# taz.de -- Das war die Woche in Berlin II: Security als Watschenmänner
> Die Wachleute vor Flüchtlingseinrichtungen werden derzeit viel
> gescholten. Dabei kriegen sie nur den Frust ab, den die Politik zu
> verantworten hat.
IMG Bild: Wachschützer am Landesamt für Gesundheit und Soziales.
Logisch: Nazimist verbreitende Wachmänner und Securitykräfte, die
Flüchtlinge schlagen, sind inakzeptabel. Sie dürfen weder in
Flüchtlingsunterkünften oder -anlaufstellen noch überhaupt irgendwo
beschäftigt werden. Deshalb ist es natürlich völlig korrekt, dass am
Dienstag ein Wachmann am Lageso wegen seiner rechten Hetze unter anderem
gegen Flüchtlinge gefeuert wurde.
Und doch: Mit welcher Lust derzeit in der Flüchtlingsthematik auf böse
Sicherheitsdienste oder Wachleute mit dem Finger gezeigt wird, kann auch
stutzig machen. Sind etwa sie das Problem?
Nein. Wachleute stehen in der ersten Reihe den geflüchteten Männern,
Kindern und Frauen gegenüber, die, nachdem sie Schreckliches erlebt haben,
hier tage- und wochenlang unter erbärmlichen Bedingungen darauf warten
müssen, untergebracht, versorgt, medizinisch behandelt, eben wie Menschen
in Not empfangen zu werden.
Dass das nicht schnell genug und zudem – etwa Nacht für Nacht am Lageso –
unter menschenunwürdigen Bedingungen geschieht, ist nicht die Schuld der
Security-Leute, sondern die von Behörden und verantwortlichen
PolitikerInnen. Sie versagen dabei, die von ihnen verantworteten Abläufe
reibungslos und zügig durchzuführen und ihre Klientel freundlich und
respektvoll zu behandeln.
Die Wachleute müssen das ausbaden. Sie sind diejenigen, die der Erschöpfung
und Verzweiflung der Neuankömmlinge ausgesetzt sind. Sie sind Zielscheibe
der Wut und Enttäuschung von Menschen, die durch ganz Europa geflüchtet
sind, um hier Sicherheit zu finden, und nun Nacht für Nacht bei Minusgraden
mit Babys auf dem Arm vor einer Behörde warten, die ihnen im besten Fall
ein Bett in einer Flugzeughalle, einen Fahrschein und einen Termin in acht
Wochen geben kann – für den sie im Januar dann wieder ab Mitternacht
anstehen.
Die Wachschützer reagieren wie Menschen: Sie leiden mit, teilen mit
Flüchtlingen Kaffee, Essen, Kleidung, weinen, wechseln den Job – oder
verlieren die Nerven. Das ist so, weil die Zustände, denen sie ausgesetzt
sind, unerträglich sind. Die müssen unbedingt geändert werden. Aber dafür
müssten andere Stellen neu besetzt werden als die der Security. Der Fisch
stinkt wie immer vom Kopf her.
28 Nov 2015
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DIR Alke Wierth
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