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       # taz.de -- Turnhallen für Flüchtlinge in Berlin: Kein faires Spiel
       
       > Nachdem der Senat weitere Turnhallen zu Unterkünften umnutzt, wächst bei
       > den Berlinern der Unmut. Dabei sind bisher erst knapp 40 Hallen belegt.
       
   IMG Bild: Statt Basketball gespielt wird hier Wäsche getrocknet: Turnhalle, die als Unterkunft genutzt wird.
       
       „Der Unmut nimmt zu“, sagt der Direktor des Landessportbundes, Heiner
       Brandi: „Besonders bei Eltern, deren Kinder vor verschlossenen Hallentüren
       stehen.“ 38 Berliner Sporthallen waren bis Mittwoch mit Flüchtlingen
       belegt. Und fast jede Nacht kommen ein bis zwei Gebäude dazu. Das sind zum
       jetzigen Zeitpunkt zwar nicht einmal 4 Prozent der etwa 1.050 Berliner
       Turnhallen, doch bei den Bezirken und in Teilen der Bevölkerung wächst der
       Frust.
       
       Im Falle einer Turnhalle habe der Senat zwar die Beschlagnahme mitgeteilt,
       klagt das Bezirksamt Pankow in einer Pressemitteilung, doch mehr
       Informationen habe der Bezirk „wieder einmal nur aufgrund eigener
       Recherchen erhalten“. Etwa, dass offenbar noch kein Betreiber für die
       Notunterkunft in der Sporthalle feststehe, in der 200 Menschen Obhut finden
       sollen. Jede weitere Sicherstellung einer Turnhalle dokumentiere „das
       selbst verschuldete Versagen im Management der Flüchtlingsunterbringung“,
       so der Pankower Bezirksbürgermeister Matthias Köhne (SPD).
       
       Anders als Pankow war Marzahn-Hellersdorf dem Ruf der Senatsverwaltung für
       Soziales gefolgt, in der vergangenen Woche pro Bezirk vier Turnhallen für
       die Flüchtlingsunterbringung zu benennen. Trotzdem klagt der Bezirk nun
       über die „extrem kurzfristige“ Belegung. Das Bezirksamt müsse nun nach
       Ausweichmöglichkeiten für die betroffenen Sportvereine suchen.
       
       Stefan Komoß (SPD), Bürgermeister von Marzahn-Hellersdorf, nennt die
       Flüchtlingsunterbringung in Turnhallen „kurzsichtig und weder an den
       Bedürfnissen der Flüchtlinge noch an denen der Bürgerinnen und Bürger
       orientiert“. Der Bezirk habe dem Lageso nur Turnhallen gemeldet, die nicht
       für Schulsport genutzt würden, ergänzt Dagmar Pohle (Linke),
       Sozialstadträtin, „um eine Grundakzeptanz bei den BürgerInnen dafür zu
       erhalten, dass die Plätze benötigt werden“.
       
       Dass das nicht immer funktioniert, beobachtet Bianca Klose von der
       Mobilen Beratung gegen Rechtsextremismus: „Nachdem es uns unter erheblicher
       Kraftanstrengung gelungen ist, dass BürgerInnen mit Ressentiments gegen
       Flüchtlinge nicht mehr Schulter an Schulter mit organisierten Neonazis und
       Hooligans aus dem gewaltbereiten Spektrum demonstrieren“, beobachte sie
       nun „mit Sorge“, dass sich das wieder ändere, „etwa in Treptow-Köpenick
       oder Marzahn-Hellersdorf“. Die Belegung von Turnhallen sei „Wasser auf die
       Mühlen von Neonazis“, die damit „nach dem Motto ‚Unsere deutschen Kinder
       zuerst!‘ “ gegen Flüchtlinge argumentieren.
       
       Das liegt dem Landessportbund fern, der die Rolle des Sports als
       Integrationsmotor gerade auch für Geflüchtete betont. Laut LSB-Direktor
       Brandi gelingt es den Sportvereinen bislang gut, durch gegenseitige
       Unterstützung den Hallenverlust auszugleichen. Gefährdet sei allerdings der
       Spielbetrieb, etwa bei Handball und Hockey: „Da werden bis zum Jahresende
       bis zu 500 Spiele ausfallen“, so Brandi.
       
       2 Dec 2015
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Alke Wierth
       
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