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       # taz.de -- Kommentar zu Doktortiteln von Politikern: Der Plagiatsknick
       
       > Ursula von der Leyen gerät wegen Plagiatsvorwürfen in Bedrängnis. Wer
       > einen Doktortitel hat, wird besser nicht SpitzenpolitikerIn.
       
   IMG Bild: Diesmal unter der Lupe: die Doktorarbeit von Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (Mitte)
       
       Es gab eine Zeit in der BRD, in der gehörte ein Doktortitel zum Dasein
       eines Spitzenpolitikers wie heute der Twitter-Account. Ebenso, wie es sich
       damals für Männer geziemte, auch im Sommer lange Hosen zu tragen. Der
       Nachweis akademischer Expertise war jedoch mehr als nur ein Dekor
       akademischer Eitelkeit. Der Dr. in der Signatur verhieß einen schnelleren
       Aufstieg in der Partei. So bei den Exkanzlern Erhard und Kohl und den
       Bundespräsidenten a. D. Heinemann, Carstens, von Weizsäcker und Herzog.
       
       Und wer sich wie Helmut Schmidt während der Sturmflut 1962 auf anderem Wege
       das Vertrauen des Volkes sicherte, der wurde später als Kanzler mit
       Ehrendoktorwürden überhäuft. Als ob die fehlende Würde einen Makel
       darstellte, den es doppelt und dreifach zu beheben gelte. Oder 24-fach wie
       bei Schmidt.
       
       [1][Mit den jüngsten Plagiatsvorwürfen gegen Verteidigungsministerin Ursula
       von der Leyen] (CDU) scheinen diese Zeiten passé. Kanzlerin Angela Merkel –
       selbst noch unbefleckte Würdenträgerin – musste bereits zwei Minister
       fallen lassen, weil sie bei der Dissertation gehörig abschrieben: 2011
       Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg und 2013 die
       Bildungsministerin Annette Schavan. Von zahlreichen nachrangigen Politikern
       ganz zu schweigen. Wer erinnert sich noch an Silvana Koch-Mehrin?
       
       Von der Leyen zumindest scheint zu ahnen, in welcher Gefahr sie schwebt.
       Die Medizinische Hochschule Hannover will ihre Doktorarbeit einer
       Hauptprüfung durch eine fünfköpfige Kommission unterziehen. Von der Leyen
       stellt sich nicht dumm wie zu Guttenberg, der selbst bei seinem Rücktritt
       noch keine Täuschung eingestand. Sie kämpft nicht aus falscher Eitelkeit
       wie Schavan, die sich damit als Bildungsministerin unmöglich machte. Von
       der Leyen versucht, den Wind aus dem Segel zu nehmen. Dementiert und
       veranlasst selbst die Überprüfung ihrer Doktorarbeit. Und bestätigt
       dadurch, dass sie die Vorwürfe ernst nimmt.
       
       ## Unbarmherzige Gesellschaft
       
       Der Doktortitel ist für Spitzenpolitiker vom Karrieresprungbrett zur
       Karrieregefahr geworden. Denn die Gesellschaft ist unbarmherzig – selbst
       wenn die begangen Fehler ins vorige Jahrtausend fallen. Heute kann jeder
       auf der Plattform VroniPlag nachlesen, wie von der Leyen über Seiten hinweg
       die Erkenntnisse eines Herrn Krumbach über das rituelle Schwitzen
       inidigener Völker in einem Temazcal, einer Art Dampfbad, als ihre eigenen
       darstellt. Auf fast der Hälfte der 70 Seiten dokumentieren die Jäger
       Plagiate. Zu welchem Ergebnis die beauftragte Hochschulkommission kommt,
       könnte – wenn es schlecht läuft für von der Leyen – dann schon unerheblich
       sein.
       
       Beanstandete Dissertationen sind wie Stasi-Akten, die ansonsten integre
       Politiker auf Lebzeiten als amtsunwürdig stempeln. Man mag das Herumreiten
       auf unwissenschaftlicher Zitation als kleinlich bezeichnen. Fakt ist: Die
       Doktorwürde braucht heute kein Politiker mehr. Möglich, dass man in 30
       Jahren vom Plagiatsknick sprechen wird, sollte die künftige
       Politikergeneration aus reiner Vorsicht auf den Titel verzichten. Man muss
       ihr dazu raten.
       
       28 Sep 2015
       
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