# taz.de -- Waffenexporte nach Mexiko: Deutsche Knarren für die Krisenregion
> Auch die Carl Walther GmbH hat ohne Genehmigung Pistolen exportiert. In
> Regionen, die für ihre schlechte Menschenrechtslage bekannt sind.
IMG Bild: Könnte in die falschen Hände gelangen: eine Walther P22
BERLIN taz | Erst traf es die Schwarzwälder Rüstungsschmiede Heckler &
Koch, nun steht die Ulmer Konkurrenz am Pranger. Denn auch Pistolen des
Waffenbauers Carl Walther GmbH sind illegal in Mexiko gelandet. Das
bestätigen Dokumente, die der taz vorliegen. Demnach sind die
Handfeuerwaffen in Bundesstaaten gelangt, für die das Unternehmen keine
Ausfuhrgenehmigungen erhalten hatte. Aus demselben Grund hat die
Stuttgarter Staatsanwaltschaft Anfang November [1][Anklage gegen sechs
ehemalige Mitarbeiter von Heckler & Koch erhoben].
Im Februar 2007 genehmigte der Bundessicherheitsrat (BSR) der Ulmer Firma
den Export von Pistolen und Ersatzteilen im Wert von 1,5 Millionen Euro.
Voraussetzung: Die Waffen sollten in die Bundesstaaten Puebla,
Aguascalientes und México gehen. Dazu habe sich der Käufer, das
mexikanische Verteidigungsministerium (Sedena), in einer
Endverbleibserklärung verpflichtet. Lieferungen nach Jalisco seien
ausgeschlossen gewesen, erklärt das Bundeswirtschaftsministerium auf
Anfrage des Bundestagsabgeordneten Hans-Christian Ströbele.
Ein Schreiben der Sedena bestätigt jedoch, dass 191 der Pistolen genau in
diesen Bundesstaat geliefert wurden. Von den insgesamt 6.262 Ulmer
Pistolen, die das Ministerium nach eigenen Angaben gekauft hatte, gingen
demnach weitere 555 Pistolen in Regionen, für die keine Genehmigung
vorgelegen hatte. So etwa nach Chihuahua und Durango, also in
Bundesstaaten, in denen bereits 2007 Söldner der Kartelle, Soldaten und
Polizisten Menschenrechtsverletzungen verübten. Nur ein kleiner Teil
landete tatsächlich in einer der angegebenen Regionen.
Sowohl beim Export der H&K-Sturmgewehre vom Typ G36 als auch bei dem der
P22-Pistolen von Walther hatte das Auswärtige Amt (AA) vorab Zweifel
angemeldet. Angesichts der schwierigen Menschenrechtslage in Jalisco
klassifizierte das AA den Bundesstaat als „nicht belieferungsfähig“. Dort
seien „unrechtmäßig festgenommene Globalisierungsgegner gefoltert und
insbesondere weibliche Teilnehmer von Sicherheitskräften misshandelt“
worden, hieß es in einem internen Schreiben. Schließlich erteilte der BSR
Walther für Jalisco explizit keine Genehmigung.
## „Bankrotterklärung“ der Rüstungsexportkontrolle
Die Carl Walther GmbH wollte sich auf taz-Anfrage nicht zu den Vorwürfen
äußern. Der Grünen-Politiker Ströbele kritisierte indes die fehlende
Endverbleibskontrolle. „Die Bundesregierung muss für die Einhaltung des
Verbots sorgen – wie die USA“, sagte er der taz. Nun sei die Frage, ob die
Firma oder die mexikanische Regierung das Verbot ignoriert habe.
Den angeklagten Ex-H&K-Mitarbeitern wird unter anderem vorgeworfen,
Endverbleibserklärungen geschönt zu haben, um die Belieferung der
„verbotenen“ Regionen zu ermöglichen. Mit Blick auf die Ulmer Pistolen
erklärte die Sedena: „Die deutsche Regierung hat dieses staatliche
Ministerium über keine Restriktionen für die Waffen der Marke Carl Walther
informiert.“
Rechtsanwalt Holger Rothbauer sprach von einer Bankrotterklärung der
Rüstungsexportkontrolle. Der Tübinger Jurist hat 2014 im Namen der
„Aktion-Aufschrei – Stoppt den Waffenhandel“ Anzeige gegen Walther
eingereicht, der Waffenbauer soll illegal P99- und P22-Pistolen in das
Bürgerkriegsland Kolumbien geliefert haben.
8 Dec 2015
## LINKS
DIR [1] /Waffenexporte-von-Heckler-&-Koch/!5245982/
## AUTOREN
DIR Wolf-Dieter Vogel
## TAGS
DIR Waffenexporte
DIR Menschenrechte
DIR Mexiko
DIR Mexiko
DIR Heckler und Koch
DIR Enrique Pena Nieto
DIR Waffenhandel
DIR Heckler & Koch
DIR Peschmerga
DIR Rüstungsexporte
DIR Rüstungsexporte
## ARTIKEL ZUM THEMA
DIR Gewehrbauanlage für Mexiko: Export am Gesetz vorbei?
Eine deutsche Maschinenfabrik will ohne Genehmigung eine Gewehrbauanlage
nach Mexiko liefern. Nun prüft die Staatsanwaltschaft den Fall.
DIR Deutsche Waffenexporte: Erst Grimme-Preis, jetzt Staatsanwalt
Überraschung in Stuttgart: Behörden in Süddeutschland ermitteln gegen
Journalisten, die fragwürdige Waffengeschäfte aufgedeckt haben.
DIR Kommentar Mexikos Drogenbaron: Jeder ist ersetzbar
Mit der Verhaftung von El Chapo Guzmán tut Präsident Peña Nieto so, als
hätte man die Kartelle im Griff. Doch davon kann kaum die Rede sein.
DIR Bericht zum weltweiten Waffenhandel: Deutschland gegen den Trend
In den meisten westlichen Ländern sinken die Umsätze der Waffenkonzerne.
Deutschland und die Schweiz steigerten ihre Rüstungsverkäufe.
DIR Illegaler Waffenexport: Für Polizei und Mafia-Killer
Wer ist verantwortlich für den Export von G36-Gewehren nach Mexiko? Ein
Gerichtsprozess könnte Licht auf Geschäfte von Heckler & Koch werfen.
DIR Rechtlicher Hintergrund bei Waffenexport: Nur zur Selbstverteidigung
Verstößt die Regierung mit ihrer Waffenhilfe gegen eigene Grundsätze?
Exporte an Nicht-Nato-Staaten sind nur eingeschränkt genehmigungsfähig.
DIR Informationspolitik bei Rüstungsdeals: Wir Waffenexporteure
Die Regierungsparteien wollen mehr Transparenz für Rüstungsexporte
beschließen. Völlig unglaubwürdig findet das die Opposition.
DIR Ströbele klagt vorm Verfassungsgericht: Mehr Transparenz beim Waffenexport
Bei Rüstungsgeschäften muss die Bundesregierung das Parlament erst ein Jahr
später informieren. Dagegen geht Hans-Christian Ströbele nun vor.