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       # taz.de -- Senat in Paris stoppt Vielsprachigkeit: Man spricht Französisch, basta!
       
       > Ob Bretonisch, Okzitanisch, Baskisch oder Korsisch – Minderheitensprachen
       > sollen in Frankreich zweitklassig bleiben.
       
   IMG Bild: Herbst in Frankreich: ob Burgundisch, Korsisch oder Okzitanisch, einfach schön.
       
       Paris taz | Die Korsen, Bretonen, Elsässer und Basken oder die Okzitanisch
       parlierenden Südfranzosen dürfen auch in Zukunft ihre Regionalsprachen
       nicht im Amtsverkehr benutzen. Ein neuer Anlauf, die Charta des Europarats
       zum Schutz und zur Förderung der Regionalsprachen zu ratifizieren, ist
       gescheitert. Französisch bleibt somit die einzige offizielle Landessprache.
       Das steht so in der Verfassung und wird nun auch bis auf Weiteres so
       bleiben.
       
       Der Senat hat die eingeleitete Prozedur zur Ratifizierung mit seinem
       ablehnenden Votum gestoppt und blockiert. Er hat so ein weiteres
       Wahlversprechen von Staatspräsident François Hollande beerdigt. Dieser hat
       in diesem wenigstens eine gute Entschuldigung.
       
       In der kleinen Kammer des Parlaments hat er nämlich keine Mehrheit mehr,
       und die bürgerliche Opposition hatte ihrerseits keinen Grund, dem um
       Popularität buhlenden Staatschef ausgerechnet kurz vor den Regionalwahlen
       im Dezember ein politisches Weihnachtsgeschenk zu machen. Nun ist
       Französisch sicherlich eine schöne und reiche Sprache, die ja auch mit
       entsprechend großem Aufwand verteidigt wird.
       
       Für die Gegner dieser Charta ist der Vorrang der einzigen Amtssprache aber
       nichts weniger als ein Eckpfeiler der zentralistischen Staatsordnung und
       des Zusammenhalts der Nation. Diese ist auf einem Territorium mit einer
       Vielzahl von Regionalsprachen und Dialekten entstanden und wurde im Lauf
       der Geschichte durch die Kultur und Sprache von Minderheiten bereichert.
       
       Für die Opposition wäre die Ratifizierung der Charta der Anfang vom Ende
       der exklusiven Frankofonie: Wo käme Frankreich hin, wenn nun alle
       sprachlichen Minderheiten, vom Elsass bis zu den Kanaken in Neukaledonien
       oder Kreolen auf Martinique mit den Behörden nach ihrer Façon reden und
       verkehren wollten?
       
       Unausgesprochen blieb in der Senatsdebatte auch die Befürchtung, dass
       konsequenterweise und im Sinne der Charta auch Mundarten der Immigration
       wie Arabisch, Armenisch oder Romani entsprechend gefördert werden müssten.
       Obschon Frankreich die Charta schon 1999 unterzeichnet hat, stellt sich die
       Republik bezüglich der Ratifizierung taub. Auch die Gebärdensprache steht
       übrigens auf der Liste der förderungswürdigen Minderheitensprachen.
       
       29 Oct 2015
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Rudolf Balmer
       
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