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       # taz.de -- Mall-Gate in Bremen-Vegesack: Haven Höövt ist illegal
       
       > Die Verkaufsfläche des insolventen Bremer Haven Höövt ist doppelt so groß
       > wie genehmigt
       
   IMG Bild: Viel zu groß, auch im historischen Maßstab des Hafenbeckens: das Haven Höövt in Bremen-Vegesack
       
       BREMEN taz | Bauunternehmer wissen, was sich gehört: Bei der
       Grundsteinlegung für das Einkaufszentrum „Haven Höövt“ am historischen
       Vegesacker Hafen überreichte der Investor Frank Albrecht dem damaligen
       Ortsamtsleiter Reiner Kammeyer einen Scheck in Höhe von 30.000 Euro.
       Albrecht, der Chef der „Albrecht Vermögens-Verwaltung“ (AVW), wollte
       offenbar seiner Dankbarkeit Ausdruck verleihen. Ortsamtsleiter Kammeyer,
       heute im Bremer Rathaus zuständig für die „Rechts- und Fachaufsicht der
       bremischen Ortsämter“, nahm den Scheck in aller Unschuld dankbar an. Was
       damals, im Jahre 2001, nicht in der Zeitung stand: Der Bauherr plante
       doppelt so groß als nach dem Bebauungsplan vorgesehen.
       
       11.500 Quadratmeter Verkaufsfläche steht dort, und die Zahl war das
       Ergebnis verschiedener Gutachten und Abwägungsverfahren. Insbesondere die
       Einzelhändler in der Vegesacker Fußgängerzone fürchteten die neue
       Konkurrenz. Als das Haven Höövt 2003 eröffnet wurde, ist offenbar niemandem
       aufgefallen, dass es doppelt so groß war. Als im Jahre 2009 das
       Centermanagement wechselte, teilte das Haven Höövt selbst stolz mit, es
       verfüge über „rund 35.000 Quadratmeter Mietfläche“ – das entspricht etwa
       24.500 Quadratmetern Verkaufsfläche. Getoppt wird das Zahlenspiel nur von
       der eigenen Website des Haven Höövt: „Die Verkaufsfläche des Haven Höövt
       umfasst ca. 28.500 Quadratmeter“, steht da stolz – das geltende Baurecht
       scheint niemanden ernsthaft zu interessieren.
       
       Nun ist das alles Theorie. Seit dem Jahre 2012 ist das Haven Höövt
       insolvent, immer mehr Ladenflächen stehen leer. Aufgefallen ist der
       rechtswidrige Zustand, als die interessierte Immobiliengesellschaft Rosco
       beim Insolvenzverwalter anfragte, ob die Verkaufsfläche nicht erweitert
       werden könnte. Der Blick in die Akten zeigte dann, dass selbst die derzeit
       realisierte Fläche keine rechtliche Grundlage hat. Auch für einen neuen
       Besitzer gilt Bestandsschutz – aber wenn er anfängt, Umbauten vorzunehmen,
       muss er den Bebauungsplan respektieren. Falls das jemanden interessiert.
       
       Ohne Umbau kommt das zwölf Jahre alte Einkaufszentrum aber nicht wieder auf
       die Beine, darin sind sich die Experten einig. Vielleicht ist das eine
       Chance, neu über das Objekt nachzudenken, schrieb der derzeitige
       Ortsamtsleiter Heiko Dornstedt jetzt an den Stadtplanungs-Senator: Einige
       der Geschäfte, die das Haven Höövt verlassen haben, hätten sich in der
       Fußgängerzone Vegesacks angesiedelt. Dort gibt es positive Entwicklungen.
       Eine Verkleinerung des Haven Höövt erscheint daher keine schlechte Option
       für Vegesack. Dornstedts ganz private Meinung: Man könnte in der zweiten
       Etage des Haven Höövt schicke Wohnungen einrichten – mit Blick auf den
       alten Hafen und die Weser.
       
       Soweit ist aber der Stadtplanungssenator noch nicht. Zunächst muss in den
       Akten der Schuldige für das Desaster gesucht werden. Die
       Antikorruptionsstelle soll eingeschaltet werden. Die Frage steht im Raum,
       ob es auch Parteispenden von Albrecht gegeben haben könnte, denn nicht nur
       Ortsamtsleiter und Bauamt Bremen-Nord mussten ja beide Augen zudrücken.
       
       Strafrechtlich sind die Vorgänge verjährt, aber wenn der Londoner
       Immobilienfonds „Capital Asset Services”, der Albrecht das Haven Höövt
       abgekauft hat, nun behauptet, er sei getäuscht worden über das genehmigte
       Potenzial des Objektes, dann kann es komplizierte Schadensersatzprozesse
       geben. Frank Albrecht wird sich sicherlich erinnern, wer ihm damals die
       Zusage gegeben hat, er könne größer bauen als im Bebauungsplan genehmigt.
       Die Stadt hat nach dem Haven Höövt ihm Übrigen die „Markthalle“ auf dem
       Sedanplatz anvertraut – mit 1,9 Millionen Euro Finanzspritze.
       
       30 Sep 2015
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Klaus Wolschner
       
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