URI: 
       # taz.de -- Queeres Leben: Farbe gegen die Vielfalt
       
       > Der Landesaktionsplan Homophobie existiert bislang vor allem auf dem
       > Papier. Derweil wird das Rat&Tat-Zentrum mehrmals Opfer von Angriffen
       
   IMG Bild: Wurde in diesem Jahr schon vier Mal angegriffen: Rat&Tat-Zentrum Bremen
       
       Bremen taz | Der Plan ist gut, soweit sind sich alle einig, sogar alle
       Fraktionen in der Bürgerschaft. Nur ist er eben auch schon aus dem
       vergangenen Jahr, der [1][“Landesaktionsplan gegen Homo-, Trans- und
       Interphobie]“ (LAP) für Bremen. Nur: Viel passiert ist seither noch nicht,
       zumindest nicht auf offizieller Seite.
       
       Dass er notwendig ist, zeigen gleich mehrere Übergriffe auf das
       [2][Rat&Tat-Zentrum Bremen], wo der LAP federführend entstanden ist. Vier
       Mal ist der im Viertel ansässige „Verein für queeres Leben“ in diesem Jahr
       schon Opfer von Attacken geworden. Zuerst wurde die Schaufensterscheibe
       eingeschlagen, dann, in den letzten Wochen, die Hauswand mit Farbe
       beschmiert, zwei Mal; zudem haben Unbekannte Buttersäure an die Tür
       gegossen. Dabei sind die Anfeindungen, „an die wir seit mehr als 30 Jahren
       gewöhnt sind“, wie Vorstand Rainer Neumann sagt, in den letzten Jahren
       „weniger geworden“. Früher, erzählt Neumann, hätten Gäste wegen
       persönlicher Bedrohung häufiger mal die Hilfe der Polizei gebraucht. Nun
       aber hat sich das Rat&Tat-Zentrum wiederholt gegen die homophobe Politik
       stark gemacht und durch den LAP „viel Aufmerksamkeit“ erfahren, so Neumann
       – „was sicher nicht jedem gepasst hat“.
       
       Den Aktionsplan „werden wir gemeinsam mit den Akteuren umsetzen“, heißt es
       im rot-grünen Koalitionsvertrag. „Das geht nicht mit einem Fingerschnipp,
       sondern ist ein dickes Brett, das gebohrt werden muss“, sagte Bürgermeister
       Carsten Sieling (SPD) in einem Interview im Sommer.
       
       Es geht um geschätzte 27.500 homo-, bi-, trans- oder intersexuelle
       BremerInnen – und um eine große Vielzahl von Themen, um Regenbogenfamilien
       und queere Menschen mit Kinderwunsch, um Schulaufklärung und die
       Fortbildung von LehrerInnen, ErzieherInnen, Mitarbeiter in Altenheimen,
       Behörden, Institutionen. Es geht aber auch um queere Menschen mit
       Behinderung und Migrationshintergrund oder Flüchtlinge, die ob ihrer
       sexuellen Orientierung aus Russland oder Afrika geflohen sind. Insgesamt
       sei die Nachfrage nach Unterstützung durch das Rat&Tat-Zentrum mit dem LAP
       „stark gestiegen“, so Neumann, und es gebe „lauter neue Kooperationen“,
       etwa mit Werder.
       
       Auch personell hat das Rat&Tat-Zentrum aufgestockt – derzeit ist dies aber
       nur kreditfinanziert. Im aktuellen Landesetat ist dafür kein Geld
       vorgesehen, heißt es im Sozialressort – in den Haushalten ab 2016 sollen
       jeweils 100.000 Euro für die Umsetzung des LAP hinterlegt werden, sagt ein
       Ressortsprecher. Was bisher geschah? Auf Nachfrage wird auf ein
       „Ausbildungsmodul“ bei ErzieherInnen und Sozialpädagogen verwiesen, und auf
       einen „Medienkoffer“ für die Kinder- und Jugendarbeit.
       
       „Es besteht die Gefahr, dass zu viel Zeit zur Umsetzung verloren geht“,
       sagt Neumann. Zudem würden qualifizierte Fachleute, die an dem Plan
       mitgearbeitet haben, in andere Länder abgeworben, wo es ähnliche
       Initiativen gibt. „Wir fordern vor allem ein sofortiges Signal, dass mit
       der Umsetzung offiziell begonnen wird“, so Neumann. Bislang seien im
       Rat&Tat-Zentrum aber „noch keine konkreten Aussagen“ der rot-grünen
       Regierung angekommen. Die Anfragen haben bereits „stark zugenommen“, so
       Neumann, bei allen fraglichen Themen. „Nun brauchen wir die personellen und
       finanziellen Ressourcen.“
       
       29 Sep 2015
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://ssl.bremen.de/soziales/sixcms/media.php/13/Auf+Homophobie+entschlossen+reagieren.pdf
   DIR [2] http://www.ratundtat-bremen.de/
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Jan Zier
       
       ## TAGS
       
   DIR Homophobie
   DIR Queer
   DIR Transfeindlichkeit
   DIR Trans-Community
   DIR Transgender
   DIR Intersexuelle
   DIR Intersexualität
   DIR Migration
   DIR Queer
   DIR Sexualität
   DIR Intersexualität
   DIR Polen
   DIR Homosexualität
   DIR Homophobie
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Bremens Parlament wird queerer: Es ist noch nicht gut so
       
       R2G in Bremen will einen „Queerpolitischen Beirat“, damit der
       Landesaktionsplan umgesetzt wird. Es fehlt an Beratung, Weiterbildung – und
       Geld.
       
   DIR Kommentar Sexstudie: Reiz-Reaktions-Maschine Frau
       
       Das zweifelhafte Ergebnis einer Studie: Frauen sind entweder bi- oder
       homosexuell. Brennen jetzt also alle mit einer Frau durch? Ja sicher.
       
   DIR „Neutrales Geschlecht“ in Frankreich: Willkürliche Zuweisung
       
       Ein französisches Gericht gab der Klage einer intersexuellen Person statt.
       Diese forderte die Änderung des Geschlechts in der Geburtsurkunde.
       
   DIR Homosexuelle in Polen: Zufluchtsort für Homophobie-Opfer
       
       Polen plant Notunterkünfte für verfolgte Homosexuelle. Auch eine
       konservative Stiftung beteiligt sich an der Finanzierung des Projektes.
       
   DIR Schwulenfeindlichkeit in WM-Stadien: Kulturgut Homophobie
       
       Rassismus im Stadion gilt mittlerweile als pfui. Schwulenfeindlichkeit
       dagegen stört nur wenige. Auch die Fifa verhält sich scheinheilig.
       
   DIR Hetero-Wahn in Russland: Wo Homophobie noch Mainstream ist
       
       Die Staatsduma verabschiedet ein Verbot von „Homosexuellen-Propaganda“.
       Fortan leben russische Schwule und Lesben an der Grenze der Legalität.
       
   DIR Pöbeleien gegen Toleranzprojekt: Homophobie in der Fankurve
       
       Fußballfans beziehen in deutschen Stadien mit einem Banner Stellung gegen
       Homophobie. Die Aktion ist selbstorganisiert - und kommt nicht überall gut
       an.
       
   DIR Demonstration gegen Evangelikale: "Ist Homophobie heilbar?"
       
       Knapp tausend Menschen protestieren gegen den evangelikalen
       Psychotherapiekongress in Marburg. Der Vorwurf gegen einige der Referenten:
       Sie sähen Homosexualität als Krankheit.