URI: 
       # taz.de -- Regierungserklärung von Angela Merkel: Europas dicke Bretter
       
       > Ab Donnerstag tagen die europäischen Regierungschefs. Kanzlerin Merkel
       > warnt zu diesem Anlass davor, nur nationale Interessen zu verfolgen.
       
   IMG Bild: Die Kanzlerin und ihr Außenminister am Mittwochmorgen.
       
       Berlin taz | Am Tag vor den Verhandlungen der europäischen Staats- und
       Regierungschefs warnte Angela Merkel am Mittwoch im Bundestag vor
       Nationalstaaterei. Es war ein Appell an die EU-Mitglieder. Nationale
       Interessen, sagte sie, müsse man zusammen mit europäischen sehen, Probleme
       als globale begreifen. Dass wir in einem „Europa des Friedens, der Freiheit
       und der guten Nachbarschaft“ lebten, sei alles andere als
       selbstverständlich.
       
       Vor welch großer Zahl an gemeinsamen Aufgaben die EU steht, wurde deutlich,
       als sie die Themen des Gipfels aufzuzählen begann: Terrorismusbekämpfung,
       eine globale Energiewende, das transatlantische Bündnis, die Zukunft der
       Währungsunion, der Ukraine-Konflikt. Es war eine Liste, die kaum enden
       wollte, und doch muss sie abgearbeitet werden. Merkel fürchtet, die
       Errungenschaften der EU könnten andernfalls verloren gehen. „Und kein Land
       in Europa braucht sie so wie wir.“
       
       Merkel arbeitete sich an den Nachbarländern ab. Frankreich, der Freund.
       Großbritannien, ein „natürlicher“ Verbündeter. „Andererseits werden wir die
       grundlegenden Errungenschaften der europäischen Integration nicht infrage
       stellen“, sagte sie mit Blick auf die britischen Drohungen, aus der EU
       auszutreten.
       
       Die Europa-Kritiker, Polen und Ungarn, sprach sie nur indirekt an, als sie
       über ihr Ziel redete, eine gemeinsame Flüchtlingspolitik zu verfolgen. „Die
       Verteilung der Flüchtlinge ist eine Frage elementarer europäischer
       Solidarität.“ Genauso wie Anstrengungen außerhalb Europas, in Afrika, der
       Türkei, Syrien.
       
       ## „Allianz für den Krieg“
       
       Merkel sprach sich für den Vorschlag der Europäischen Kommission aus, die
       europäische Grenzschutzagentur Frontex zu stärken. Zur Not, so sieht es die
       Kommission vor, könne Frontex eigenständig an den Außengrenzen der EU tätig
       werden – auch ohne die Zustimmung des betroffenen Staats. Das greift in die
       nationale Souveränität der EU-Staaten ein, deshalb ist der Vorschlag sehr
       umstritten. Merkel will sich trotzdem dafür einsetzen. Nach dem bisherigen
       Entwurf beträfe das deutsche Grenzen auch nicht.
       
       Und obwohl Merkel eine ganze Liste an Fragen abarbeitete, blieb vieles
       ungesagt. „Warum exportieren wir Waffen in alle Welt?“, fragte Dietmar
       Bartsch, Vorsitzender der Linksfraktion. „Werben Sie für eine Allianz gegen
       Krieg!“
       
       Thomas Oppermann, Fraktionsvorsitzender der SPD, arbeitete sich am Zuspruch
       für populistische Strömungen ab. An der neuen polnischen Regierung
       beispielsweise, die gleich zu Beginn ihrer Regierungszeit die europäische
       Fahne einzog.
       
       Der grüne Fraktionsvorsitzende Anton Hofreiter sieht die Schuld für die
       europäische Krise auch bei Deutschland: Das europäische Asylverfahren
       „Dublin III“ sei ungerecht und Deutschland habe es zu lange akzeptiert –
       weil es zu den Profiteuren gehöre. Merkel, so forderte Hofreiter, solle
       sich dafür entschuldigen. Die aber war da längst wieder in ein Gespräch
       vertieft.
       
       16 Dec 2015
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Christina Schmidt
       
       ## TAGS
       
   DIR Schwerpunkt Angela Merkel
   DIR EU
   DIR Bundesregierung
   DIR Frontex
   DIR Schwerpunkt Flucht
   DIR Schwerpunkt Flucht
   DIR Schwerpunkt Flucht
   DIR David Cameron
   DIR Schwerpunkt Flucht
   DIR Werner Faymann
   DIR Flüchtlinge
   DIR Schwerpunkt Angela Merkel
   DIR Schwerpunkt Syrien
   DIR CDU-Parteitag
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Premier Valls zu Kontingenten in der EU: Frankreich will keine Flüchtlinge mehr
       
       Weitere Migranten? Nein danke. Das Nachbarland möchte sich nicht über das
       bereits zugesagte Maß hinaus engagieren. Das birgt Konfliktstoff.
       
   DIR Frontex-Einsatz in Griechenland: Mehr Grenzpatrouille vor Neujahr
       
       Noch Ende Dezember will die EU-Grenzschutzagentur verstärkt an
       Griechenlands Grenzen verkehren. Im Fokus steht die Überprüfung von
       Flüchtlingen.
       
   DIR Debatte Flüchtlinge: Die Schwester der Ökobewegung
       
       Es gibt wieder Lager in Deutschland – und Entsetzen darüber. Wie die neu
       Ankommenden neoliberale Gewissheiten untergraben.
       
   DIR Britische Forderungen auf dem EU-Gipfel: Camerons Wunschliste
       
       Großbritanniens Premierminister David Cameron will die EU verändern – oder
       austreten. Doch nicht alle seiner Forderungen finden Anklang.
       
   DIR Kommentar EU-Flüchtlingspolitik: Der Merkel-Freundeskreis
       
       Ein Drittstaat wie die Türkei ist derzeit wichtiger als Länder wie Italien
       oder Polen. Die Europäische Union funktioniert nicht mehr.
       
   DIR Neuer EU-Gipfel zur Flüchtlingspolitik: Österreich droht Osteuropa
       
       Im Streit um die europaweite Verteilung von Flüchtlingen droht Österreichs
       Bundeskanzler Faymann mit der Kürzung der EU-Beiträge seines Landes.
       
   DIR Kommentar Merkels Flüchtlingspolitik: Abschottung mit menschlichem Antlitz
       
       Angela Merkels perfekt inszenierter Auftritt verblasste schon nach einem
       Tag. Seehofer und Frontex holten die Kanzlerin in die Realpolitik zurück.
       
   DIR Am Rande des CDU-Parteitags: Merkel im Vergnügungspark
       
       Die Aussteller sind so etwas wie das Fun-Event eines Parteitags: Auch
       Angela Merkel kommt sie in Karlsruhe besuchen. Ein Rundgang.
       
   DIR EU verhandelt mit der Türkei über Beitritt: Eine sehr pragmatische Politik
       
       Dank der türkischen Hilfe bei der Abschottung gegen Flüchtlinge geht es mit
       den Beitrittsverhandlungen voran. Zwei neue Kapitel wurden jetzt eröffnet.
       
   DIR Kommentar Merkel beim CDU-Parteitag: Die gütige Matriarchin
       
       Angela Merkel hat das geschickt gemacht in Karlsruhe. Das Wichtigste war
       das Einschwören der Zuhörerschaft auf das C im Parteinamen.