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       # taz.de -- Mauschelfunktionär Wolfgang Niersbach: Die Verhunzung des Amtes
       
       > Niersbach möchte unbedingt Funktionär der Fifa und Uefa bleiben. Er
       > sichert sich den Beistand des DFB-Chefs und attackiert Franz Beckenbauer.
       
   IMG Bild: Guckuck, da bin ich noch! Wolfgang Niersbach Anfang Dezember in der Zentrale der Fifa in Zürich
       
       Berlin taz | Wer geglaubt hat, Wolfgang Niersbach sei weg, der hat sich
       getäuscht. Niersbach ist immer noch da. Sogar bis 2019. So lange sitzt er
       im höchsten Funktionärsgremium des internationalen Fußballverbandes Fifa.
       Bis 2017 möchte er im europäischen Kontinentalverband Uefa an
       entscheidender Stelle mitmischen.
       
       Niersbach musste zwar nach der WM-Affäre als Chef des Deutschen
       Fußball-Bundes (DFB) abdanken, aber sein Renommee scheint nur auf
       nationaler Ebene beschädigt zu sein. Gelingt Niersbach der Grenzübertritt
       in die Schweiz, wo die Fußballverbände angesiedelt sind, dann steigt auf
       wundersame Weise seine Reputation.
       
       Aus dem Mauschelfunktionär wird offensichtlich ein Musterfunktionär. So
       sehen es jedenfalls ehemalige Mitstreiter. „Niersbachs Rücktritt als
       DFB-Präsident hat keine Auswirkungen auf seine internationalen Ämter“, sagt
       Rainer Koch, Interimspräsident des DFB, in einem Interview.
       
       Es gebe „zum jetzigen Zeitpunkt keinerlei Anzeichen“, dass Niersbach erneut
       zurücktreten müsse. „Er hat über Jahrzehnte sehr viele internationale
       Kontakte aufgebaut. Es wäre ja töricht, sein Angebot, uns Türen zu öffnen
       und sich für unser Vorhaben einzusetzen, auszuschlagen“, sagte Koch, „zumal
       die aktuellen Themen beim DFB rund um die Vergabe der WM 2006 auch
       international viele Fragen aufgeworfen haben, die sicher keinen Rückenwind
       für unsere EM-Bewerbung auslösen.“
       
       Umso wichtiger sei es, „dass Niersbach die laufenden Aufklärungsprozesse
       beim DFB im Einklang mit uns international vermittelt.“
       
       Das ist ein Klassiker: Der Bock wird zum Gärtner gemacht. Jemand, der
       möglicherweise dem Verband dabei geholfen hat, Steuern in Millionenhöhe zu
       hinterziehen, der in der Affäre ein desaströses Krisenmanagement betrieben
       hat und keinen substanziellen Beitrag zur Klärung der Geldflüsse beisteuern
       konnte, soll nun also für den DFB den Weg zur EM 2024 ebnen.
       
       Für Koch geht das Handwerk des Netzwerkens über Integrität. Folgt man
       diesem zumindest partiell amoralischen Ansatz, dann wird jede Ermittlung
       gegen korrupte Fifa-Funktionäre zur Makulatur.
       
       ## Den Ernst der Lage nicht verstanden
       
       Kochs Äußerung beweist nur, dass man in gewissen Kreisen immer noch nicht
       verstanden hat, wie ernst die Lage ist. Noch befinden sich die Ermittlungen
       gegen die Verbandsfunktionäre am Anfang.
       
       Daran beteiligt ist nun auch die schweizerische Anwaltschaft. Wie Spiegel
       Online berichtet, hat die Frankfurter Staatsanwaltschaft ihre
       eidgenössischen Kollegen eingeschaltet. Die Strafverfolger in Bern haben in
       der vergangenen Woche ein Rechtshilfeersuchen erhalten. Gegen den DFB wird
       im Zusammenhang mit der Vergabe der WM 2006 wegen des Verdachts der
       Steuerhinterziehung in einem „besonders schweren Fall“ ermittelt.
       
       ## Es droht eine hohe Steuernachzahlung
       
       Die Frankfurter Strafverfolger wollen klären, wann und wofür der bis zu
       seinem Tod in der Schweiz lebende ehemalige Adidas-Chef Robert
       Louis-Dreyfus den deutschen WM-Bewerbern 6,7 Millionen Euro geliehen hat.
       Dem DFB, der die Summe als Betriebsausgabe auswies, könnte eine
       Steuernachzahlung von bis zu 25 Millionen Euro drohen, wenn die
       Gemeinnützigkeit für das Jahr 2006 aberkannt wird. Anfang November hatten
       Steuerfahnder neben der DFB-Zentrale in Frankfurt unter anderen auch das
       Privatanwesen von Niersbach durchsucht.
       
       Niersbach versucht derweil hektisch, den Kopf aus der Schlinge zu ziehen:
       Der 65-Jährige hat Franz Beckenbauer im Gespräch mit der DFB-intern
       ermittelnden Kanzlei Freshfields belastet. Das geht aus Protokollen hervor,
       die der Bild-Zeitung vorliegen.
       
       Demnach sei die Zahlung von 6,7 Millionen Euro an die Fifa-Finanzkommission
       geflossen, um damit 2002 die Wiederwahl von Präsident Joseph S. Blatter zu
       finanzieren. Beckenbauer habe Niersbach angeblich im Jahr 2002 nach
       Blatters Wiederwahl gesagt: „Der ist auch mit meinen Geld gewählt worden.“
       
       Das offizielle Ergebnis der Freshfields-Ermittler soll Ende Februar
       vorliegen. Der DFB will den Bericht öffentlich machen – ein zweifelhaftes
       Vergnügen für Wolfgang Niersbach.
       
       15 Dec 2015
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Markus Völker
       
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