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       # taz.de -- Kolumne Press-Schlag: Zeit für die Systemfrage
       
       > DFB-Präsident Wolfgang Niersbach zögert seinen Rücktritt hinaus. Denn
       > weder der Verband noch die Politik übt Druck auf ihn aus.
       
   IMG Bild: Der unentschlossene Wolfgang Niersbach grübelt: Soll ich oder soll ich nicht?
       
       Entschlossenheit war noch nie die Stärke von Wolfgang Niersbach. Während
       schon längst über seine Nachfolger spekuliert wird, hat sich der
       DFB-Präsident in seine Privatgemächer verschanzt und zupft vermutlich immer
       noch Gänseblümchenblätter. „Ich trete zurück, ich trete nicht zurück, ich
       trete zurück …“
       
       Dass Niersbach nach seiner Desinformationspolitik und einer offenkundigen
       Falschaussage, er habe erst im Sommer vom ominösen Privatkredit an den DFB
       erfahren, nicht mehr im Amt zu halten ist, müsste den meisten klar sein.
       Umso erstaunlicher ist die Unentschlossenheit, mit der man ihm innerhalb
       des Verbandes begegnet. Zwar hat der DFB ein Interesse daran, die Schuld zu
       individualisieren. So hob man in einer Erklärung nach der Razzia der
       Steuerfahnder hervor, man sei nicht Beschuldigter des Verfahrens. Aber alle
       wissen nur zu gut, die Probleme sind struktureller Art.
       
       Drei, vier Personen an der Spitze des größten Sportverbandes der Welt
       konnten einen wie auch immer gearteten krummen Deal auskungeln, ohne dass
       sie dabei gestört wurden. Die Frage nach der persönlichen Verantwortung ist
       eigentlich sekundär. Ähnlich wie im Fall der Fifa-Skandale stellt sich
       zuvorderst die Systemfrage.
       
       An Grundsätzlichem will jedoch keiner rühren. Beispielhaft dafür ist auch
       die politische Aufklärungsarbeit. Weil der ehemalige Innenminister Otto
       Schily, der in die damalige WM-Bewerbung mit eingespannt wurde, dem
       Sportausschuss des Bundestages aus Termingründen absagte, und Niersbach
       lieber daheim bleiben mochte, wurde Claudia Roth von den Grünen am Mittwoch
       als Expertin eingeladen.
       
       Wie sie zu der Ehre kam, war Roth selbst schleierhaft. Eine Verbindung zum
       DFB soll aber nicht verschwiegen werden: Von 2011 bis 2013 war sie
       Beauftragte für Umwelt- und Klimaschutz in der DFB-Kommission
       Nachhaltigkeit. Was sie zur Aufklärung des DFB-Skandals beitragen konnte,
       wurde bislang nicht bekannt.
       
       Aufseiten der politischen Aufklärer saß indes der CDU-Bundestagsabgeordnete
       Wolfgang Grindel, der zugleich DFB-Schatzmeister und Nachfolgekandidat von
       Niersbach ist. Die Lobbyisten des Fußballs reüssieren auch als
       Volksvertreter. Sie sind Teil des Systems. Über seine Insiderkenntnisse
       wollte Grindel nicht sprechen. Man müsse die externen Untersuchungen
       abwarten, erklärte er.
       
       5 Nov 2015
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Johannes Kopp
       
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