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       # taz.de -- Ermittlungen nach den Anschlägen: Sieben Festnahmen in Belgien
       
       > Nach den Terroranschlägen in Paris hat die Polizei in Belgien insgesamt
       > sieben Verdächtige festgenommen. Dazu wurde in Frankreich ein Tatfahrzeug
       > gefunden.
       
   IMG Bild: In Belgien werden bei einer Razzia in Brüssel mehrere Menschen festgenommen.
       
       Berlin/Paris afp/dpa/ap | In die Anschläge von Paris waren nach
       Ermittlerangaben womöglich drei Brüder verwickelt, von denen einer auf der
       Flucht sein könnte. Bei einem der Brüder handle es sich um einen der
       Selbstmordattentäter, während sich ein zweiter derzeit in Belgien in
       Polizeigewahrsam befinde, verlautete am Sonntag aus Ermittlerkreisen in der
       französischen Hauptstadt. Unklar sei, ob er an der Anschlagsserie beteiligt
       war.
       
       Der dritte Bruder sei bislang unauffindbar, verlautete aus den
       Ermittlerkreisen. Er könne als Selbstmordattentäter ums Leben gekommen sein
       oder sich auf der Flucht befinden.
       
       Nach den Terroranschlägen in Paris hat die Polizei in Belgien insgesamt
       sieben Verdächtige festgenommen. Sie stünden in Verbindung mit den
       Anschlägen, teilten die Behörden am Sonntag mit. Damit könnte sich die
       Annahme verdichten, dass die Attentäter von Paris weitere Komplizen hatten.
       Einzelheiten waren zunächst nicht bekannt.
       
       Zudem stellten Ermittler am Sonntagmorgen ein Auto östlich von Paris
       sicher. In dem Auto sind Kalaschnikow-Schnellfeuergewehre gefunden worden.
       Das verlautete am Sonntag aus Justizkreisen.
       
       Unklar ist, ob der oder die Täter weiter auf der Flucht sind, oder bereits
       am Samstag in Belgien gefasst wurden. Die Massaker mit 129 Todesopfern und
       mehr als 350 Verletzten vom Freitagabend waren nach ersten Ermittlungen
       eine minutiös koordinierte Kommandoaktion von Anhängern der Terrormiliz
       Islamischer Staat (IS).
       
       Der sichergestellte schwarze Seat soll laut Ermittlern von den Terroristen
       benutzt worden sein, die vor mehreren Cafés und Restaurants im Zentrum von
       Paris wahllos Menschen erschossen.
       
       Die Attacken wurden von einer noch unbekannten Zahl islamistischer
       Attentäter verübt. Die drei Terrorkommandos schlugen an sechs Orten in der
       französischen Hauptstadt nahezu gleichzeitig zu, schossen auf Menschen in
       Cafes und Restaurants, in der Konzerthalle „Bataclan“ und sprengten sich
       während des Länderspiels Frankreich gegen Deutschland in der Nähe des
       Stadions in die Luft. Ein Terrorist wurde von der Polizei erschossen, die
       anderen zündeten ihre Sprengstoffgürtel. Zunächst war von acht getöteten
       Attentätern die Rede gewesen.
       
       Ermittler nahmen weitere Angehörige der getöteten Selbstmordattentäter aus
       dem Konzertsaal „Bataclan“ in Polizeigewahrsam, wie der französische
       Fernsehsender BFMTV am Sonntag berichtete. Dort hatten die Angreifer
       während eines Konzerts mindestens 80 Menschen getötet.
       
       ## „Hauptstadt der Unzucht und Laster“
       
       Womöglich wollten die Attentäter sogar ein noch größeres Blutbad anrichten.
       Nach einem Bericht des Wall Street Journal könnte ein Anschlag direkt in
       dem mit knapp 80.000 Fans besetzten Stadion geplant gewesen sein, in dem
       die deutsche Fußball-Nationalmannschaft gegen Frankreich spielte. Die
       Attentäter zündeten während des Spiels mehrere Sprengsätze in der Nähe des
       Stade de France, einer hatte vergeblich versucht, ins Stadion zu gelangen.
       
       Frankreichs Präsident François Hollande sprach von einem „Kriegsakt“ des IS
       und kündigte „angemessene Entscheidungen“ an. Premierminister Manuel Valls
       sagte am Samstagabend dem Sender TF1: „Ja, wir sind im Krieg.“ Frankreich
       werde handeln, um diesen Feind zu zerstören. „Wir ergreifen daher
       außergewöhnliche Maßnahmen. Und diesen Krieg werden wir gewinnen“, schrieb
       Valls auf Twitter.
       
       Im Internet war eine zunächst nicht verifizierbare Erklärung aufgetaucht,
       in der sich der IS zu den Anschlägen bekennt. Darin hieß es: „Eine treue
       Gruppe der Armee des Kalifats (...) griff die Hauptstadt der Unzucht und
       Laster an.“ Frankreich wird außerdem angedroht: „Dieser Überfall ist nur
       der erste Tropfen Regen und eine Warnung.“
       
       Der Pariser Staatsanwalt François Molins sagte, die Terroristen hätten bei
       ihren Taten Syrien und Irak erwähnt und seien in getrennten Kommandos
       vorgegangen. „Wahrscheinlich sind es drei koordinierte Teams von
       Terroristen, auf die diese Barbareien zurückgehen.“ Die Attentäter
       benutzten Sturmgewehre des Typs Kalaschnikow. Außerdem hätten sie die
       absolut gleiche Art von Sprengstoffwesten getragen, sagte Molins – „darauf
       ausgelegt, ein Maximum an Opfern zu erzeugen durch den eigenen Tod“.
       
