URI: 
       # taz.de -- Fußball und Korruption: Unsere elf WM-Helden
       
       > Sie sollen ein korruptes System gebildet haben: TV-Vermarkter,
       > Sportartikelhersteller, Kultur und Politik. Mittendrin: der Kaiser.
       
   IMG Bild: Blatter, Beckenbauer und Radmann freuen sich, als Deutschland 2000 den WM-Zuschlag erhält
       
       Es sollen 6,7 Millionen Euro an Funktionäre geflossen sein. Wer waren die
       Strippenzieher des WM-Skandals?
       
       Wolfgang Niersbach 
       
       Ein Mann mit Vollstreckerqualitäten, von dem niemand weiß, wo oder wofür er
       genau steht. „Die WM war nicht gekauft!“, beteuert der DFB-Chef und ließ
       das zur Sicherheit noch einmal intern untersuchen. Und an seine
       handschriftliche Notiz, die die Existenz einer schwarzen Kasse beim
       deutschen WM-Organisationskomitee belegen soll, kann sich Niersbach
       schlicht nicht erinnern. Na dann ist ja alles sauber gelaufen! Note: 1
       
       Sepp Blatter 
       
       Der Name des Noch-Fifa-Präsidenten steht für sinnvolle Verwendung der
       Gelder, die für die WM 2006 aufgebracht wurden. Im Berliner Olympiastadion,
       in dem das Finale stattfand, sollte die VIP-Sitzreihe verändert werden,
       damit Blatter genau über der Mittellinie saß – wegen der Neutralität, klar.
       Zugleich forderte er einen Umbau im Berliner Hotel Adlon: Die zuvor
       renovierte Präsidentensuite war ihm zu klein. Note: 1
       
       Robert Louis-Dreyfus 
       
       Der frühere Chef von adidas und Olympique Marseille erfährt erst nach
       seinem Tod 2009 gebührende Aufmerksamkeit als Finanzier von
       Sportfunktionär. Er soll den WM-Organisatoren eine schwarze Kasse
       eingerichtet haben – als fußballbegeisterter Privatmann. Als er das Geld,
       6,7 Millionen Euro, zurückforderte, soll es der DFB überwiesen haben. Schon
       Uli Hoeneß hatte sich von Dreyfus Geld geliehen, für dessen steuerfreien
       Börsengeschäfte. Note: 1
       
       Günter Netzer 
       
       Kaum einer ist so glasklar in seinem Spiel. „Damit haben wir die vier
       Asiaten bezahlt“, soll er laut Spiegel über das Schwarzgeld gesagt haben.
       Netzer hatte offensiv schon immer Qualitäten. Mittlerweile hilft er auch
       hinten aus, wenn das Team unter Druck steht. Über den Vertrieb von
       TV-Rechten für bedeutungslose Spiele sammelte er offenbar auch Geld für die
       deutsche Bewerbung. Das Zitat hat Netzer bereits geleugnet – defensivstark
       ist er eben auch. Note: 1
       
       Leo Kirch 
       
       Riss das Spiel stets an sich. Er wollte die WM unbedingt nach Deutschland
       holen. Dem Münchner TV-Tycoon, der im Juli 2011 verstarb, winkten damals
       satte Gewinne. So soll er einen wichtigen Netzwerker in der Fifa mit einem
       opulenten Beratervertrag ausgestattet haben, angeblich als Experte für
       Filmlizenzen. Die Kirch-Finte, mindestens so wirkungsvoll wie der
       Zidane-Trick. Aber er hat natürlich noch viel mehr gezaubert. Note: 1
       
       Franz Beckenbauer 
       
       Eins ist klar: Die Fußball-WM 2006 hat allein der Kaiser geholt. Als Chef
       des Organisationskomitees bereiste er unzählige Länder, um für Deutschland
       zu werben. Korruption ist ihm ebenso wenig über den Weg gelaufen wie ein
       Sklave in Katar. 2011 sagte er Al-Dschasira in unübersetzbarem
       Kaiserenglisch dazu: „Personel, to me, never, never ever came come
       everybody somebody and to offer me something for whatever give me your vote
       for whatever.“ Note: 1
       
