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       # taz.de -- Anschlag auf das Bataclan in Paris: Kaum ein zufälliges Ziel
       
       > Das Konzert der Eagles of Death Metal in Paris war möglicherweise mit
       > Bedacht als Ziel ausgewählt. Die Band ist sehr offen proisraelisch.
       
   IMG Bild: Jesse Hughes von den Eagles of Death Metal bei einem Konzert in Chicago.
       
       Es wirkte so, als seien einfach nur Menschen zur falschen Zeit am falschen
       Ort gewesen. Als sei die Wahl auf den Veranstaltungsort Bataclan im 11.
       Arrondissement in Paris als Anschlagsziel Freitagnacht willkürlich gewesen,
       als habe es eben zufällig die Fans der US-Band erwischt, die dort an diesem
       Abend spielte: Eagles of Death Metal. Bei deren Konzert sind wohl um die
       100 Menschen getötet worden, viele schweben noch in Lebensgefahr.
       
       Die Version eines willkürlich gewählten Anschlagsortes dürfte ziemlich
       schnell obsolet werden, denn die Location scheint gezielt ausgewählt worden
       zu sein. Das Bataclan, das bereits seit 1865 besteht und mit
       Vaudeville-Komödien begann, wurde bis vor zwei Monaten über Jahrzehnte von
       jüdischen Eigentümern geführt, wie mehrere israelische Medien berichten.
       Bis im September habe es auch regelmäßig proisraelische Veranstaltungen
       gegeben.
       
       Eine jährliche Gala zugunsten des israelischen Grenzschutzes Magav hat
       offenbar häufiger dort stattgefunden, das Bataclan sei auf dem Radar
       antizionistischer Bewegungen gewesen. Le Monde berichtet, schon 2011 habe
       eine Terrorgruppe auf den Veranstaltungsort einen Anschlag verüben wollen.
       
       Ebenso sind die Eagles of Death Metal, die 1998 von
       Queens-of-the-Stone-Age-Sänger Josh Homme und Gitarrist Jesse Hughes ins
       Leben gerufene kalifornische Rockband, wohl bewusst in den Fokus der
       Terroristen gerückt. So berichtete die Jerusalem Post kürzlich von einem
       Konzert in Tel Aviv, bei dem Eagles-of-Death-Metal-Frontmann Jesse Hughes
       seine Solidarität mit Israel kundgetan hatte: „Einen Ort wie diesen würde
       ich nie boykottieren!“ Er fügte hinzu: „Ich habe mich nie zuvor so zu Hause
       gefühlt wie hier!“
       
       ## „Fuck you“
       
       Pink-Floyd-Mitglied Roger Waters, Unterstützer der antiisraelischen
       Initiative Boycott, Divestment and Sanctions (BDS), die sogar bekannten
       Israel-Kritikern wie Noam Chomsky zu radikal ist, habe demnach der Band
       eine böse Mail geschrieben, weil sie in Israel auftraten. Hughes sagte bei
       dem Konzert in Jerusalem, er habe Waters mit nur zwei Wörtern geantwortet –
       diese dürften gelautet haben: „Fuck you.“
       
       In Interviews nennt Hughes sich einen „frommen Christen“, sagt, er sei ein
       „big ol redneck boy“ gewesen und habe Reden für die Republikaner
       geschrieben. Im Übrigen liebe er Reagan und hasse Kommunismus. Ob die
       Aussagen Hughes’ für bare Münze zu nehmen sind, ist mehr als fraglich.
       
       Aber wer ist diese Band eigentlich? Der Bandname verheißt Travestie: Eagles
       of Death Metal, eine Verbindung aus dem wässrigsten Mainstream der
       Siebziger, der kalifornischen Softrock-Band Eagles und dem
       Hard-’n’-Heavy-Genre Death Metal, das gern auch mal in satanistischen
       Gefilden wildert. Mit der Musik ihres Namens hat das kalifornische Quartett
       Eagles of Death Metal allerdings so gar nichts zu tun. Es zitiert ausgiebig
       Blues und Boogierock, aber auch Rockabilly. Man spielt Harakiri mit
       Rollenbildern und machistischen Images von Heavy Metal und den bekannten
       Chorknaben des Rock.
       
       ## Die Party-Animals
       
       Die Band um den Gitarristen Josh Homme, der wie häufig bei Liveauftritten
       der Band nicht mit in Paris war (und dessen Band Queens of the Stone Age
       weitaus erfolgreicher ist), und Sänger und Gitarrist Hughes wurde mit der
       Stoner-Rock-Welle der nuller Jahre nach oben gespült. Und sie vermarktet
       sich seither sehr schlau als „Nebenherprojekt“, zu dem die beteiligten
       Musiker, die alle noch in Solokarrieren und anderen Bands verstrickt sind,
       von Fall zu Fall etwas beitragen. Nicht nur in den Texten, auch im Umgang
       mit Fans und Medien inszeniert man sich als Party-Animals. Eagles of Death
       Metal sind Kalifornier mit dem Sinn für Ausschweifung, aber auch sofort
       erkennbaren Lyrics und Riffs.
       
       Anfang Oktober hat die Band ihr viertes Album, „Zipper Down“,
       veröffentlicht. Seit dem letzten Album waren vier Jahre vergangen. In einem
       Interview mit dem US-Rolling Stone antwortete Josh Homme vor Kurzem auf die
       Frage nach der langen Pause mit dem bemerkenswerten Satz: „Wir haben
       kapiert, dass das Fehlen von Eagles-of-Death-Metal-Musik auch einen
       negativen Beigeschmack für uns bekommt, es gibt alle Arten von Stunk im
       Nahen Osten, und den sind wir leid.“
       
       ## Tour abgesagt
       
       Ob das Werk eine Antwort auf den Terrorismus ist, wollte der Reporter des
       Rolling Stone wissen. Homme bejahte und schob sarkastisch hinterher, durch
       die Veröffentlichung ihres neuen Albums würden die Menschenrechte weltweit
       geachtet; der Welt erginge es besser, die Menschen würden mehr Geld
       verdienen, Frauen und Homosexuelle besser behandelt werden, wenn „Zipper
       Down“ überall liefe. „Deshalb dachten wir, jetzt wäre es an der Zeit, dass
       der Heilungsprozess endlich beginnt.“
       
       Alle Musiker der Band haben die mörderischen Ereignisse am Freitagabend im
       Bataclan überlebt, weil sie sich rasch hinter die Bühne retten konnten,
       während ihr Merchandising-Mann Nick Alexander erschossen wurde. Unter den
       Toten ist auch Musikjournalist Guillaume B. Decherf, der noch im Oktober
       das Album der Band rezensierte. Nach dem Massaker hat die kalifornische
       Rockband ihre Europa-Tournee abgebrochen. Alle Auftritte der Tour, die sie
       auch nach Köln, München, Bremen und Wien führen sollte, wurden abgesagt.
       
       Update: In einer früheren Version dieses Textes hieß es, zu Death Metal
       wären in Skandinavien Kirchen angezündet worde. Diese Tradition ist jedoch
       Fans des Black Metal vorbehalten.
       
       14 Nov 2015
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Jens Uthoff
   DIR Julian Weber
       
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