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       # taz.de -- Hamburger Härtefall-Kommission ohne „harte Hunde“: Keine Gnade für Rechtsaußen
       
       > Die AfD in der Hamburger Bürgerschaft will vor dem Verfassungsgericht
       > klagen, weil ihre Abgeordneten keinen Platz in der Härtefallkommission
       > bekommen
       
   IMG Bild: Wünscht sich manch Hamburger Abgeordneter: AfD abschieben – zumindest aus der Härtefallkommission
       
       HAMBURG taz | Die Niederlage droht zweistellig zu werden: Bereits neun Mal
       ist die AfD-Fraktion in der Hamburger Bürgerschaft bei dem Versuch
       gescheitert, Vertreter in die Härtefallkommission des Parlaments zu
       entsenden. Deshalb will sie nun Klage vor dem Landesverfassungsgericht
       erheben. Das erklärte der Rechtsanwalt und AfD-Abgeordnete Alexander Wolf
       am Donnerstag auf Anfrage der taz. Offiziell müsse die Fraktion darüber
       noch beschließen, „aber es geht in diese Richtung“, so Wolf.
       
       „Wir sind eine demokratisch gewählte Partei“, hatte Fraktionschef Jörn
       Kruse bereits vor Wochen klargestellt, „und haben deshalb einen Anspruch
       auf einen Platz in dieser Kommission.“ Dabei handele es sich um
       „verfassungsrechtlich garantierte Minderheitenrechte“, unterstrich Wolf,
       und die dürfe die Mehrheit im Parlament nicht nach Belieben missachten.
       
       Unstrittig ist das Recht der AfD, einen Vertreter und zwei Stellvertreter
       für das parlamentarische Gnadengremium zu benennen, das abgelehnten
       Asylbewerbern aus humanitären Gründen ein Bleiberecht zuerkennen kann. Nur
       wurden die AfD-Kandidaten bislang nicht von den anderen Fraktionen
       akzeptiert und haben daher keine Mehrheit in der Bürgerschaft gefunden.
       Deshalb änderte die Parlamentsmehrheit seit April schon zwei Mal das
       Kommissionsgesetz, damit das Gremium arbeitsfähig ist und von der offenen
       AfD-Personalie nicht blockiert wird (siehe Kasten).
       
       Zuletzt fielen am Mittwochabend in geheimer Wahl Wolf und als
       Stellvertreter der ehemalige Schill-Innensenator Dirk Nockemann durch.
       Hinter vorgehaltener Hand geben manche Abgeordnete anderer Parteien zu,
       dass sie keine AfD-Hardliner in dem Gnadengremium wollen.
       
       Vor allem Ex-Schillianer Nockemann steht bei Demokraten auf dem Index:
       „No-No-Nockemann“ sagen Zartfühlende, Hartgesottene zitieren das Bild von
       der „nach oben offenen Arschloch-Skala“. Und Wolf, Alter Herr der als
       rechtsextrem geltenden Burschenschaft „Danubia“, hatte Anfang September mit
       einer Schmährede gegen Flüchtlinge für einen Eklat im Parlament gesorgt.
       Die AfD lege „das geistige Fundament für Brandstifter“, empörte sich
       daraufhin Karin Prien (CDU). Die fraktionslose Abgeordnete Nebahat Güçlü
       nannte Wolf „eine Schande für das Parlament“.
       
       Bei der Personalie prallen das Partizipationsrecht einer Fraktion und das
       Recht auf freie Entscheidung von Abgeordneten aufeinander. Nach einem
       Gutachten des Juristen Dietrich Murswiek von der Universität Freiburg, das
       die AfD Ende September vorstellte, hat diese – wie die anderen Fraktionen
       auch – das Recht, Vertreter in die Härtefallkommission zu entsenden. Wie
       das aber umzusetzen wäre, bleibt juristisch offen.
       
       Deshalb schlägt Gutachter Murswiek zwei neue Verfahren bei der Besetzung
       der Sitze im Gremium vor. Zum einen könnten die Mitglieder der Kommission
       künftig en bloc zur Wahl stehen: Dann müsste die Bürgerschaft alle
       Kandidaten wählen – oder alle ablehnen. Alternativ könnte jeder Fraktion
       ein Bestellungsrecht zuerkannt werden, eine Wahl durch die Bürgerschaft
       würde dann entfallen.
       
       Nach dieser Expertise suchte die AfD das klärende Gespräch. „Wir hoffen auf
       die Einsicht der anderen Fraktionen“, sagte Kruse. Bislang vergeblich. „Die
       AfD fühlt sich jetzt auf der sicheren Seite“, sagte eine Abgeordnete. Ein
       anderer Abgeordneter kritisiert: „Die machen auf dicken Max.“
       
       Ihre Forderungen stellt die AfD jedoch vielleicht zu Unrecht: Im Mai war
       der AfD-Abgeordnete Joachim Körner als stellvertretendes Mitglied der
       Härtefallkommission gewählt worden – und der habe in Abwesenheit anderer
       AfDler „ein Stimmrecht“, befindet der Justiziar der Bürgerschaftskanzlei in
       einer gestern verfassten Stellungnahme, die der taz vorliegt. Juristisch
       droht somit ein Patt. Oder das Verfassungsgericht muss es entscheiden.
       
       15 Oct 2015
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Sven-Michael Veit
       
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