       Michel Platini 
       
       Der von der Fifa gesperrte Mittelfeldstratege hat auf den ersten Blick mit
       der verschobenen WM nichts zu tun. Es sei aber an seine Beratertätigkeit
       für Blatter erinnert, die er zwischen 1998 und 2002 ausgeübt hat. Seinem
       Freund Wolfgang Niersbach wird er schon geholfen haben. Die Kataris mussten
       für ihre WM-Bewerbung erst einmal Platinis Sohn einen lukrativen Job geben.
       Ein Kreativspieler sondergleichen. Note: 1
       
       Theo Zwanziger 
       
       Wenn er nicht das Abendland und seine Werte verteidigt, bewahrt er den
       deutschen und internationalen Fußball vor allem Bösen. Sogar seine
       Tätigkeit bei der Fifa hat ihm nichts anhaben können. Wegen dieser
       indirekten Zahlung an Dreyfus, berichtet der Spiegel, soll er ein
       schlechtes Gefühl gehabt haben. Den richtigen Riecher hat er schon gehabt.
       Reingrätschen wollte er aber auch nicht. Eine durchwachsene Vorstellung.
       Note: 3
       
       Fedor Radmann 
       
       Der, nennen wir ihn: Geschäftsmann ist einer der engsten Freunde vom Kaiser
       und geht gern mit ihm wandern. Der Berchtesgadener organisierte des Kaisers
       WM-Werbetournee. Von 2001 bis 2003 war er Vizepräsident des
       WM-Organisationskomitees. Da er nebenbei auch als Berater der Mediengruppe
       des Leo Kirch und des adidas-Konzerns tätig war, musste er bald
       zurücktreten. Gegen Honorar hat er OK-Chef Franz aber weiter beraten. Note:
       1
       
       Otto Schily 
       
       Der frühere Sportminister weiß nichts. „Zu keinem Zeitpunkt“, sagte Schily
       nun der BamS, habe er „Informationen erhalten, die den Verdacht ‚schwarzer
       Kassen‘ begründen.“ Also war da nichts. Oder halt wenig: Platz für
       umherschwirrende „abenteuerliche Verdächtigungen“. Mit denen hat Schily
       nichts zu tun. Er verweist bei Fragen zum Geld an Ex-DFB-Chef Theo
       Zwanziger: Der habe „sicherlich Zugang zu der Buchhaltung der Fifa“ gehabt.
       Note: 2
       
       André Heller 
       
       Der Sänger, Dichter und Zirkusdirektor war für das WM-Kulturprogramm
       zuständig. Für ebenjenes Programm, für das laut DFB 6,7 Millionen Euro an
       die Fifa überwiesen wurden, ohne dass sie dafür verwendet wurden. Vom
       restlichen Geld schickte Heller, von dem auch das Motto „Die Welt zu Gast
       bei Freunden“ stammt, eine Fußball-Kugel auf Reisen. Die WM-Eröffnungsgala,
       die er so gerne organisiert hätte, versagte ihm die Fifa jedoch. Note: 1
       
       19 Oct 2015
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Johannes Kopp
   DIR Martin Krauss
       
       ## TAGS
       
   DIR Fußball
   DIR Fifa
   DIR Schwerpunkt Korruption
   DIR Fußball-WM 2006
   DIR Fußball-WM 2006
   DIR Fußball-WM 2006
   DIR Fußball
   DIR Franz Beckenbauer
   DIR Fußball-WM 2006
   DIR Deutscher Fußballbund (DFB)
   DIR Fifa
   DIR Fußball
   DIR Fifa
   DIR Homophobie
   DIR Fifa
   DIR Fifa
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Geldwäsche und Untreue bei der WM 2006: Ein schmutziges Sommermärchen
       
       Berater Fedor Radmann hat richtig fett abkassiert. Der DFB reagiert auf die
       Enthüllungen mit einer Presseerklärung: eine Analyse.
       
