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       # taz.de -- Urteil im FDLR-Prozess in Stuttgart: Haft für den Präsidenten
       
       > Der Präsident der im Kongo kämpfenden ruandischen Hutu-Miliz FDLR muss im
       > Gefängnis bleiben. Sein Vize kommt voraussichtlich frei.
       
   IMG Bild: Vor der Urteilsverkündung am Montag in Stuttgart: Musoni (l.) und Muwarnashyaka (m.).
       
       Stuttgart taz | Das Oberlandesgericht Stuttgart hat die beiden politischen
       Führer der im Kongo kämpfenden ruandischen Hutu-Miliz FDLR (Demokratische
       Kräfte zur Befreiung Ruandas) wegen „Rädelsführerschaft einer
       terroristischen Vereinigung“ schuldig gesprochen.
       
       FDLR-Präsident Ignace Muwarnashyaka wird darüberhinaus wegen Beihilfe zu
       vier Kriegsverbrechen schuldig gesprochen, die FDLR-Truppen im Jahr 2009 im
       Osten der Demokratischen Republik Kongo verübt haben. Er wurde am Montag zu
       13 Jahren Haft verurteilt, sein Stellvertreter Straton Musoni zu 8 Jahren.
       
       Damit kommt Musoni, der erste Vizepräsident der FDLR, jetzt voraussichtlich
       auf freien Fuß – üblicherweise werden Haftstrafen nach zwei Dritteln ihrer
       Zeit erlassen, und beide Angeklagten sitzen bereits seit knapp sechs Jahren
       in Untersuchungshaft. Der Vorsitzende Richter des fünften Strafsenats am
       OLG Stuttgart, Jürgen Hettich, hob den Haftbefehl gegen Musoni zu Beginn
       seiner Urteilsverkündung auf. Einzelheiten werden am Ende der
       Urteilsbegründung erwartet, die am Montagmittag noch andauerte.
       
       Es bestehe kein Zweifel daran, dass FDLR-Truppen im Jahr 2009 in den
       ostkongolesischen Dörfern Mianga, Busurungi, Ciriba und Manje Zivilisten
       ermordet hätten, führte Richter Hettich aus. Dass weitere von der
       Bundesanwaltschaft genannte Orte nicht mehr behandelt würden, sei allein
       dem Umstand geschuldet, dass der Prozess – der schon seit über vier Jahren
       läuft – sonst noch länger gedauert hätte, erklärte er.
       
       Die FDLR habe in dieser Zeit, als Kongos Armee gegen sie kämpfte,
       kongolesische Zivilisten, die mit ihrer eigenen Armee zusammenarbeiteten,
       als Feinde behandelt. Die Miliz habe auch in den Jahren davor systematisch
       und auf Befehl die Zivilbevölkerung ausgeplündert, um sich selbst zu
       versorgen. Die politische Führung habe Kriegsverbrechen und Verbrechen
       gegen die Menschlichkeit „billigend in Kauf genommen“, um ihr politisches
       Ziel der Machtübernahme in Ruanda zu erreichen.
       
       In der Einleitung seiner Urteilsbegründung übte der Vorsitzende Richter
       scharfe Kritik am Verlauf der Hauptverhandlung, die am 4. Mai 2011 begonnen
       hatte. Die Aufklärung von Straftaten 6.000 Kilometer weit weg mit
       aufwendigen Ermittlungen und Rechtshilfsersuchen und einer extrem komplexen
       Beweisaufnahme sei schon sehr schwierig gewesen.
       
       Das Verhalten der Parteien sei darüberhinaus zum Teil „unsäglich“ gewesen,
       das Verfahren sei „mehrmals kurz davor, zu platzen“ gewesen. „Ein solches
       Mammutverfahren ist mit den Mitteln der Strafprozessordnung nicht in Griff
       zu bekommen“, sagte Hettich und erklärte, seine eigene Bilanz der
       Verhandlung sei in vier Worten zusammenzufassen: „So geht es nicht!“
       
       28 Sep 2015
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Dominic Johnson
       
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