# taz.de -- Nobelpreisträgerin Tu Youyou: Medizinerin gegen Malaria
> Die chinesische Pharmakologin entdeckte einen Wirkstoff gegen Malaria.
> Vor 15 Jahren wurde er zugelassen. Als 84-jährige erhält sie dafür den
> Nobelpreis.
IMG Bild: Sie ist erst die weltweit zwölfte Frau, die einen Medizinnobelpreis erhält: Tu Youyou
Wer in den 1990er Jahren in den Malariagebieten Afrikas oder Asiens
unterwegs war und gestochen wurde, hatte, was die Therapie anging, die Wahl
zwischen Pest und Cholera: Gegen Resochin und Paludrine waren große Teile
der Mücken resistent, und wer deswegen auf Lariam auswich, wurde zwar in
der Regel geheilt, aber mit Albträumen, Zitteranfällen oder Depressionen
gestraft – als Nebenwirkung.
Für die Menschen in den ärmsten Regionen – Hunderte Millionen weltweit –
freilich war die Erkrankung ungleich verheerender. Die meisten hatten weder
Geld für das eine noch das andere Medikament. Sie starben.
Doch dann änderte sich vor 15 Jahren vieles radikal. Wegen Tu Youyou, einer
ehrgeizigen Pharmakologin, geboren 1930 in China. Genauer gesagt änderte
sich viel wegen des von Tu erfundenen Wirkstoffs. Artemisinin heißt er, im
Jahr 2000 wurde er zur Behandlung von Malaria zugelassen. Tropenmediziner
sprachen von einem Meilenstein: Tus Substanz, gewonnen aus Artemisia annua,
einer Pflanze aus der Gattung der Wermutgewächse, überraschte nicht nur,
weil sie normalerweise in der traditionellen chinesischen Heilkunde
eingesetzt wird – aber eben nicht in der modernen Medizin. Sie war auch gut
verträglich. Und sie schaffte es, vereinfacht gesagt, erfolgreich, in den
Stoffwechsel der Malaria-Erreger einzugreifen und diese zu töten.
Am Montag nun ist Tu Youyou für ihre revolutionäre Entdeckung mit dem
Medizinnobelpreis geehrt worden. Tu, 84 Jahre alt, ist die erste Chinesin
und weltweit erst die zwölfte Frau, die die höchste Auszeichnung für
Mediziner erhält. 1965 wurde sie Professorin an der Akademie für
Traditionelle Chinesische Medizin in Peking, spezialisiert auf
Tropenkrankheiten. Artemisinin entdeckte Tu bereits 1971 – bis daraus, in
Kooperation mit dem Schweizer Pharmakonzern Novartis, ein Medikament wurde,
vergingen allerdings 29 Jahre.
Tu teilt sich den 855.000-Euro-Preis mit den Wissenschaftlern William
Campbell (85) aus Irland und Satoshi Omura (80) aus Japan, die mit ihrer
Forschung mindestens genauso tückische tropische Parasiten, die Fadenwürmer
nämlich, in ihre Schranken wiesen: Ihr Wirkstoff Avermectin tötet Würmer,
deren Larven in menschlicher Haut und Augen siedeln und die Erkrankten
erblinden lassen.
Die eigentlichen Gewinner aber sind viele Menschen in Afrika und Asien:
Beide Wirkstoffe werden dort inzwischen zu Sonderkonditionen oder über
Spendenprogramme verteilt. Dank Tu, Campbell und Omura seien die
Infektionen dramatisch gesunken, lobten die Juroren: „Die Behandlung hilft,
der Armut zu entkommen.“
5 Oct 2015
## AUTOREN
DIR Heike Haarhoff
## TAGS
DIR Wissenschaft
DIR Medizin
DIR Malaria
DIR Malaria
DIR Nobelpreis
DIR Nobelpreis
DIR Nobelpreis
DIR Nobelpreis
DIR Nobelpreis
DIR Nobelpreis
DIR Medizin
DIR Charlie Hebdo
DIR SDG
## ARTIKEL ZUM THEMA
DIR Medikament aus Abfallstoffen: Grüne Chemie hilft Malariakranken
MPI-Forscher entwickeln ein neues Verfahren zur Gewinnung des Wirkstoffs
Artemisinin. Genutzt werden dazu Pflanzenabfälle.
DIR Nobelpreis für Medizin: Japanischer Zellforscher ausgezeichnet
Yoshinori Ohsumi beschäftigt sich mit Prozessen beim Abbau von
Zellkomponenten und deren Recycling. Dafür erhält der Japaner nun den
Medizin-Nobelpreis.
DIR Nobelpreis für Medizin: Der Kampf gegen Parasiten
Drei WissenschaftlerInnen teilen sich den Medizinnobelpreis. Sie haben
Medikamente gegen armutsinduzierte Krankheiten entwickelt.
DIR Nobelpreis in Chemie: Reparaturkit für die Erbsubstanz
Ohne ein hocheffektives Kontroll- und Reparatursystem für die DNA ist Leben
kaum denkbar. Fehlt das Repairsystem, drohen Fehlfunktionen oder Krebs.
DIR Nobelpreis für Physik: Alles durchdringende Neutrinos
Ein Japaner und ein Kanadier werden dafür geehrt, weil sie nachgewiesen
haben, dass Neutrinos auch eine Masse besitzen
DIR Nobelpreis für Chemie: Die DNA-Handwerker
Forscher haben die Reparaturmechanismen von Körperzellen entschlüsselt. Das
ist nicht zuletzt für die Krebsbehandlung relevant.
DIR Nobelpreis in Physik: Ehre fürs Elementarteilchen
Kennen Sie Neutrinos? Nein? Aber die diesjährigen Physiknobelpreisträger
wissen, dass diese Teilchen eine Masse besitzen.
DIR Verleihung des Medizin-Nobelpreises: ParasitenforscherInnen ausgezeichnet
Sie haben Wirkstoffe gegen Malaria und Flussblindheit entdeckt: Youyou Tu,
William C. Campbell und Satoshi Omura erhalten dafür den
Medizin-Nobelpreis.
DIR Portrait Patrick Pelloux: Der Notarzt geht woandershin
Der Kolumnist bei Charlie Hebdo will nicht über den Anschlag reden.
Hauptberuflich ist er auch Gewerkschafter und Schriftsteller.
DIR UN-Entwicklungsziele: Gutes Leben ist bezahlbar
Um die Entwicklungsziele zu erreichen, werden zusätzliche Mittel von 1.000
Milliarden Dollar jährlich benötigt. Klingt viel – ist aber machbar.