URI: 
       # taz.de -- Syrien-Konferenz in Wien: Ein Fahrplan für die Zukunft
       
       > Die Dringlichkeit für die Suche nach einer politischen Lösung in Syrien
       > nimmt zu. Viele Punkte bleiben offen, darunter auch die Zukunft von
       > Assad.
       
   IMG Bild: Die Anschläge von Paris hätten die Entschlossenheit verstärkt, in Syrien voranzukommen, heisst es auf der Konferenz
       
       Genf taz | Unter dem Eindruck der Terroranschläge von Paris haben sich die
       USA, Russland, Iran, Saudi-Arabien und 13 weitere Staaten am Wochenende in
       Wien schneller als erwartet auf einen Fahrplan für die Beendigung des
       Bürgerkrieges in Syrien und einen politischen Neuanfang geeinigt.
       Wesentliche Detailfragen sind allerdings nach wie vor ungeklärt.
       
       Laut dem Fahrplan sollen Vertreter der Regierung von Baschar al-Assad und
       diversen Oppositionsgruppen bis Ende des Jahres eine Verhandlungskommission
       bilden und spätestens am 1. Januar zu einer ersten Verhandlungsrunde
       zusammenkommen. Binnen sechs Monaten soll dann in Damaskus eine mit
       Vertretern beider Seiten besetzte „glaubwürdige, integrative und nicht
       sektiererische Übergangsregierung“ installiert werden. Ihre wichtigste
       Aufgabe wäre, innerhalb weiterer maximal zwölf Monate eine neue Verfassung
       für Syrien auszuarbeiten. Nach Annahme der Verfassung durch eine
       Volksabstimmung sollen dann – laut vereinbartem Fahrplan also Mitte 2017 –
       Präsidentschafts- und Parlamentswahlen stattfinden.
       
       Als Koordinator für die Umsetzung des Fahrplans wurde der UNO-Vermittler
       Staffan de Mistura bestimmt, der in den kommenden Wochen in Vorgespräche
       mit den innersyrischen Konfliktparteien die Voraussetzungen für den Beginn
       von Verhandlungen ab 1. Januar schaffen soll. Wesentliche Voraussetzung für
       diesen politischen Prozess ist laut Fahrplan ein „landesweiter
       Waffenstillstand“ in Syrien.
       
       Unter Verweis auf die Terroranschläge von Paris betonten die
       Konferenzteilnehmer in ihrem Abschlusskommuniqué zudem die „Notwendigkeit“,
       die Extremistenmiliz „Islamischer Staat“ militärisch zu besiegen. „Die
       Auswirkungen dieses Krieges fließen in alle unsere Länder“, erklärte
       US-Außenminister John Kerry. „Es ist Zeit, das Blutvergießen in Syrien zu
       stoppen.“ Laut Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier erscheint „ein
       Waffenstillstand vorerst zwar utopisch“. Die Anschläge von Paris hätten
       aber die Entschlossenheit verstärkt, in Syrien voranzukommen.
       
       ## Der „landesweite Waffenstillstand“
       
       Umstritten ist auch, welche Konfliktbeteiligte außer dem IS als Terroristen
       eingestuft und von dem Verhandlungsprozess ausgeschlossen werden sollen und
       welche Oppositionsgruppen ab 1. Januar am Verhandlungstisch mit der
       Regierung sitzen sollen. Präsident Assad, der sämtliche gegnerischen
       Konfliktakteure pauschal als „Terroristen“ brandmarkt, steht mit dieser
       Haltung zwar isoliert da. Aber auch Russland und Iran wollen die
       Nusra-Front, den syrischen Al-Qaida-Ableger, sowie weitere islamistische
       Milizen auf den Terrorindex setzen. Diese Milizen werden von Saudi-Arabien,
       Katar, der Türkei sowie zum Teil auch von den USA als Verbündete
       betrachtet, die an den Verhandlungen zu beteiligen seien.
       
