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       # taz.de -- Innenminister der Länder zu Flüchtlingen: Einzelfallprüfung auch für Syrer
       
       > Aus Sicherheitsgründen: Asylanträge von Syrern sollen wieder von Fall zu
       > Fall entschieden werden. Afghanische Flüchtlinge sollen in „sichere
       > Gebiete“ zurückkehren.
       
   IMG Bild: Wer ist ein „Einzelfall“ und wer nicht? Flüchtlinge in der Erstaufnahmeeinrichtung in Stern-Bucholz bei Schwerin.
       
       Koblenz afp | Nach der vorübergehenden Aussetzung soll auch bei syrischen
       Flüchtlingen wieder eine Einzelfallprüfung des Asylantrags vorgenommen
       werden. Das kündigte Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) am
       Donnerstag nach einem Treffen mit den Innenministern der Länder in Koblenz
       an. Dieser Schritt sei aus Sicherheitsgründen geboten. Die Landesminister
       mahnten an, dass die Asylverfahren dadurch nicht länger werden dürfen.
       
       Seit Ende vergangenen Jahres mussten syrische Flüchtlinge ihren Anspruch
       auf Schutz in Deutschland nicht mehr im Rahmen einer Einzelfallprüfung
       nachweisen. Vielmehr reicht seither die Erklärung im Rahmen eines
       schriftlichen Verfahrens.
       
       Innenminister de Maizière drängte bereits seit einiger Zeit auf eine
       Rückkehr zur Einzelfallprüfung. Er halte es für erforderlich, dass es diese
       bei allen Flüchtlingen gebe – „ganz gleich aus welchem Land sie kommen“,
       sagte er in Koblenz. Er freue sich, dass die Innenminister der Länder dies
       zur Kenntnis genommen hätten. Einen konkreten Termin für die Rückkehr zur
       Einzelfallprüfung nannte er nicht.
       
       Der nordrhein-westfälische Innenminister Ralf Jäger (SPD) mahnte, dass die
       Einzelfallprüfung nicht zu einer Verlängerung der Verfahren führen dürfe.
       Die Migrationsbeauftragte der Bundesregierung, Aydan Özoguz (SPD),
       forderte, die Asylverfahren weiter zu beschleunigen. „Wir müssen bei der
       Identitätsprüfung auch von Asylbewerbern aus Syrien, Eritrea und Irak
       genauer hinschauen“, räumte sie ein. Die Praxis der schriftlichen
       Befragungen sei gleichwohl „eine gute Grundlage, um mündliche Anhörungen
       zielführend, kurz und strukturiert durchführen zu können“.
       
       Grünen-Chefin Simone Peter nannte eine Rückkehr zur Einzelfallprüfung für
       syrische Flüchtlinge „puren Aktionismus“, der die zuständigen Behörden
       weiter lähme und die Situation der wartenden Flüchtlinge im Land zunehmend
       verschärfen würde. Union und SPD entfernten sich mit jedem Tag mehr von
       ihrem Ziel, Asylverfahren zu beschleunigen.
       
       Die Flüchtlingshilfsorganisation Pro Asyl kritisierte die Rückkehr zur
       Einzelfallprüfung scharf. „Das wird integrationspolitisch fatale Wirkungen
       haben“, sagte Pro-Asyl-Geschäftsführer Günter Burkhardt der
       Nachrichtenagentur AFP. Durch die zeitaufwändige Einzelfallprüfung würden
       die Betroffenen „in monatelange Warteschleifen“ gedrängt, ohne Arbeit
       aufnehmen und sich integrieren zu können.
       
       Eine mögliche Begrenzung des Familiennachzugs auch bei syrischen
       Flüchtlingen war nach Angaben der Minister kein Thema auf der
       Innenministerkonferenz in Koblenz. Dieses Thema werde innerhalb der großen
       Koalition in Berlin im Rahmen des geplanten zweiten Asylpakets besprochen,
       sagte de Maizière. Die Frage der Einzelfallprüfung sei unabhängig davon.
       Auch Jäger verwies darauf, dass die Frage des Familiennachzugs in der
       großen Koalition zu entscheiden sei.
       
       Die Innenminister berieten zudem über den Umgang mit Flüchtlingen aus
       Afghanistan. Sie seien sich einig, dass eine Rückführung von Flüchtlingen
       in sichere Gebiete dort „grundsätzlich“ erlaubt sei, sagte de Maizière.
       Gleichwohl werde immer eine Einzelfallprüfung vorgenommen.
       Pro-Asyl-Geschäftsführer Burkhardt nannte dies „unverantwortlich“: Es gebe
       in Afghanistan „keine auf Dauer sicheren Gebiete“, sagte Burkhardt. „Das
       ist ein Spiel um Menschenleben.“
       
       3 Dec 2015
       
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