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       # taz.de -- Kommentar Schweizer Bundesratswahl: Rechte Doppelstrategie mit Erfolg
       
       > Die SVP verdankt ihrem Anti-Establishment-Image, dass sie wieder zwei
       > Regierungsmitglieder stellt. Aber ihre Politik wird den eigenen Wählern
       > schaden.
       
   IMG Bild: Die SVP zeichnet eine Bilderbuch-Schweiz. Das hindert sie nicht daran, ihrer eigenen Klientel Härten zuzumuten.
       
       Das im Oktober neugewählte Parlament der Schweiz hat am Mittwoch [1][die
       sieben Mitglieder der Regierung bestimmt]. Die bislang bereits mit einem
       Sitz in der Exekutive vertretene rechtspopulistische Schweizer Volkspartei
       (SVP), stärkste Fraktion im Parlament, erhält einen zweiten Ministerposten.
       Damit wird ein bereits seit über 20 Jahre anhaltendes Paradox noch weiter
       auf die Spitze getrieben.
       
       Die SVP verdankt ihren stetigen Aufstieg seit den Wahlen 1993 von der
       damals viertstärksten zur Partei mit den meisten WählerInnen einer
       Doppelstrategie, die keine andere unter Europas rechtspopulistischen,
       rechtskonservativen oder neofaschistischen Parteien so erfolgreich
       betrieben hat.
       
       Die SVP und ihr langjähriger Vorsitzende, Chefstratege und Hauptfinanzier,
       der Milliardär Christoph Blocher, gerieren sich als Anwalt der „kleinen
       Leute“ und als Volkstribun gegen „die da oben“ in der Hauptstadt Bern.
       Gegen die EU, die UNO, „fremde Richter“ oder gegen andere angebliche
       Bedrohungen der Schweiz, ihrer „Neutralität“ und ihres Wohlstandes.
       
       Wichtiges Instrument für diese Selbstprofilierung waren in jüngster Zeit
       die beiden ganz wesentlich von Blocher finanzierten und knapp erfolgreichen
       Volksinitiativen gegen „Masseneinwanderung“ und gegen den Bau von
       Minaretten. Zugleich ist die SVP mit ihrem bislang einen Sitz in der
       Regierung, mit der stärksten Fraktion im Parlament sowie zahlreichen Posten
       in den Regierungen der 26 Kantone ein ganz wesentlicher Teil der
       herrschenden politischen Klasse.
       
       Der Erfolg dieser Doppelstrategie ist umso bemerkenswerter, als die bislang
       von der SVP betriebene Politik und ihre im jüngsten Wahlkampf angekündigten
       Vorhaben für die nächsten vier Jahre zum Nachteil der kleinen Leute und der
       meisten ihrer eigenen WählerInnen sind. Der durch die
       „Masseineinwanderungs“-Initiative ausgelöste Streit mit der EU hatte die
       Einschränkung der Personenfreizügigkeit mit der Schweiz zur Folge. Das hat
       ebenso zu mehr Arbeitslosigkeit geführt wie die von der SVP durchgesetzte
       Aufhebung der Bindung des Frankenkurses an den Euro.
       
       Doch für die verschärfte Arbeitslosigkeit machen die SVP und die von
       Blocher gekauften Medien wie die Weltwoche und die Basler Zeitung mit
       Erfolg vor allem Sozialdemokraten und Grüne verantwortlich. Für die
       nächsten vier Jahre stehen auf dem Regierungsprogramm der SVP weitere
       Einschnitte bei der Sozialgesetzgebung, Steuergeschenke für die Reichen,
       eine Lockerung der ohnehin nicht sehr weitgehenden Bankenregulierung sowie
       das Ende der Förderung erneuerbarer Energien.
       
       Für die SVP und ihre WählerInnen gilt, was der US-Ökonom Paul Krugman mit
       Blick auf die Wahlerfolge der Republikaner in seinen Land so formuliert
       hat: „Die Leute wählen Republikaner, weil sie für das Schulgebet, gegen
       Evolutionslehre und für Waffen sind. Und nach den Wahlen erhalten sie
       Steuergeschenke für Reiche, Lockerung des Umweltschutzes, Deregulierung der
       Banken.“
       
       9 Dec 2015
       
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