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       # taz.de -- Rugby-WM in England ohne England: The Fall of the Empire
       
       > Schon in der Vorrunde fliegt Gastgeber England aus der WM raus. Für
       > britische Fans ist es eine große Tragödie in der Geschichte dieses
       > Nationalsports.
       
   IMG Bild: Diese WM hatte noch gar nicht richtig begonnen und schon muss sich die englische Mannschaft verabschieden.
       
       Der Daily Star sieht das Vereinigte Königreich nach der epochalen
       13:33-Pleite Samstagnacht gegen Australien bei der Rugby-WM ans „Ende der
       Welt“ strafversetzt. Der tiefe Fall des englischen Rugbysports wird auf der
       Insel mit Verzweiflung wahrgenommen, die Spieler als „unreif und
       ahnungslos“ beschimpft und Trainer Stuart Lancaster der „Verblendung“
       bezichtigt.
       
       Dieses WM-Debakel des Rugbyteams sei eine der größten Niederlagen in der
       englischen Sportgeschichte, jammern Kommentatoren. Seit 1987 werden alle
       vier Jahre Weltmeisterschaften im Rugby ausgetragen und noch nie zuvor ist
       ein Gastgeber in der Gruppenphase ausgeschieden. Bis Samstagnacht England
       in England. Im Twickenham Stadium, dem „Home of England Rugby“ im Süden
       Londons! Größer kann ein Scheitern nicht sein.
       
       Dabei hat diese WM ja eigentlich noch gar nicht richtig begonnen. Die
       meisten der 20 Mannschaften, die seit rund zwei Wochen in vier
       Fünfergruppen um den Titel streiten, haben gerade einmal drei Spiele
       bestritten.
       
       Nach dem Sieg Englands gegen Fidschi im Eröffnungsspiel schwärmten
       Kommentatoren noch von der großartigen Stimmung, die an Olympia 2012 in
       London erinnere. Nun aber ist der Gastgeber draußen und Beobachter
       befürchten, dass deshalb auch die WM ihr ganz besonderes Flair im
       Mutterland des Rugby verlieren könnte. Pub-Besitzer erwarten rückläufige
       Umsätze – es ist mal wieder eine englische Tragödie.
       
       ## Schlimme Tage stehen noch bevor
       
       Schon vor dem Spiel hatte der hart kritisierte Trainer Stuart Lancaster
       gesagt, er übernehme die Verantwortung für ein mögliches vorzeitiges Aus.
       Direkt nach dem Ende aller Träume wollte er sich im Stadion nicht zu seiner
       Zukunft äußern. „Es tut mir leid für die fantastischen Fans, wir haben alle
       enttäuscht. Es tut so weh“, sagte Lancaster nur. Er wolle die Mannschaft
       nun auf das bittere abschließende Gruppenmatch gegen Uruguay kommende Woche
       in Manchester vorbereiten, aber wen interessiert dieses Spiel noch?
       
       Es werden nun schlimme Tage auf Englands Auswahl und ihren Trainer
       zukommen. Der Disziplinfanatiker Lancaster hat zwar letztes Jahr einen
       Vertrag bis 2020 unterzeichnet, aber nach diesem Debakel dürfte er seinen
       Job verlieren. „Todesgruppe A“ wurde die Konstellation genannt, in der
       neben England noch die Favoriten Wales und Australien antraten. Nur die
       ersten beiden Mannschaften jeder Gruppe kommen weiter. Ausgerechnet gegen
       die alten Rivalen aus Wales und Australien ausgeschieden zu sein, macht das
       Unglück in England noch größer.
       
       Die englische 15 war Samstagnacht dem Druck nicht gewachsen und chancenlos
       gegen starke Australier, bei denen Verbinder Bernard Foley sagenhafte 28
       der 33 Punkte machte. Diese zweite Niederlage in der Gruppenphase war die
       eine zu viel für die Mannschaft um Kapitän Chris Robshaw. Der hatte gegen
       Wales in den Schlussminuten mit einer Fehlentscheidung zum Ausscheiden
       beigetragen. Robshaw wollte beim Stand von 25:28 den Sieg und verspielte so
       das mögliche Unentschieden: Er wählte nämlich eine Gasse, mit der fünf
       Punkte zu gewinne sind, statt eines Strafkicks, der drei Punkte –und damit
       ein Remis – bedeutet hätte. Robshaw sagte nach der Pleite gegen Australien:
       „Wir fühlen uns, als hätten wir das Land im Stich gelassen.“
       
       2011, bei der WM in Neuseeland, hatte sich Englands Team durch Eskapaden
       neben dem Spielfeld zum Gespött gemacht – und war im Viertelfinale
       ausgeschieden.
       
       Nun wird der Spott nicht kleiner werden.
       
       4 Oct 2015
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Tobias Schächter
       
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