# taz.de -- Gewalt in Zentralafrika: Nicht mal mehr Flüchtlinge sind sicher
> Regierung und UN-Mission bekommen die Gewalt nicht in den Griff – auch
> nicht in Bangui. Blauhelme sollen Minderjährige missbraucht haben.
IMG Bild: Französische Eingreiftruppen auf Patrouille in Bangui.
Berlin taz | Die Milizengewalt in der Zentralafrikanischen Republik nimmt
kein Ende. Der jüngste Horrorvorfall ereignete sich in Batangafo im Norden
des Landes, wo UN-Blauhelme ein Vertriebenenlager schützen.
Wie lokale Medien berichten, töteten antimuslimische
Anti-Balaka-Milizionäre in dem Lager am Dienstag zwei Muslime. Aus Rache
seien Kämpfer der ehemaligen muslimischen Rebellenallianz Séléka in das
Lager eingefallen, hätten über 700 Hütten in Brand gesteckt und mehr als
5.000 Menschen in die Flucht getrieben. Bei Schusswechseln mit UN-Soldaten
wurden ein Blauhelmsoldat und fünf Rebellen getötet.
Der Vorfall geschah kurz nachdem die mehrmals verschobenen
Präsidentschafts- und Parlamentswahlen auf den 27. Dezember festgesetzt
wurden – der letztmögliche Termin, um noch 2015 einen Wahlgang abzuhalten,
wie es die Regierung in der Hauptstadt Bangui internationalen Geldgebern
versprochen hat.
Am 13. Dezember soll über eine neue Verfassung abgestimmt werden. Ende
November will der Papst Bangui besuchen. All das gilt als völlig
unrealistisch, aber niemand traut sich, das offen zu sagen.
## Muslime leben gefährlich
Seit September sind allein in Bangui, wo französische Eingreiftruppen und
die UN-Blauhelmmission „Minusca“ stationiert sind, 90 Menschen Gewaltakten
zwischen verfeindeten Gruppen zum Opfer gefallen. Insbesondere Angehörige
der muslimischen Minderheit, von denen viele 2014 von Anti-Balaka-Milizen
getötet oder vertrieben worden waren, leben gefährlich.
Zuletzt wurden am 26. Oktober drei ehemalige Séléka-Politiker, die sich als
Partei namens UPC (Einheit für Frieden in Zentralafrika) konstituiert haben
und zu Gesprächen nach Bangui gereist waren, gleich nach ihrer Ankunft am
Flughafen ermordet. Als daraufhin Muslime demonstrierten, kam es zu
Angriffen antimuslimischer Milizionäre und Gewaltakten, die acht Tote
forderten. Zwei muslimische Männer wurden auf offener Straße in Stücke
gehackt, ein alter Mann von Kindern gesteinigt und seine Leiche vor einer
Kirche abgelegt.
Die UN-Mission beschäftigt sich derweil weiter vor allem mit sich selbst.
Ihr Truppenkommandant reiste am Donnerstag in die Stadt Bambari, wo
Blauhelmsoldaten aus der Demokratischen Republik Kongo nach UN-Angaben fünf
Minderjährige sexuell missbraucht haben sollen. Das jüngste Opfer ist elf
Jahre alt, zwei Mädchen sind schwanger.
12 Nov 2015
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DIR Dominic Johnson
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