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       # taz.de -- Störerhaftung vorm EU-Gerichtshof: Surfen oder surfen lassen
       
       > Der EuGH verhandelt ab Mittwoch über die Haftung von WLAN-Betreibern. Das
       > könnte auch ein neues Gesetz der deutschen Regierung infragestellen.
       
   IMG Bild: Braucht eine WLAN-Verbindung: Mann im Bällebad.
       
       BERLIN taz | Die Abmahnung kam Ende 2010. Ein Anwaltsschreiben, in dem der
       Musikkonzern Sony dem Unternehmer Tobias McFadden vorwarf, über seinen
       Internetanschluss sei ein Musikstück auf eine Tauschbörse hochgeladen
       worden. McFadden betrieb damals ein unverschlüsseltes WLAN in seinem Büro –
       als Werbemaßnahme für potenzielle Kunden.
       
       Jetzt liegt der Fall vor dem Europäischen Gerichtshof. Der verhandelt heute
       über die zentrale Frage: Müssen Betreiber eines unverschlüsselten WLAN
       haften, wenn andere über dieses Netzwerk Rechtsverstöße begehen? Die
       Industrievertreter wünschen sich weitgehende Kontrollen und Haftungen – von
       einer Registrierungspflicht für Nutzer von drahtlosen Netzwerken über eine
       Pflicht zur Verschlüsselung der Netze bis hin zu Internetsperren bei
       Rechtsverstößen. Einen Etappensieg hatten sie kürzlich erstritten: Der
       Bundesgerichtshof entschied im November, dass Provider unter bestimmten
       Umständen den Zugang zu illegalen Download-Angeboten sperren müssen.
       
       Die EU-Kommission kommt in einer Stellungnahme zu dem heute vor dem EuGH
       verhandelten Fall zu dem Schluss, dass Schadenersatzansprüche gegen
       Anbieter von „reinen Durchleitungsdiensten“ ausgeschlossen sind –
       Unterlassungsansprüche aber nicht.
       
       Die Positionen von EuGH und EU-Kommission sind deshalb von Bedeutung, weil
       die Bundesregierung derzeit an einer Neuregelung der Störerhaftung
       arbeitet. Ist nun der EuGH beispielsweise der Ansicht, dass die
       Störerhaftung europäischem Recht widerspricht, macht das auch das neue
       Gesetz der Bundesregierung angreifbar.
       
       ## Hindernisse für offene Netze
       
       Der entsprechende Gesetzentwurf war Anfang Dezember in erster Lesung im
       Bundestag. Erklärtes Ziel des Gesetzes ist es laut Bundesregierung, „eine
       größere WLAN-Abdeckung in Deutschland“ zu erreichen. Kritiker gehen jedoch
       davon aus, dass die Neuregelung das Gegenteil zur Folge haben wird. Denn
       für Betreiber von drahtlosen Netzwerken sind zusätzliche Hürden vorgesehen.
       So müssen sie sich, wenn sie nicht in Haftung genommen werden wollen, unter
       anderem von potenziellen Mitnutzern auf einer Vorschaltseite bestätigen
       lassen, dass diese nicht planen, über das WLAN Rechtsverletzungen zu
       begehen. Darüber hinaus muss das Netzwerk „gegen den unberechtigten
       Zugriff“ geschützt werden.
       
       „Die vorgesehenen Bedingungen für die Haftungsfreistellung verhindern
       faktisch den Betrieb offener Funknetze“, kritisiert Volker Tripp vom Verein
       Digitale Gesellschaft. Mehrere Verbände hatten bereits im Juli darauf
       hingewiesen, dass der Gesetzesentwurf ihrer Auffassung nach gegen
       Europarecht verstößt. So seien die Pläne nicht mit der
       E-Commerce-Richtlinie der EU vereinbar.
       
       Das Urteil des EuGH wird erst in einigen Monaten erwartet, davor gibt der
       Generalanwalt sein Votum ab. Das ist zwar keine Vorgabe für das Gericht,
       zeigt jedoch in der Praxis häufig die Richtung der folgenden Entscheidung
       auf.
       
       9 Dec 2015
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Svenja Bergt
       
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