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       # taz.de -- Welthandel und Binnengewässer: Was für eine Bescherung
       
       > Norddeutsche Häfen schwächeln wegen wirtschaftlicher Probleme in China
       > und Russland. Hamburg besonders betroffen.
       
   IMG Bild: Große Lücken auf dem Terminal: Hier wäre noch Platz für viele Container
       
       HAMBURG taz | Weihnachten fällt dieses Jahr aus. Zumindest für die
       norddeutschen Häfen Hamburg und Bremen/Bremerhaven wird es keine Geschenke
       geben. Massive Einbußen im Welthandel vermiesen in den beiden norddeutschen
       Stadtstaaten Wirtschaft und Politik die Feiertagslaune, die Konkurrenten
       Rotterdam (Niederlande) und Antwerpen (Belgien) hingegen können frohlocken.
       Und Schuld daran sind die Chinesen und die Russen, deren Wirtschaften
       schwächeln.
       
       Nicht einmal für Weihnachtsgeschenke reicht es. Das traditionell
       umsatzstarke dritte Quartal mit Containerladungen voller Spielzeug und
       Unterhaltungselektronik aus Fernost war sogar das bislang schwächste in
       diesem Jahr. Im Vergleich zum dritten Quartal 2014 sank der Umschlag in
       Hamburg um 13,7 Prozent.
       
       Insgesamt wird der Hamburger Hafen in diesem Jahr ungefähr ein Zehntel
       weniger Container umschlagen als im Vorjahr. Er rechne am Ende des Jahres
       mit einem Umschlag von 8,8 Millionen Standardcontainern (TEU), sagte am
       Montag Axel Mattern, Vorstand der Marketing-Gesellschaft des Hafens (HHM).
       Im vorigen Jahr waren es 9,7 Millionen TEU gewesen, in den Rekordjahren
       2007 und 2008 war die Schallmauer von zehn Millionen TEU jeweils nur um ein
       paar Hundert Stahlboxen verfehlt worden. Nun fällt Hamburg auf das Niveau
       von 2006 zurück und unter den Containerhäfen in Europa auf den dritten Rang
       (siehe Kasten).
       
       Auch in Bremen und Bremerhaven ist die Lage nicht rosiger. An der Weser
       wird erneut die Marke von sechs Millionen TEU verfehlt werden. Nach einem
       Dreivierteljahr wurden dort 4,2 Millionen TEU gezählt, ein Minus von 3,7
       Prozent. In Hamburg waren es mit 6,7 Millionen TEU sogar 9,2 Prozent
       weniger. In Rotterdam hingegen legte der Umschlag in den ersten neun
       Monaten um 1,0 Prozent zu, in Antwerpen sogar um 8,0 Prozent.
       
       Vor allem für Hamburg rächt es sich nun, China und den Ostseeraum als
       weitaus stärkste Handelspartner zu haben. Bei China, das für jeden dritten
       Container im Hafen verantwortlich ist, ging der Umschlag um knapp 15
       Prozent zurück, bei Russland sogar um 36 Prozent, im Handel mit allen
       Ostsee-Anrainern um 22,4 Prozent.
       
       „Da China unser stärkster Handelspartner ist und große Mengen der Container
       auch weiter in den Ostseeraum transportiert werden, ist dieser Rückgang
       schmerzlich“, sagte Mattern. China erlebt gegenwärtig eine Wachstumsdelle
       und will seine Industrie in Richtung auf höherwertige Produkte neu
       ausrichten. Was das langfristig für den Hamburger Hafen bedeuten könnte,
       ist offen.
       
       In Russland hingegen, das nach dem Einbruch nur noch der drittgrößter
       Handelspartner des Hafens nach China und Singapur ist, sei die Talfahrt
       abgeschlossen und der Umschlag stabilisiere sich, hieß es bei HHM. Der
       Rückgang sei auf die Handelssanktionen, den schwachen Rubel, den niedrigen
       Ölpreis und die allgemeine Rezession in Russland zurückzuführen.
       
       „Die Talsohle ist erreicht“, glaubt Matterns Vorstandskollege Ingo Egloff,
       es werde keine größeren Einbrüche mehr geben. Allerdings habe Rotterdam
       „mit aggressiven Methoden“, wie Egloff findet, etliche Feederverbindungen
       in die Ostseeländer aus Hamburg abgeworben. Der Umschlag in den ersten neun
       Monaten sank von 3,0 auf 2,3 Millionen TEU. Diese Zubringerschiffe werden
       jetzt in den Niederlanden be- und entladen.
       
       Und das liegt, wie Egloff sagte, an der noch immer ausstehenden
       Elbvertiefung, über die das Bundesverwaltungsgericht im nächsten Jahr
       entscheiden wird. Weil deshalb die größten Containerriesen Hamburg nicht
       vollbeladen anlaufen können, laden sie Boxen für den baltischen Raum eben
       schon in Rotterdam ab. Pro Schiff fehlten Hamburg so bis zu 1.800 TEU,
       rechnet Mattern vor: „Wir brauchen die Elbvertiefung.“
       
       16 Nov 2015
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Sven-Michael Veit
       
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   DIR China
   DIR Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland
       
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