       ## Vater und der Bruder in Gewahrsam
       
       Im Irak und in Syrien beherrscht der IS große Gebiete. Frankreich fliegt
       Angriffe gegen Stellungen der Extremisten. Das Weiße Haus teilte mit,
       Sicherheitsberater von Präsident Barack Obama sähen nichts, was der
       französischen Einschätzung widersprechen würde, dass der IS für die
       Terrorserie verantwortlich sei.
       
       Der Vater und der Bruder eines Attentäters aus dem „Bataclan“ wurden am
       Samstagabend in Gewahrsam genommen, wie die französische Nachrichtenagentur
       AFP unter Berufung auf Ermittlungskreise meldete. Der Bruder des
       29-jährigen Attentäters lebt demnach in einem Ort südlich von Paris, der
       Vater gut 100 Kilometer weiter östlich.
       
       Die Anschläge sind die schlimmste Terrorserie in Europa seit mehr als zehn
       Jahren. Im März 2004 waren bei mehreren Anschlägen auf Züge in Madrid 191
       Menschen getötet und annähernd 2000 verletzt worden – auch diese Anschläge
       gingen auf das Konto islamistischer Terroristen.
       
       Die Anschläge von Paris ereigneten sich nur zehn Monate nach dem Attentat
       auf die Satirezeitung „Charlie Hebdo“. Das Auswärtige Amt hatte auch am
       Sonntagmorgen noch keine Gewissheit darüber, ob unter den Opfern auch
       Deutsche sind.
       
       In Belgien wurden bei einer Razzia der Polizei im Brüsseler
       Einwanderer-Stadtteil Molenbeek mehrere Menschen festgenommen. Einer soll
       am Freitagabend in der französischen Hauptstadt gewesen sein. Details
       nannte die Staatsanwaltschaft nicht. Die Pariser Behörden hätten in vier
       konkreten Fällen um Amtshilfe gebeten. Unter anderem sei es dabei um
       Informationen zu einem in Belgien angemeldeten Mietwagen gegangen, der in
       der Nähe des Pariser „Bataclan“ gefunden wurde.
       
       ## Bezüge nach Deutschland
       
       Bei einem der Attentäter von Paris wurde ein syrischer Pass gefunden,
       berichtete afp unter Berufung auf Polizeikreise. Nach offiziellen Angaben
       aus Athen soll er Anfang Oktober als Flüchtling aus der Türkei nach
       Griechenland gekommen sein.
       
       Die deutschen Behörden gehen nach Angaben von Bundesinnenminister Thomas de
       Maizière mit Hochdruck möglichen Bezügen nach Deutschland nach. Der
       CDU-Politiker verwies auf den Fall eines 51 Jahre alten Autofahrers, der
       möglicherweise auf dem Weg nach Paris vor gut einer Woche in Oberbayern mit
       einem großen Waffen-Arsenal aufgeflogen war. Der Fall werde gerade
       aufgeklärt, betonte der Minister nach einer Krisensitzung im Kanzleramt.
       
       „Es gibt einen Bezug nach Frankreich, aber es steht nicht fest, ob es einen
       Bezug zu diesem Anschlag gibt.“ De Maizière betonte, die Lage sei ernst:
       „Auch Deutschland steht unverändert stark im Fadenkreuz des internationalen
       Terrorismus.“
       
       In Deutschland werden die Sicherheitsmaßnahmen ausgeweitet. Es werde in den
       nächsten Tagen eine für die Bürger sichtlich erhöhte Polizeipräsenz geben,
       kündigte Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) am Samstagabend in der
       ZDF-Sendung „Maybrit Illner Spezial“ an.
       
       ## Immer wieder falscher Alarm
       
       In Frankreich alarmieren nervöse Bürger die Polizei, weil sie Explosionen
       hörten oder glauben, Männer mit Kalaschnikow gesehen zu haben. Letztlich
       erweisen sich die Warnungen aber als unbegründet oder als harmlose Böller
       oder geplatzte Reifen. „Verbreitet nicht und leitet keine falschen
       Informationen oder falschen Gerüchte weiter“, bat die Pariser Polizei am
       Samstag im Internetdienst Twitter die Bürger.
       
       Am Samstagmorgen machten Gerüchte über „Schüsse“ und „Explosionen“ in dem
       östlichen Vorort Bagnolet die Runde, doch bei Nachforschungen stellte die
       Polizei fest, dass es sich um Böller bei einer Hochzeitsfeier handelte.
       „Wir haben ihnen gesagt, sie sollten aufhören“, erklärte die Polizei. Auf
       der Autobahn nahe dem Flughafen Roissy wurde ebenfalls die „Explosion“
       eines Lasters gemeldet, doch stellte sich heraus, dass lediglich ein Reifen
       geplatzt war.
       
       Besonders beunruhigend waren Berichte über ein Auto mit vier „bärtigen“
       Männern an Bord, das eine Absperrung durchbrochen habe und Richtung Paris
       unterwegs sei. Auf Twitter ist von einer Explosion und einer
       Verfolgungsjagd mit der Polizei die Rede – doch am Ende erwies sich alles
       als falsch. Auch in Saint-Mandé im Osten ging die Polizei Meldungen über
       einen bewaffneten Mann nach, aber auch hier: falscher Alarm. Am Abend
       schließlich sorgte ein Polizeieinsatz am Eiffelturm für Aufregung, doch die
       Beamten intervenierten nur wegen einer lauten Party.
       
       15 Nov 2015
       
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