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       # taz.de -- Nach Demonstration bei Air France: Doppelt entlassen
       
       > Nach einer eskalierten Demonstration werden die mutmaßlich Beteiligten
       > verklagt. Besser wird das Image von Air France dadurch wohl kaum.
       
   IMG Bild: Die Wut der Demonstranten war am Montag nicht mehr zu bremsen.
       
       Paris AFP/taz | Nach den Übergriffen auf zwei Manager der französischen
       Fluggesellschaft Air France wurde gegen rund 20 Mitarbeiter Klage erhoben.
       Bei rund einem Dutzend von ihnen handle es sich um gewählte
       Gewerkschaftsvertreter, hieß es am Mittwoch aus informierten Kreisen in
       Paris. Die chaotische Situation während des Handgemenges mache es aber
       schwierig zu unterscheiden, wer genau als Aggressor aufgetreten sei und wer
       sich schützend vor die angegriffenen Manager gestellt habe.
       
       Im Zuge einer Demonstration bei Air France hatten Mitarbeiter am Montag ein
       Treffen von Konzernleitung und Betriebsrat in der Zentrale der
       Fluggesellschaft gestürmt. Sie protestierten gegen Massenentlassungen und
       andere drastische Sparmaßnahmen bei Air France. In dem Tumult wurden der
       Air-France-Personalchef Xavier Broseta und der Langstrecken-Verantwortliche
       Pierre Plissonnier die Hemden vom Körper gerissen. Die Manager wurden von
       Sicherheitsleuten eskortiert und kletterten bei ihrer Flucht über einen
       Zaun.
       
       Etwa ein Dutzend der Angeklagten sei direkt in die Auseinandersetzung
       involviert gewesen, hieß es am Mittwoch weiter aus den informierten
       Kreisen. Bei den anderen handle es sich beispielsweise um zwei Piloten, die
       den Protestierenden offenbar mit ihrem elektronischen Ausweis Zugang zu dem
       Treffen verschafft hatten, sowie vier Mitarbeiter aus dem Bereich Fracht,
       die ein Eingangstor aus seiner Verankerung rissen.
       
       Die Geschäftsführung von Air France teilte mit, zu den möglichen Sanktionen
       gegen die übergriffigen Demonstranten gehörten auch Entlassungen. Für die
       Betroffenen dürfte das ein Witz sein: sie hatten gerade gegen geplante
       Entlassungen so vehement protestiert.
       
       Mehrere Gewerkschaften und Assoziationen bekundeten ihre Solidarität mit
       den Demonstranten und verteidigten sogar die Ausschreitungen. Der
       Vorsitzende der Partei der Linken Jean-Luc Mélenchon warf Moderatoren in
       einem Fernseh-Interview ihre moralisierende Darstellung des Vorgangs vor.
       „Da ist jemand, der 2.900 Personen entlassen wird. Verstehen Sie, dass eben
       das Gewalt ist?“, fragte er.
       
       „Wissen Sie wie viele Selbstmorde es unter den entlassenen Angestellten
       gibt, wie viele Scheidungen, wie viele Menschen ihr ganzes Eigentum
       verkaufen müssen?“ Der Parteivorsitzende beurteilte die Eskalation als
       „überhaupt nicht schlimm“, da soziale Fragen in Frankreich sonst nie
       mediale Aufmerksamkeit erhielten. Er bedankte sich bei allen Angestellten
       von Air France.
       
       7 Oct 2015
       
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