchtlinge von
       der Polizei aufgegriffen, registriert und auf Aufnahmezentren im ganzen
       Land verteilt worden. Mehr als 10.000 Flüchtlinge könne man nicht
       aufnehmen. Nach einem Gipfeltreffen sozialdemokratischer Parteichefs und
       Gewerkschaftsbosse in Wien bekannten sich Österreichs Bundeskanzler Werner
       Faymann, Vizekanzler Sigmar Gabriel und Schwedens Premier Stefan Löfven zur
       humanitären Flüchtlingspolitik.
       
       Eine Lösung der Flüchtlingskrise werde aber „nur möglich sein mit
       gemeinsamer europäischer Außenpolitik in Syrien, so Werner Faymann, „aber
       auch in der Unterstützung der Flüchtlinge, wo sie jetzt in der Region
       sind“. Es gehe um eine Soforthilfe von fünf Milliarden Euro. In diesen Topf
       sollten neben der EU auch die USA und die Golfstaaten einzahlen, sagte
       Sigmar Gabriel. Die Wanderbewegung sei ja nicht zuletzt dadurch ausgelöst
       worden, dass die Menschen in den Flüchtlingslagern in Syriens
       Nachbarstaaten nicht mehr versorgt werden können.
       
       Das Welternährungsprogramm habe das Budget pro Kopf und Monat von knappen
       27 Dollar auf prekäre 13 Dollar reduzieren müssen. Die UNO
       Flüchtlingshochkommission UNHCR sei zu 60 Prozent unterfinanziert. Gabriel:
       „So kommen die Summen zustande. Das ist das Minimum, was wir schaffen
       müssen. Was das noch nicht beinhaltet, ist ein großes Ausbildungsprgramm“.
       
       Dieses sei von zentraler Bedeutung, denn, „wenn wir eine verlorene
       Generation in den Flüchtlingslagern haben, dann ist das die nächste
       Generation, aus der das Reservoir für Terroristen entsteht. Die bedrohen
       die Region genauso wie unsere Länder“.
       
       19 Sep 2015
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Ralf Leonhard
       
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