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       # taz.de -- Farc und Kolumbiens Regierung: Historischer Händedruck
       
       > Bis zum März 2016 wollen die Farc-Rebellen und die kolumbianische
       > Regierung endlich Frieden schließen. Das haben beide Seiten vereinbart.
       
   IMG Bild: Kubas Präsident Raúl Castro fixierte den Händedruck der beiden Parteien: Juan Manuel Santos (l.) und Farc-Chef Rodrigo Londono.
       
       BUENOS AIRES taz | Der 23. September 2015 wird ohne Zweifel in die
       kolumbianische Geschichtsschreibung eingehen: Erstmals reichten sich der
       kolumbianische Präsident Juan Manuel Santos und der Chef der Farc-Guerilla
       Rodrigo Londono alias ‚Timochenko‘ die Hände. Mit dem historischen
       Händedruck in der kubanischen Hauptstadt Havanna bekräftigten beide die
       Friedensverhandlungen spätestens bis zum 23. März 2016 erfolgreich zu Ende
       bringen zu wollen. Und damit auch keiner der beiden Kontrahenten einen
       Rückzieher macht, hielt Kubas Präsident Raúl Castro sie mit seinen beiden
       Händen fest zusammen.
       
       „Die Zeit für den Frieden ist gekommen“, sagte Rodrigo Londono. Und Santos
       bekräftigte: „Der Frieden ist möglich und so nah wie nie zuvor.“
       Voraussetzung für den beiderseitigen Optimismus ist die Einigung auf eine
       „spezielle Gerichtsbarkeit“. Demnach sollen zwar alle Delikte amnestiert,
       schwere Menschenrechtsverletzungen aber bestraft werden, egal von welcher
       Seite sie begangen wurden. Dies war der kritischste Punkt auf der
       Tagesordnung bei den Verhandlungen in Havanna. Santos hatte immer betont,
       dass es ein Friedenabkommen mit Straffreiheitsgarantie nicht geben werde.
       
       Kolumbiens Regierung und Farc führen seit November 2012 auf Kuba
       Friedensgespräche. Der Konflikt zwischen dem kolumbianischen Staat und der
       Farc-Guerilla begann 1964. Nach den Angaben des Centro de Memoria Histórica
       de Colombia haben die fünf Jahrzehnte der militärischen
       Auseinandersetzungen, an denen auch andere Guerilleros und Paramilitärs
       beteiligt sind, rund 6,5 Millionen Opfer gefordert. 5,7 Millionen Menschen
       wurden vertrieben, 220.000 getötet. 25.000 sind verschwunden und 27.000
       wurden entführt.
       
       Nach allem, was bisher bekannt wurde, soll die juristische Aufarbeitung vor
       eigens dafür einzurichtenden Friedenstribunalen stattfinden. Vor diesen
       sollen nicht nur Guerilleros und Angehörigen der Streit- und Polizeikräfte
       ihre Taten zugeben, sondern alle in den Konflikt verwickelten Personen.
       Aufgabe dieser Tribunale sind das Bemühen um die Wahrheit, die
       Wiedergutmachung für die Opfer und das Verhängen eines Strafmaßes für die
       Täter. Die drei Aufgaben werden als gleichberechtigt angesehen. Als Strafen
       sind bis zu acht Jahren Entschädigungsarbeiten unter „speziellen
       Bedingungen von Freiheitseinschränkungen” vorgesehen, die als
       Entschädigungsleistungen für die Opfer zu leisten sind. Eine
       Gefängnisstrafe droht jedoch allen, die nicht gestehen oder schwerer
       Menschenrechtsverbrechen für schuldig befunden werden. Dann drohen bis zu
       20 Jahre Gefängnis.
       
       ## Erste konkrete Frist
       
       Der 23. März 2016 ist in den seit nunmehr drei Jahren laufenden
       Verhandlungen die erste konkrete Frist. Nach den Worten von Santos hat die
       Farc nach einem unterzeichneten Abkommen 60 Tage Zeit für ihre
       Demobilisierung. Wie diese konkret ablaufen soll scheint noch offen. Ebenso
       ist offenbar noch nicht geklärt, ob die Bevölkerung über einen möglichen
       Friedensabschluss in einem Referendum abstimmen kann, wie es Santos
       verlangt. Eine Zustimmung gilt als wahrscheinlich aber nicht sicher.
       
       Bisher hatten Regierung und Farc einvernehmliche Regelungen bei wichtigen
       Fragen nach einer zukünftigen Landreform, der zukünftigen Eingliederung und
       Beteiligung der Guerilla am politischen Prozess und der Opferentschädigung
       erzielt. Was konkret vereinbart wurde, ist nicht bekannt und soll erst am
       Ende der Verhandlungen als Gesamtpaket öffentlich gemacht werden. Der
       Kongress muss auf jeden Fall darüber abstimmen.
       
       24 Sep 2015
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Jürgen Vogt
       
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