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       # taz.de -- Die Woche: Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?
       
       > Merkels Machterhalt-U-Turns, die Sommermärchen-Gewissensprüfung und die
       > Briten, die plötzlich ein „ü“ wie in Jürgen aussprechen können.
       
   IMG Bild: Kämpft für das „ü“: Jürgen Klopp, der neue Sympathiebotschafter für die Umlaute
       
       taz: Herr Küppersbusch, was war schlecht in der vergangenen Woche? 
       
       Friedrich Küppersbusch: Gabriel bescheinigt Merkel „mehr Rückhalt in der
       SPD als anderswo“.
       
       Was wird besser in dieser? 
       
       Merkel kann Gabriel diesen Vorwurf nicht machen.
       
       Nach ihrem Anne-Will-Auftritt stehen plötzlich auch Linke auf Merkel. Alle
       einfach nur erfolgreich eingelullt? 
       
       Merkels spektakuläre U-Turns – wie Atomausstieg, Abschaffung der
       Wehrpflicht, Waffenlieferungen in Krisengebiete – waren stets auch unter
       einer simplen Maxime lesbar: Machterhalt. Sie schleifte
       CDU-Grundpositionen, und am nächsten Morgen war sie bei der Mehrheit, ihre
       Partei humpelte murrend hinterdrein. Das ist diesmal anders: Die Gottmutter
       der sorgfältig gelesenen Meinungsumfrage geht dahin, wo die SPD rechter ist
       als die CDU. Wo Pegida, AfD und NPD über diese künstliche Beatmung jubeln.
       Wo Machtverlust droht. Das Wahlvolk schaut zur Regiererin und raunt:
       Angela, du bist so unmerkel auf einmal! Hier verlieben sich manche in die
       „Vorsitzende einer christlichen Partei“, die „aus dem Herzen gesprochen“
       hat. Möge es stimmen.
       
       Tatsache ist aber auch: Es gab Druck von Obama und den europäischen
       Nachbarn. Auf der Höhe der Griechenlandkrise wäre Europa niedergekniet vor
       einer deutschen Kanzlerin, die fehlerfrei den Satz gesagt hätte: „Wir sind
       eine europäische Union, und es kann nicht sein, dass viele andere in der EU
       in sehr geringem Maße agieren.“ Merkel widerspricht sich in kürzer
       werdenden Abständen. Die Machtvirtuosin ist derzeit unberechenbar. Mehr
       wäre Spekulation.
       
       Fast die Hälfte der Deutschen beteiligt sich an der Hilfe für Flüchtlinge.
       Und etwas mehr als die Hälfte hat Angst vor ihnen. Da gibt es keinen
       Zusammenhang, oder? 
       
       Dem Fremden wohlwollend entgegenzutreten, das wäre so schlau, dass wir es
       uns nicht zutrauen? Langsam wächst sich das Ding doch zur großen nationalen
       Sommermärchen-Gewissenprüfung aus. Merkels neue Hookline „Wir schaffen das
       und werden dem Ordnung geben“ kann spannend werden: Ist damit eine
       Arbeitsteilung gemeint: Der Staat beschränkt den Zuzug, und die Bürger
       kümmern sich um die, die trotzdem kommen? Oder ist es wirklich neu: Der
       Staat strukturiert auch den spürbaren Bürgerwillen zu helfen? Beim
       Atomausstieg etwa werden Bürger finanziell unterstützt, die alternative
       Energien anwenden. Die Ertüchtigung der deutschen Abweisungsindustrie wäre
       in diesem Lichte bestenfalls die halbe Miete. Hilfsagenturen, die Bürger
       und Flüchtlinge effizient zusammenbringen, wären die andere Hälfte.
       
       Swetlana Alexijewitsch hat den Literaturnobelpreis bekommen. Daran wird
       rumgenörgelt: Auszeichnung für Herkunft, Journalismus statt Literatur und
       so weiter. Also doch lieber Bob Dylan oder Philip Roth? 
       
       Alexijewitschs Methode, aus „oral history“ eigene, künstlerische Texte zu
       montieren, ist ungefähr so literarisch wie die von Walter Kempowski. Der
       musste sich auch den gleichen Diss anhören, brachte sich jedoch vor dem
       Nobelpreis im Jenseits in Sicherheit.
       
       In Libyen scheinen sich die Konfliktparteien unter UN-Vermittlung auf eine
       Regierung der nationalen Einheit verständigt zu haben. Wenn die UN so
       erfolgreich sind – wo sind sie dann im Syrien-Konflikt? 
       
       In Libyen sind sie die Nachhut, in Syrien werden sie es hoffentlich bald
       sein.
       
       Der Iran boykottiert die Frankfurter Buchmesse, weil Salman Rushdie die
       Eröffnungsrede hält. Der erste Erfolg der Entspannungspolitik gegenüber den
       Mullahs? 
       
       Man kann beckmessern, dass „Toleranz durch Literatur“, so das Messe-Motto,
       sich nicht darin erschöpfen darf, anderer Leute Toleranz zu fordern.
       Rushdie ist willkommen und uns schutzbefohlen, unsere Toleranz fordert er
       nicht.
       
       Der Europäische Gerichtshof hat geurteilt, dass die USA kein sicherer Hafen
       für Daten mehr ist. Und jetzt – endlich ein gutes Gewissen beim Facebooken? 
       
       Ein dezenter Hinweis, dass Snowden beim Friedensnobelreis erneut übersehen
       wurde.
       
       Olympia 2024 an der Alster soll den Steuerzahler 7,4 Milliarden Euro
       kosten. Schaffen wir das? 
       
       Man könnte ein Kompetenzteam aus den besten Kräften von Elbphilharmonie,
       BER und Kölner Oper bilden; dann finden die Spiele von 2024 circa 2050
       statt, kosten aber das Dreifache.
       
       Und was machen die Borussen? 
       
       Die Briten können plötzlich „Jürgen“ aussprechen ! Mit deutschem „J“ und
       dem tückischen Umlaut! Er ist schon auch so ein kleines Goethe-Institut!
       
       (Fragen: aw, mla)
       
       11 Oct 2015
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Friedrich Küppersbusch
       
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