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       # taz.de -- Kolumne American Pie: Liga mit Minderwertigkeitskomplex
       
       > Die Women‘s NBA geht in die Winterpause. Sie hat viel mehr geleistet, als
       > nur das Sommerloch der Basketball-Männer zu überbrücken.
       
   IMG Bild: Geschafft: die Spielerinnen von Meister Minnesota Lynx feiern sich und den Titel.
       
       Die 19. Saison der WNBA ist vorbei, Minnesota Lynx hat Indiana Fever in
       einer knallharten Best-of-Five-Finalserie drei zu zwei geschlagen. Viel zu
       kurz waren die Playoffs, viel zu wenig Zeit bleibt, die Sieger zu würdigen.
       In zwei Wochen fangen die Männer wieder an. Der nächste lange, dunkle
       Winter des Frauenbasketballs beginnt.
       
       Bis vor zwei Monaten wusste ich absolut gar nichts über Frauenbasketball.
       Doch dann kaufte ich für 15 Dollar die Eintrittskarte zum Live-Streaming
       für alle Spiele der WNBA. Es war August, tief in der Off-Season der NBA,
       eine ansonsten entsetzlich basketballfreie Zeit.
       
       Was folgte, waren aufregende Wochen in völligem Neuland. Neue absurde
       Teamnamen: Fever! Shock! Neue Logos, neue Farben. Und bizarr fehlgeleitete
       Werbebotschaften, die so tun, als verdankten WNBA-Spielerinnen ihren Erfolg
       vor allem ihren Vätern und Brüdern. Reporter, die sich ständig dafür zu
       entschuldigen scheinen, dass es die WNBA gibt. NBA-Stars, die am
       Spielfeldrand sitzen und sagen, sie seien hier, um die Frauen zu
       unterstützen. Sie sagen nicht Frauen, sondern „girls“ oder „ladies“.
       
       Die Liga leidet unter einem starken Minderwertigkeitskomplex und befasst
       sich die meiste Zeit damit, ihre eigene Existenz zu rechtfertigen.
       Angesichts des extremen Selbstvertrauens der Spielerinnen wirkt der
       ständige öffentliche Kriechgang der Liga völlig irre. Andererseits: Wenn
       man von den männlichen Journalisten, Fernsehsendern und Fans so gründlich
       ignoriert und verachtet wird wie die WNBA, sind Minderwertigkeitskomplexe
       vielleicht nachvollziehbar.
       
       „Warum tragen die keine engen Shorts?“, „sie können nicht dunken“,
       „interessiert doch keinen“, das sind noch die höflichsten der landläufigen
       Einwände. Darunter brodelt hässliche Feindseligkeit. Als ESPN im September
       per Twitter bekannt gibt, dass Elena Delle Donne „Most Valuable Player“ der
       Liga ist, folgt eine lange Liste von unflätigen misogynistischen
       Reaktionen.
       
       Die NBA hat schon lange damit aufgehört, ihre eigene Frauenliga während der
       Spiele der Männer zu bewerben. Die Vorsaisonspiele der NBA werden
       gründlicher vorgezeigt als die Finalspiele der WNBA. Noch Sekunden vor dem
       Start eines entscheidenden Playoff-Spiels der Frauen wird auf dem Sender,
       der das Spiel überträgt, über Baseball geredet. Oder über Fantasy Football.
       
       Natürlich ist der Talentpool weniger groß als bei den Männern, kein Wunder,
       bei Jahresgehältern, die zwei Größenordnungen unter denen der NBA liegen.
       Natürlich gibt es praktisch keine Dunks und keine Alley-Oops. Die größten
       Spielerinnen sind so groß wie der Durchschnitt in der NBA. Zum Ausgleich
       gibt es auch deutlich weniger Showmanship, weniger Schauspielerei, weniger
       Flops, keine idiotischen Posen, nur weil man zwei Würfe in Folge getroffen
       hat. Es geht auch anders.
       
       Zu meinen Lieblingsszenen in der WNBA gehören die Huddles der Spieler in
       den Unterbrechungen im normalen Spielverlauf. Da steht das Team eng
       beieinander, auch die Bankspieler, die keine Chance haben, je Spielzeit zu
       bekommen. Sie gehören alle zusammen. Es sieht genau so aus, als würden sich
       die Spielerinnen wirklich mögen und nicht nur eine Zweckgemeinschaft
       bilden.
       
       Die Saison ist vorbei. Maya Moore und ihr Team gehen auseinander. Erst im
       Mai 2016 werden sich die Spielerinnen der Minnesota Lynx wiedersehen. Eine
       Woche nach den Finals wird Maya Moore allein nach China fliegen, um dort
       vier Monate lang Geld zu verdienen. Ihr Team, dreifacher chinesischer
       Meister, heißt Shanxi Flame.
       
       Eine wirklich lange Langfassung des Textes befindet sich [1][auf
       medium.com]
       
       16 Oct 2015
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://medium.com/@dalcashdvinsky/maya-moore-money-7baca28f5ebb
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Alexander Scholz
       
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