URI: 
       # taz.de -- Versuchter Anschlag vor 20 Jahren: In Venezuela Asyl beantragt
       
       > 1995 scheiterte der Anschlag auf ein Abschiebegefängnis. Drei Verdächtige
       > werden noch verfolgt. Mit Spitzfindigkeiten wird die Verjährungsfrist
       > umgangen.
       
   IMG Bild: Abschiebegefängnis in Berlin-Grünau kurz vor der offiziellen Freigabe im Jahre 2003.
       
       Berlin taz | Auch 20 Jahre nach dem Abtauchen dreier Berliner militanter
       Linker hält die Bundesanwaltschaft (BAW) an deren Strafverfolgung fest.
       Erneut luden die Ermittler jetzt eine Person vor, die Auskunft über den
       Verbleib der Männer geben soll, die in den neunziger Jahren zwei Anschläge
       verübt oder geplant haben sollen. Die Solidaritätsgruppe „Dageblieben“
       fordert die sofortige Einstellung des Verfahrens: Der Fall sei verjährt.
       
       Die Bundesanwaltschaft wirft Peter Krauth, Thomas Walter und Bernhard
       Heidbreder vor, als Mitglieder der Gruppe D.A.S. K.O.M.I.T.E.E. für einen
       Brandanschlag im Oktober 1994 auf das Kreiswehrersatzamt in Bad Freienwalde
       verantwortlich zu sein. Zudem sollen sie im April 1995 versucht haben, das
       im Bau befindliche Abschiebegefängnis in Berlin-Grünau in die Luft zu
       sprengen. Die Aktion, die sich gegen die deutsche Asylpolitik richten
       sollte, scheiterte, weil das Fahrzeug samt Bombe vorzeitig entdeckt wurde.
       Die drei tauchten daraufhin ab.
       
       Fast 20 Jahre lang tappten die Ermittler im Dunkeln, obwohl massiv Freunde
       der Beschuldigten observiert und Telefone abgehört wurden. Zahlreiche
       Zeuginnen und Zeugen wurden vorladen und ihnen Beugehaft angedroht, wenn
       sie keine Angaben machten. 2014 hatten die Fahnder Erfolg: Heidbreder wurde
       in Venezuela festgenommen. Die venezolanischen Behörden beschlossen jedoch
       vor Kurzem, den 54-Jährigen nicht nach Deutschland auszuliefern. Heidbreder
       hat nun dort Asyl beantragt. Nach den anderen beiden fahndet das BKA
       weiterhin.
       
       Nach Meinung der Bundesanwälte sind die Vorwürfe nicht verjährt. „Da das
       Verfahren mehrmals unterbrochen wurde, kann sich die Frist von 20 Jahren
       auf bis das Doppelte erhöhen“, erklärte ein Sprecher. Doch die juristische
       Interpretation ist umstritten. Verfolgt wird sowieso nur noch die
       gescheiterte Berliner Aktion, da der Anschlag in Bad Freienwalde zu lange
       zurückliegt. Doch auch hier ist der Straftatbestand der Vorbereitung
       verjährt: Die BAW kann sich nur auf den Vorwurf der Verabredung einer Tat
       berufen.
       
       Ob ein Gericht der eigenwilligen Interpretation der Bundesanwälte folgt,
       wird erst ein rechtskräftiges Urteil zeigen. „Es kann nicht sein, dass die
       Vorbereitung einer Tat schneller verjährt als die zeitlich früher liegende
       Verabredung zu der Aktion“, kritisiert die Rechtsanwältin Undine Weyers das
       Vorgehen. Das Verfahren könnte längst eingestellt werden. Stattdessen, so
       ergänzt die Solidaritätsgruppe, klammere man sich „mit Spitzfindigkeiten an
       einem Paragrafen, der erst nach 40 Jahren eine absolute Verjährung
       garantiert“.
       
       22 Nov 2015
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Wolf-Dieter Vogel
       
       ## TAGS
       
   DIR Anschlag
   DIR Abschiebe-Gefängnis
   DIR Staatsanwalt
   DIR Verjährung
   DIR Lesestück Recherche und Reportage
   DIR Autonome
   DIR Autonome
   DIR Autonome
   DIR Verjährung
   DIR Anschlag
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Linksradikale Gruppe K.O.M.I.T.E.E.: Einmal Terrorist, immer Terrorist?
       
       Ein Abschiebeknast war 1995 Anschlagsziel Linskradikaler. Die Verdächtigen
       tauchten in Venezuela ab. Ein Besuch.
       
   DIR Kommentar Verfolgung Linksautonomer: Beinahe lebenslänglich
       
       Ein misslungener Anschlag, namentlich bekannte flüchtige Täter: Dass noch
       nach 21 Jahren deren Umfeld im Visier steht, ist politische Absicht.
       
   DIR Anschlagsversuch vor 21 Jahren: Drohung mit Beugehaft
       
       1995 versuchten Autonome, das Abschiebegfängnis in Berlin-Grünau zu
       sprengen. Weiterhin ist das Umfeld der Verdächtigen Repressionen
       ausgesetzt.
       
   DIR Verfolgung linker Autonomer: Auch nach 21 Jahren keine Ruhe
       
       Autonome scheiterten 1995 mit einem Anschlag. Noch immer wollen die
       Ermittler sie schnappen. Ihre Anwälte legen nun Verfassungsklage ein.
       
   DIR Deutscher Linker in Venezuela: In Freiheit, nicht in Sicherheit
       
       Venezuela hat den deutschen Linksradikalen Bernhard Heidbreder aus dem
       Gefängnis entlassen. Nun hofft er auf Asyl in Südamerika.
       
   DIR Geflüchteter Linksradikaler: Hoffnung auf Asyl in Venezuela
       
       20 Jahre lang war ein militanter Linker abgetaucht. Das BKA fand ihn in
       Venezuela. Doch das Land lehnt eine Auslieferung ab.