       Der „landesweite Waffenstillstand“ soll laut US-Außenminister Kerry nicht
       für den IS gelten, der weiter militärisch bekämpft werden soll. Dieselbe
       Position vertrat auch Russlands Außenminister Sergei Lawrow auf einer
       gemeinsamen Pressekonferenz mit Kerry. Wie ein „landesweiter
       Waffenstillstand“ möglich ist bei fortgesetzten militärischen Angriffen auf
       eine Konfliktpartei, die rund die Hälfte des Landes kontrolliert, konnten
       die beiden Außenminister nicht erklären.
       
       Über die künftige Rolle Assads schweigt sich der vereinbarte Fahrplan aus.
       In dieser Frage gebe es immer noch Meinungsunterschiede, erklärte Kerry auf
       der Pressekonferenz mit Lawrow. Umstritten ist, ob und in welcher Rolle der
       Präsident an den Verhandlungen mit der Opposition und der
       Übergangsregierung teilnimmt. Hinter den Kulissen gibt es allerdings eine
       informelle Verständigung zwischen Washington, Moskau, Riad und Teheran,
       dass Assad bei der geplanten Präsidentschaftswahl Mitte 2017 nicht mehr
       antreten darf. Zu einer entsprechenden Verzichtserklärung ist Assad
       allerdings bislang nicht bereit.
       
       15 Nov 2015
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Andreas Zumach
       
       ## TAGS
       
   DIR Schwerpunkt Syrien
   DIR Baschar al-Assad
   DIR Syrischer Bürgerkrieg
   DIR Genf
   DIR Wien
   DIR Schwerpunkt Syrien
   DIR Schwerpunkt Türkei unter Erdoğan 
   DIR Schwerpunkt Syrien
   DIR Schwerpunkt Syrien
   DIR Beirut
   DIR Schwerpunkt Syrien
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Syrien-Verhandlungen in Genf: Konferenzbeginn mit Hindernissen
       
       Das syrische Oppositionsbündnis ist nach langem Zögern in Genf
       eingetroffen, beharrt aber auf seinen Forderungen und droht mit Abreise.
       
   DIR Porträt Stadträtin Mireille Ntwa Ngosso: Mit Sissi-Filmen sozialisiert
       
       Die SPÖ-Politikerin ist die erste schwarze Bezirksrätin der
       österreichischen Hauptstadt. Ihre Eltern stammen aus Kongo, sie selbst
       sieht sich als Wienerin.
       
   DIR Syrienkonferenz in New York: Assads Regierung die Hand reichen
       
       Die Syrienkonferenz berät am Freitag erneut. Das Ziel: ein
       Waffenstillstand. Dafür soll Syriens Opposition mit Assads Regierung
       verhandeln.
       
   DIR Abschuss von russischem Kampfjet: Höhepunkt einer Auseinandersetzung
       
       Die Türkei schießt einen russischen Kampfjet ab – im Grenzgebiet zu Syrien,
       wo die russische Luftwaffe syrische Turkmenen bombardiert.
       
   DIR Krieg gegen den IS: 116 Tanklastwagen zerstört
       
       Die US-geführte Koalition flog am Sonntag insgesamt 23 Angriffe auf
       Dschihadisten. Zehn davon fanden in Syrien statt, 13 im Irak.
       
   DIR IS im Nordirak in der Defensive: Kurden erobern Sindschar zurück
       
       Nach zweitägigen Gefechten treten die Kämpfer des IS offenbar den Rückzug
       an. Ein Massengrab mit Leichen von Jesidinnen wird gefunden.
       
   DIR Terror im Libanon: Schlag gegen die Hisbollah
       
       Bei einem Doppelanschlag von Selbstmordattentätern in Beirut werden 43
       Menschen getötet. Die Regierung will die Sicherheitsmaßnahmen verstärken.
       
   DIR US-Luftangriff auf IS-Terroristen: „Dschihadi John“ wird bombardiert
       
       Der IS-Terrorist war an mehreren Enthauptungen beteiligt. Nun könnte
       „Dschihadi John“ bei einem Drohnenangriff getötet worden sein.