URI: 
       # taz.de -- 20-jähriger Profiboxer aus Karlsruhe: „Bis er eine aufs Maul kriegt“
       
       > Vincent Feigenbutz gilt als Talent im Profiboxen. Nun präsentiert ihn
       > Sat.1 als Hauptkämpfer. Noch hat er seine Klasse nicht bewiesen.
       
   IMG Bild: Im Supermittelgewicht schlug Vincent Feigenbutz im Juli den Peruaner Mauricio Reynoso.
       
       KARLSRUHE taz | Einmal, so zumindest will es die Legende, haben sie ihn
       sogar des nächtens ausgesetzt, mitten in den dunklen Wäldern Sloweniens,
       mutterseelenallein, ausgestattet nur mit einem Kompass, der ihm den Weg
       zurück weisen sollte. Ein anderes Mal musste er Schafe und Hühner
       einfangen, mit den bloßen Händen versteht sich, oder mit einer großen Axt
       den ein oder anderen Ster Holz hacken.
       
       Es geht in den Trainingslagern von Vincent Feigenbutz bisweilen also zu wie
       in einem dieser „Rocky“-Streifen, jedenfalls ist das die Suggestion. Und in
       der Tat wirkt so manches an dem 20-jährigen Profiboxer aus Karlsruhe
       filmreif, um nicht zu sagen: klischeehaft. Das fängt bei den markigen
       Sprüchen an, die seine Kämpfe begleiten, reicht über seinen Trainer, einen
       ehemaligen Kickboxer mit tätowiertem Kahlschädel, über seinen Manager,
       einen ehemaligen Marinetaucher, der sich bisweilen wie eine badische Abart
       von Don King aufführt, bis hin zu der unübersehbaren Nähe zum, nun ja, eben
       zum Milieu.
       
       Feigenbutz ist, das steht allemal fest, ein Profiboxer wie aus dem
       Bilderbuch. Wie aus einem solchen ist allerdings auch sein Kampfrekord,
       zumindest bisher: 20 Siege hat sich der 20-Jährige in seinen 21
       Profikämpfen bislang erboxt, 19 durch K.o. „K.o.-Prinz“, nennen sie ihn
       deshalb in Karlsruhe, wahlweise „Prinz Vince“.
       
       Kalle Sauerland, für dessen Boxstall Feigenbutz kämpft, nennt ihn „einen
       jungen Kerl, der bis jetzt alles weggehauen hat“. Meist schon in den Runden
       eins bis drei. „Vincent hat die Schlagkraft eines Schwergewichtsboxers“,
       sagt dazu sein Manager Rainer Gottwald, obwohl der 20-Jährige im
       Supermittelgewicht boxt. „Ich kenne nur einen Gang, den Vorwärtsgang“, sagt
       Feigenbutz selbst.
       
       ## Zweifel an Feigenbutz‘ boxerischem Können
       
       Dass das spektakulär und somit publikumswirksam ist, steht außer Frage,
       nicht zuletzt deshalb überträgt Sat.1 Feigenbutz am Samstag erstmals live
       als Hauptkämpfer, der Italiener Giovanni De Carolis ist dann sein Gegner.
       „Riesentest“, nennt Kalle Sauerland den Kampf. Denn trotz der 19 K.o.-Siege
       gibt es durchaus auch Menschen im Gewerbe, die Feigenbutz’ boxerisches
       Können eher für limitiert halten.
       
       Ein wilder Haudrauf ohne technische Finesse sei er, behaupten sie. Einer,
       der weitgehend ohne Deckung zu Werke gehe, was bislang nur deshalb
       gutgegangen sei, weil er gegen minderwertige Gegner, Fallobst also, geboxt
       habe und nie über die volle Distanz, wozu ihm nicht nur die Kondition
       fehle, sondern vor allem das taktische Vermögen. Selbst im eigenen Stall
       schien man vor nicht allzu langer Zeit zumindest Zweifel an der boxerischen
       Güte des Karslruhers zu hegen. „Oben wird die Luft dünn. Oben schlagen die
       Gegner auch mal zurück“, hat noch im Dezember letzten Jahres ein
       Sauerland-Angestellter gesagt. Es klang wie eine Vorsichtswarnung.
       
       Nicht zuletzt deshalb ist der Kampf gegen De Carolis ein guter Gradmesser.
       Der 31-jährige Italiener, ein ehemaliger Kellner, hat vor zwei Jahren gegen
       den amtierenden WBO-Weltmeister Arthur Abraham nur knapp nach Punkten
       verloren, manche behaupten gar, De Carolis habe eigentlich gewonnen. So
       oder so – zumindest im Vorfeld seines Kampfs gegen Feigenbutz trifft der
       Italiener dessen wunden Punkt. „Er stand noch keinem Boxer vom Kaliber
       eines Abraham gegenüber. Ich schon“, ließ De Carolis in Richtung des
       K.o.-Prinzen wissen, verbunden mit dem Hinweis: „Er hat keine Erfahrung.
       Ich werde ihn technisch ausboxen. Was ihm auf jeden Fall fehlt, ist die
       Reife.“
       
       ## Kein Kampf gegen Abraham
       
       Das macht den Kampf quasi von ganz allein zur Reifeprüfung, zumindest für
       Feigenbutz. Dieser begegnet er auf seine ganz eigene Weise, auch verbal
       fackelt er nicht lange. „Ob De Carolis mehr Erfahrung hat oder nicht – das
       bringt ihn auch nicht weiter, wenn er eine aufs Maul kriegt“, stellte der
       20-Jährige auf der Pressekonferenz fest.
       
       Nicht nur für Samstag hat Feigenbutz einen Plan, auch für die Zeit danach.
       „Ich geh in den Ring und hau ihn um“, sagte er bezüglich des anstehenden
       Kampfs. „Danach fang ich an, im Supermittelgewicht aufzuräumen“, stellte er
       für die Zeit danach in Aussicht. Denn: „Mein Ziel ist es, alle vier Gürtel
       der großen Weltverbände zu holen.“ Vor allem der Russe Fedor Chudinov und
       Felix Sturm stehen auf seiner Wunschliste ganz oben. Einen Kampf gegen
       Abraham wird es hingegen zumindest in Bälde eher nicht geben, schließlich
       stehen beide Boxer bei Sauerland unter Vertrag.
       
       Wer immer im angestrebten WM-Kampf – so es überhaupt zu einem solchen
       kommen sollte – der Gegner sein mag, für das Trainingslager davor hat
       Feigenbutz-Trainer Hansi Brenner schon jetzt eine prima Idee: „Vielleicht
       gehen wir ja mal auf Haijagd“, hat er gesagt.
       
       17 Oct 2015
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Frank Ketterer
       
       ## TAGS
       
   DIR Boxen
   DIR Kampfsport
   DIR Sportler
   DIR Schwerpunkt Olympische Spiele 2024
   DIR Aserbaidschan
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Porträt über den Boxer Artem Harutyunyan: Es fehlt ein einziger Sieg
       
       Der Boxer Harutyunyan kämpft gegen Abdelkader Chadium um sein Ticket für
       die Olympischen Spiele in Rio de Janeiro. Einmal hat er ihn schon
       geschlagen.
       
   DIR Europa-Spiele in Aserbaidschan: Ringen um den Doppelsieg
       
       Armeniens Sportler werden bei der finsteren Sport-Party in Baku
       ausgepfiffen. Gewinnen sie eine Medaille, ist ihnen Ruhm in der Heimat
       gewiss.