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       # taz.de -- Bundesratsvorschlag zum WLAN-Gesetz: Mehr Auskunft, weniger Datenschutz
       
       > Der Umgang mit kritischen Äußerungen im Netz ist strittig. Nun sollen die
       > Verfasser leichter identifiziert werden, Nebenwirkungen inklusive.
       
   IMG Bild: Dann doch lieber anoynm? Nutzer sollen auch ohne Strafantrag persönliche Daten des Urhebers erhalten.
       
       Berlin taz | Wer sich im Internet allzu kritisch Personen oder Unternehmen
       gegenüber äußert, kann bald einfacher ausfindig gemacht werden. Das sieht
       eine Empfehlung mehrerer Ausschüsse des Bundesrats zum WLAN-Gesetz vor, das
       am Freitag beschlossen werden soll.
       
       Erklärtes Ziel war es, für Anbieter von WLANs mehr Rechtssicherheit zu
       schaffen. Ob das nun vorliegende Gesetz das erreicht, ist umstritten. Doch
       bei dem nun von den Ausschüssen eingebrachten Änderungsvorschlag geht es
       weniger um WLAN als um das grundsätzliche Miteinander im Internet: um
       Äußerungen, die Nutzer etwa in Foren oder auf Nachrichtenseiten, auf
       Bewertungsportalen oder in den Kommentarspalten von Blogs hinterlassen.
       
       Bislang gilt: Fühlt sich eine Privatperson oder ein Unternehmen über Gebühr
       beleidigt, können sie sich an die Staatsanwaltschaft wenden. Die ermittelt
       dann, wenn sie der Ansicht ist, dass etwa eine Beleidigung vorliegen
       könnte. Erst im Zuge eines solchen Verfahrens bekommt der Anzeigensteller
       Informationen über die Identität des Beschuldigten.
       
       Das soll sich ändern: Wird der Vorschlag der Ausschüsse so angenommen,
       können Nutzer oder Unternehmen, die durch eine Äußerung vermeintlich
       angegriffen werden, auch ohne Strafantrag persönliche Daten des Urhebers
       erhalten. „Jeder bekommt ein potenzielles Auskunftsrecht über andere
       Personen“, kritisiert der Jurist Patrick Breyer, der für die Piratenpartei
       im Schleswig-Holsteinischen Landtag sitzt. Das sei eine Gefahr für die
       Meinungsfreiheit.
       
       ## Empfehlung zu Fantasiedaten bei Anmeldung
       
       Zudem stütze sich die Änderung auf einen problematischen, bislang kaum
       angewandten Paragrafen im Telemediengesetz. Der sei so unklar formuliert,
       dass offen sei, wer künftig darüber entscheide, ob etwa ein Forenanbieter
       persönliche Daten seiner Nutzer an andere Nutzer oder Unternehmen
       weitergeben muss. Dass erst einmal ein Richter entscheidet, ist jedenfalls
       nicht vorgesehen. Genauso wenig wie ein Informieren derer, dessen
       persönliche Daten an potenzielle Kläger weitergeben werden.
       
       Experten reicht das nicht: „Die Auskunftserteilung sollte an einen
       Richtervorbehalt gebunden sein“, sagt der IT-Anwalt Christian Solmecke – so
       wie es heute gilt, wenn Urheberrechtsverstöße aufgeklärt werden sollen,
       indem die Nutzer von IP-Adressen abgefragt werden. Grundsätzlich begrüßt
       Solmecke den Vorstoß jedoch: „In etlichen Fällen möchte der Betroffene den
       Täter nicht strafrechtlich verfolgen, sondern nur auf dem zivilrechtlichen
       Weg eine Unterlassung der jeweiligen Äußerung verlangen.“ Das sei derzeit
       kaum möglich.
       
       Auch Leena Simon vom Verein Digitalcourage betont, dass eine Verfolgung
       bestimmter Äußerungen – wie etwa rassistischer Kommentare auf Facebook –
       wichtig sei. Doch das dürfe nicht dazu führen, dass nun Privatpersonen die
       Herausgabe von persönlichen Daten anderer Nutzer verlangen könnten. Zumal
       Auskunftsersuchen häufig formal oder sogar inhaltlich fehlerhaft seien –
       was aber gerade kleine Anbieter nicht überprüfen könnten. „Wo wirklich
       Persönlichkeitsrechte bedroht sind, muss die Polizei ermitteln.“
       
       Breyer befürchtet, dass die Bereitschaft, sich im Netz kritisch etwa mit
       Unternehmen auseinanderzusetzen, sinke, wenn Nutzer gefühlt
       identifizierbarer unterwegs seien. Er empfiehlt, bei der Anmeldung bei
       Foren und Ähnlichem Fantasiedaten anzugeben. Dann könne höchstens die
       IP-Adresse – so der Anbieter sie speichert – Aufschluss über die Identität
       geben.
       
       4 Nov 2015
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Svenja Bergt
       
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