   DIR Kolumne Press-Schlag: Schafft endlich den Kaiser ab!
       
       Im Skandal um die WM 2006 zeigt sich, wie undemokratisch der Fußball
       derzeit ist. Nun aber ist die Zeit der Kaiserschonung vorbei.
       
   DIR DFB und WM-Vergabe 2006: „Wie ich das sehe, lügt Niersbach“
       
       Der Druck auf DFB-Präsident Niersbach wächst. Sein Vorgänger lässt prüfen,
       wer sich bei der WM-Vergabe für 2006 strafbar gemacht hat.
       
   DIR Niersbachs Pressekonferenz zur WM 2006: „Ich weiß gar nichts“
       
       DFB-Präsident Wolfgang Niersbach will alle Unklarheiten aufklären, bleibt
       aber alle Antworten schuldig. Und belastet indirekt Franz Beckenbauer.
       
   DIR Ermittlungen der Ethikkommission: Anklage gegen Beckenbauer
       
       Die Fifa fällt demnächst ihr Urteil über Franz Beckenbauer. Im schlimmsten
       Fall droht ihm eine Sperre. Es geht aber nicht um die WM 2006.
       
   DIR Zweifelhafte WM-Vergabe 2006: Intimfeindschaft unter Männern
       
       DFB-Chef Wolfgang Niersbach und Theo Zwanziger nutzen die Fragen zum
       „Sommermärchen“, um sich zu diskreditieren. Antworten gibt keiner.
       
   DIR Wie Springer seine DFB-Buddies beschützt: Eine gruselige Allianz
       
       Die WM 2006 gekauft? Der „Spiegel“ liefert Indizien. Sport1 und Springer
       stehen Beckenbauer, Niersbach und Co. sofort zur Seite. Gute Freunde halt.
       
   DIR Ex-Kandidat Rüttenauer über DFB-Krise: „Niersbach muss zurücktreten“
       
       Beim DFB müsse man sich über gar nichts wundern, sagt Andreas Rüttenauer.
       Der wollte mal DFB-Präsident werden. Eine neue Kandidatur schließt er nicht
       aus.
       
   DIR Kommentar Blatter-Suspendierung: Witzig, diese Fifa
       
       Joseph Blatter hat es erwischt – endlich. Dass die Fifa korrupt ist, wissen
       wir schon lange. Mitzuerleben, wie sie sich zerlegt, ist eine wahre Freude.
       
   DIR Korruption bei der Fifa: 53 Verdachtsfälle von Geldwäsche
       
       Bei den WM-Vergaben gibt es womöglich einige Unregelmäßigkeiten. Die
       Schweizer Staatsanwaltschaft geht 53 möglichen Fällen von Geldwäsche nach.
       
   DIR Homophobie im Fußball: Korruption, Ballspiel, Sex
       
       Ein Funktionär tritt zurück – wegen Homophobie, sagt er. Wegen
       Vetternwirtschaft, sagen seine Gegner. Und der Präsident will seine Ruhe
       haben.
       
   DIR Fifa-Korruptionsskandal: Das Arschloch der Schlange
       
       Alle in der Fifa sind korrupt, Blatter ist zurückgetreten, aber jeder liebt
       Fußball. Sie haben im Skandal den Überlick verloren? John Oliver hilft.
       
   DIR Korruption bei der Fifa: „Das ist ein großer Sumpf“
       
       Das amerikanische FBI hat die Schweiz um Hilfe bei den Ermittlungen
       gebeten. Die Fifa reagiert unaufgeregt und hält an ihren WM-Plänen fest.