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       # taz.de -- NBA-Ikone kündigt Rücktritt an: „Es ist Zeit, Lebewohl zu sagen“
       
       > Kobe Bryant hat der Schwerkraft immer wieder ein Schnippchen geschlagen.
       > Nach dieser NBA-Saison will er, 37-jährig, aufhören.
       
   IMG Bild: Wird als Star verabschiedet: Kobe Bryant von den Lakers.
       
       Jetzt, zum Abschied, entpuppt er sich auch noch als Lyriker. Es ist ein
       Gedicht, mit dem Kobe Bryant seinen Abschied vom Leistungssport verkündet
       hat. „Dear Basketball“ beginnen die literarisch nicht allzu wertvollen,
       aber dafür angemessen pathetischen Verse, in denen der NBA-Star seine Liebe
       zu dem Sport beschreibt, der ihn zu einer Ikone gemacht hat und warum er am
       Ende dieser Saison aufhören wird: „Mein Körper weiß, es ist Zeit, Lebewohl
       zu sagen.“
       
       Der mittlerweile 37-jährige Bryant hat alles gewonnen, was man gewinnen
       kann: Fünf Mal mit den Los Angeles Lakers die NBA-Meisterschaft, zwei Mal
       olympisches Gold mit der US-Nationalmannschaft, zuletzt in London. Er war
       Weltmeister und wurde zum wertvollsten Spieler der NBA gekürt.
       
       2006 erzielte der Shooting Guard in einem einzigen Spiel sagenhafte 81
       Punkte. Eine Leistung, die nicht einmal einem Michael Jordan gelungen war
       und nur übertroffen wird von Wilt Chamberlains legendärem 100-Punkte-Spiel
       von 1962.
       
       Es geht also eine glorreiche Karriere zu Ende – aber die glorreiche
       Karriere eines umstrittenen Stars. Für manche ist er der beste
       Basketballspieler aller Zeiten, andere Experten listen ihn noch nicht
       einmal in den Top Ten. 2003 wurde gegen Bryant wegen Vergewaltigung
       ermittelt, die Anklage aber dann mangels Beweisen fallen gelassen.
       
       Ansonsten aber verlief seine Karriere weitgehend skandalfrei, sein Image
       litt eher wegen seines Verhaltens auf dem Platz. Sein Spiel war eine
       Augenweide, nahezu schwerelos, eleganter sogar als das seines großen
       Vorbildes Jordan. Zu seinen besten Zeiten war Bryant eine unwiderstehliche
       Punktemaschine, aber eine bisweilen arg egoistische. Im Bestreben mit
       Jordan gleichzuziehen, neigte Bryant bisweilen dazu, seine Mitspieler zu
       übersehen.
       
       ## Bryants Egotrip
       
       Während der erfolgreichsten Jahre der Lakers war schon ein meisterhafter
       Psychologe wie der damalige Trainer Phil Jackson nötig, um den Egotrip von
       Bryant in Einklang zu bringen mit seinen Mitspielern.
       
       Das Selbstbewusstsein des in Philadelphia geborenen Bryant war früh
       ausgeprägt. Als Sohn eines Basketballprofis verbrachte er nicht nur viele
       Jahre seiner Kindheit in Italien und spricht fließend Italienisch und
       Spanisch, sondern wuchs auch auf im Profizirkus. Als er mit 17 Jahren
       gedraftet wurde, ursprünglich von den Charlotte Hornets, machte er klar,
       dass er allein für seinen Lieblingsverein zu spielen gedenke.
       
       Fünf Tage später war Bryant ein Lakers-Profi – und ist es bis heute
       geblieben. Was den Lakers in den vergangenen Spielzeiten nicht allzu gut
       bekommen ist. Die dümpeln seit Jahren im Tabellenkeller herum – egal, ob
       sie mit oder ohne einen zuletzt immer wieder verletzten Bryant antraten.
       Dass Bryant mit seinem Eigensinn und nicht zuletzt mit seinem Jahresgehalt
       von aktuell 25 Millionen Dollar die Lakers blockiert, scheint nun also auch
       der große Egomane selbst eingesehen zu haben.
       
       ## „Schlechte Trefferquote“
       
       Die Rücktrittserklärung „entlastet mich und alle anderen“, sagte Bryant
       nach der sonntäglichen 103:107-Niederlage gegen die Indianas Pacers. Bryant
       erzielte 13 Punkte, allerdings mit einer unterirdischen Trefferquote von 20
       Prozent aus dem Feld. Auf der anderen Seite hatte Paul George, der als
       Kobe-Bryant-Fan aufwuchs, mit 39 Punkten einen klassischen Kobe-Abend.
       
       Bryant hatte seine Zukunft zuletzt immer wieder offenzuhalten versucht. Er
       fürchtete, so sagte er, die aktuelle Saison könne zu einer ständigen,
       rührseligen Abschiedstournee verkommen. Tatsächlich wird Bryant schon jetzt
       in Arenen, in denen er sonst lustvoll ausgepfiffen wurde, mit Standing
       Ovations empfangen. Die Goodbye-Tour hat nun offiziell begonnen. Vielleicht
       wartet ja eine zweite Karriere als Poet?
       
       Zuvor aber hat Bryant noch ein Ziel: Im kommenden Sommer möchte er mit der
       Nationalmannschaft in Rio de Janeiro zum dritten Mal Olympiasieger werden.
       Angesichts seiner aktuellen Leistungen ist es zwar höchst fraglich, ob er
       es in den 12-Mann-Kader schafft. Aber bislang ist Kobe Bryant schließlich
       so ziemlich alles gelungen, was er sich in den Kopf gesetzt hat.
       
       1 Dec 2015
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Thomas Winkler
       
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