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       # taz.de -- Maritime Meile: Ende eines Missverständnisses
       
       > Weil zu wenig Besucher kommen, soll das Science-Center „Spicarium“ zum
       > Jahresende schließen. In Vegesack gibt es großen Protest dagegen.
       
   IMG Bild: Zu wenige besuchen die maritime Meile in Vegesack.
       
       Bremen taz | Das „Spicarium“ in Vegesack steht vor dem Aus. Also: Offiziell
       beschlossen ist das noch nicht, eine Entscheidung fällt erst am 2.
       Dezember, in der Wirtschaftsdeputation. Doch kaum einer geht davon aus,
       dass jenes Hybrid zwischen Science Center, Schifffahrts- und Stadtmuseum
       noch einmal gerettet wird.
       
       Die Zahlen sprechen seit jeher gegen die „interaktive Ausstellung“, wie sie
       sich selbst nennt: 2012 kamen 8.356 Gäste, 2013 waren es 9.857 und im
       vergangenen Jahr nur 6.596. Macht im Schnitt etwas mehr als 700
       BesucherInnen – im Monat.
       
       Zu wenig, vor allem wenn man von jenen 30.000 Menschen ausgeht, von denen
       einst die Rede war. So viel Gäste wären nötig, damit sich das Spicarium
       selbst trägt. Das aber, das sagt auch SPD-Wirtschaftssenator Martin
       Günthner, war damals eine politisch motivierte Schätzung, um das Projekt
       durchsetzen zu können. Ähnliches lässt sich auch übers Universum oder der
       Botanika sagen – doch beide Institutionen wurden gerettet.
       
       ## „Maritime Meile“ am Ende
       
       Im Falle des Spicariums ist das Ende schon im rot-grünen Koalitionsvertrag
       besiegelt: Es wird geschlossen, steht da, „es sei denn,
       Denkmalschutzauflagen oder Rückzahlungsverpflichtungen stehen dem
       entgegen“. 150.000 Euro im Jahr an Zuschuss sollen so gespart werden. Weil
       aber Bürgermeister Carsten Sieling (SPD) nach der Wahl – „ganz bewusst“ –
       lieber von einem „Prüfauftrag“ sprach, ist die Überraschung in Bremen-Nord
       nun umso größer. Die Akteure rund um die „Maritime Meile“ protestieren
       heftig gegen die drohende Schließung.
       
       Die zieht sich von der ehemaligen Vulkan-Werft bis hin zum Anleger des
       Schulschiffs „Deutschland“ und wurde einst mit vier Millionen Euro
       gefördert. Ohne Spicarium bleibt kaum mehr etwas von dem Tourismus-Projekt,
       denn auch die „Gläserne Werft“, auf der die Hansekogge nachgebaut wurde,
       ist schon lange dicht. Ohne dass sie je eine neue Nutzung gefunden hätte.
       
       ## „Schwer nachvollziehbar“
       
       Es sei „schwer nachvollziehbar“, dass auch das Spicarium nun dicht machen
       soll, sagt der frühere FDP-Wirtschaftssenator Claus Jäger, der sich heute
       für die „Deutschland“ engagiert. 10.000 Leute kommen jährlich auf den
       Dreimaster, der „mehr Beachtung verdient“ hätte, wie Jäger findet.
       
       Wenn jetzt auch noch das Spicarium fehlt, sagt er, „hat das Auswirkungen
       auf alle“ in Vegesack. „Unbedacht“ nennt er die Entscheidung, zumal es noch
       keine Pläne gebe, was mit dem 200 Jahre alten Speicher, der Keimzelle der
       Vulkan-Werft, nun passieren soll. „Es laufen Gespräche“, heißt es im
       Wirtschaftssressort. Das Problem: Der Denkmalschutz verlangt, dass das Haus
       weiter öffentlich zugänglich ist.
       
       Ob die 150.000 Euro wirklich gespart werden, ist noch offen, glaubt auch
       Rolf Noll vom Museumshafen: „Das ist eine Milchmädchenrechnung“. Ohne
       Spicarium seien die übrigen Investitionen in die Maritime Meile „in den
       Sand gesetzt“. Er vermutet andere Motive hinter den Plänen: „Das wird
       gestrichen, weil es bequem ist“, sagt Noll – und Vegesack am Rande liege.
       
       Im Beirat stimmten bis auf Die Linke alle für den Erhalt des Spicariums.
       „Der Koalitionsvertrag ergibt hier keinen Sinn“, so Ortsamtsleiter Heiko
       Dornstedt (SPD). Er hat noch Hoffnung: „Es gibt keinen Plan B.“
       
       Die grüne Fraktionschefin Maike Schäfer, die selbst in Vegesack wohnt, will
       lieber „in Events und Aufenthaltsqualität“ investieren. Das Spicarium habe
       „keine Ausstrahlungskraft“ über Vegesack hinaus: „Es hat die Erwartungen
       nie erfüllt.“
       
       20 Nov 2015
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Jan Zier
       
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