# taz.de -- Kommentar Israel verbietet Organisation: Gefährlicher Doppelstandard
> Israels Regierung hat zweierlei Maß, wenn es darum geht, wer seine
> Meinung frei äußern darf und wer nicht. Die Religion macht den
> Unterschied.
IMG Bild: Scheich Raed Salah, Chef der Islamischen Bewegung, ist sicher kein unschuldiges Waisenkind. Doch Israels Verbot ist trotzdem fragwürdig.
Das Verbot einer politischen Bewegung gilt auch in Israel als eine so
drastische Maßnahme, dass sich die Regierungen nur alle paar Jahrzehnte
dazu durchringen. Zum letzten Mal erklärten die Behörden Mitte der 80er
Jahre die nationalreligiöse Kach des Extremisten Rabbi Meir Kahane für
nicht rechtens.
Nun wirkt es so, als hätte man in Israel nur auf einen günstigen Zeitpunkt
gewartet, um die bereits vor zwei Wochen vom Sicherheitskabinett getroffene
Entscheidung umzusetzen: Das grüne Licht für die Razzien in der arabischen
Stadt Umm al-Fahm kam, während Europa um die Opfer der Pariser Terrorserie
trauert. Wer will in diesen Tagen eine Maßnahme kritisieren, die dem Kampf
gegen den Terror gilt.
Mit Scheich Raed Salah, dem Chef der verbotenen Islamischen Bewegung,
trifft es sicher keinen Waisenknaben. Kaum eine Gelegenheit ließ Salah aus,
seine Anhänger zum Kampf gegen die Besatzung zu mobilisieren oder die
Stimmung rund um den Tempelberg anzuheizen. Gleichzeitig wahrten Israels
Islamisten indes stets Abstand zu der Terrororganisation Hamas, und sie
halten sich auch sonst aus Sorge vor politischer Verfolgung eher vage. Ein
Aufruf zur Brandstiftung, wie er in den Reihen der rechtsradikalen
israelischen Organisation Lehava laut wurde, steht für die israelischen
Islamisten außer Frage.
Auch der Kampf um den Tempelberg, bei dem es für Salah um eine „Rettung“
geht, ist bei den Islamisten unvergleichbar harmloser als bei dem jüdischen
Tempelinstitut, bei Abgeordneten und sogar Ministern, die offen für die
Errichtung eines dritten jüdischen Tempels eintreten, dort, wo heute der
muslimische Felsendom steht. Israels Regierung geht mit unterschiedlicher
Härte gegen palästinensische und jüdische politische Gewalttäter vor. Und
genauso setzt sie zweierlei Maßstäbe an, wenn es darum geht, wer seine
Meinung frei äußern darf und wer nicht.
17 Nov 2015
## AUTOREN
DIR Susanne Knaul
## TAGS
DIR Israel
DIR Schwerpunkt Nahost-Konflikt
DIR Tempelberg
DIR Antideutsche
DIR Israel
DIR Tempelberg
DIR Israel
DIR Israel
DIR Schwerpunkt Nahost-Konflikt
DIR Schwerpunkt Nahost-Konflikt
## ARTIKEL ZUM THEMA
DIR Rechts-Links: „Man muss aufpassen“
Alexandra Werwath diskutiert mit Anetta Kahane und Marieluise Beck über den
Umgang mit dem, was als neue Querfront gilt
DIR Rechtsnationale Kampagne in Israel: Hetze gegen kritische Gruppen
Ex-Soldaten, Menschenrechts- und Friedensgruppen werden in Israel
angefeindet. Sie sollen so zum Schweigen gebracht werden.
DIR Gewaltausbrüche in Palästina: Zwei Messerstecher getötet
Bei Angriffen auf Israelis sind zwei Palästinenser von israelischen
Sicherheitskräften erschossen worden. Beide hatten Israelis mit einem
Messer attackiert.
DIR Angriff in Tel Aviv: Zwei Tote bei Messerattacke
Ein Palästinenser ersticht zwei Männer vor einem jüdischen Gebetsraum. Es
ist der zweite Übergriff in der Stadt seit Beginn der jüngsten
Anschlagswelle.
DIR Verbot in Israel: Islamische Bewegung in Schockstarre
Die israelische Regierung macht einen Teil der Islamischen Bewegung für die
Hetze verantwortlich. Gegen das Verbot soll gestreikt werden.
DIR Produkte aus israelischen Siedlungen: Aus Boykott mach „Buy-cott“
Manche Europäer freuen sich über Etiketten, die Aufschluss über in den
Siedlungen gefertigte Produkte geben. Sie kaufen diese Waren ganz gezielt.
DIR Anschlag im Westjordanland: Palästinenser tötet zwei Israelis
Erneut greift ein Palästinenser Israelis an. Ministerpräsident Netanjahu
verspricht nach den tödlichen Schüssen, den Mörder zu finden.