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       # taz.de -- Abkommen zwischen EU und Vietnam: Brüssel schwenkt bei Freihandel um
       
       > EU-Handelskommissarin Malmström hat ein Abkommen ohne private
       > Schiedsgerichte mit Vietnam unterzeichnet. Es könnte zum Modell für TTIP
       > werden.
       
   IMG Bild: So kann Handel auch aussehen: Markt in Hanoi
       
       BRÜSSEL taz | Nach massiven Protesten hat die Europäische Union einen
       Schwenk in ihrer Handelspolitik vollzogen. Am Mittwoch hat
       EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström erstmals ein Freihandelsabkommen
       mit Vietnam unterzeichnet, das ohne die umstrittenen Klauseln für private
       Schiedsgerichte (ISDS) auskommt. Weitere ISDS-freie Abkommen könnten
       folgen.
       
       Malmström hatte im September angekündigt, dass das alte ISDS-System durch
       neue Regelungen ersetzt werde. Die privaten Schiedsgerichte, vor denen
       Investoren gegen Staaten klagen können, litten an einem „fundamentalen
       Mangel an Vertrauen“. Im Europaparlament keimt nun Hoffnung, dass auch
       abgeschlossene oder laufende Abkommen wie Ceta (Kanada) und TTIP (USA) so
       geändert werden könnten.
       
       „Dieses Abkommen hat Modellcharakter“, sagte Bernd Lange (SPD), Chef des
       mächtigen Handelsausschusses. Die EU sende damit „ein klares Signal an
       unsere kanadischen und US-amerikanischen Partner“. Er erwarte, dass nun
       auch Ceta nachgebessert werde, so Lange weiter. Bei der nächsten
       TTIP-Verhandlungsrunde soll die EU ebenfalls Änderungen am Investorenschutz
       vorlegen.
       
       Zunächst betrifft die Reform aber nur Vietnam. Erstmals wird ein
       Investitionsgerichtshof geschaffen, der auf transparente Weise Streit
       zwischen europäischen und vietnamesischen Investoren und Staaten beilegen
       soll. Damit entfallen die undurchsichtigen privaten Schiedsgerichte. Gegen
       sie waren viele Kritiker Sturm gelaufen. Im Oktober hatten mehr als 150.000
       Menschen in Berlin gegen TTIP und ISDS protestiert.
       
       Zudem wird in dem Abkommen mit Vietnam festgeschrieben, dass die Staaten
       das Recht haben, Gesetze zu erlassen, die womöglich auf Kosten privater
       Investoren gehen. Damit begegnet die EU der Sorge, Umwelt- und
       Sozialgesetze könnten auf Druck großer Konzerne gekippt werden. Schließlich
       verpflichtet sich Vietnam, Konventionen der Internationalen
       Arbeitsorganisation (ILO) zum Arbeitnehmerschutz umzusetzen.
       
       ## Mehrere Fallstricke
       
       Vietnam könnte damit zum Muster für die USA werden, das wichtige
       ILO-Abkommen ebenfalls noch nicht umgesetzt hat. Allerdings fällt das
       asiatische Land im Vergleich zu den USA kaum ins Gewicht. 2014 betrug das
       Handelsvolumen zwischen der EU und Vietnam gerade mal 28,3 Milliarden Euro,
       mit dem wichtigsten Handelspartner USA belief es sich dagegen auf 517,1
       Milliarden.
       
       Es ist daher fraglich, ob sich die Amerikaner in den laufenden
       Verhandlungen vom Beispiel Vietnam beeindrucken lassen. Experten haben
       zudem Zweifel, dass die eingeleitete ISDS-Reform wirklich für mehr
       „Waffengleichheit“ zwischen Staaten und Konzernen sorgt. Malmströms Entwurf
       enthalte mehrere Fallstricke, kritisiert der kanadische ISDS-Experte Gus
       Van Harten. Investoren hätten immer noch bessere Karten.
       
       Kritisch äußerte sich auch die grüne Europaabgeordnete Ska Keller: „Was uns
       die Kommission als staatliche Gerichtsbarkeit verkaufen möchte, ist in
       Wirklichkeit immer noch eine Paralleljustiz für Investoren.“ Die Investoren
       behielten übermäßig viele Rechte, während für vietnamesische Bürgerinnen
       und Bürger nicht einmal die Menschenrechte gewährleistet seien.
       
       2 Dec 2015
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Eric Bonse
       
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