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       # taz.de -- Landtagswahl in Bremen wird korrigiert: AfD erstreitet einen Sitz mehr
       
       > Die Rechtspopulisten triumphieren vor Gericht: Bremerhavens Wahlergebnis
       > muss korrigiert werden und die SPD gibt einen Sitz an die AfD ab.
       
   IMG Bild: Lieber nochmal nachzählen, findet die AfD: Stimmzettel für die Bremer Landtagswahl
       
       BREMEN taz | Mit einem Erfolg für die rechtspopulistische AfD und ihren
       Bremerhavener Spitzenkandidaten Thomas Jürgewitz ging das Verfahren vor dem
       [1][Bremer Wahlprüfungsgericht] am Montag zu Ende: Jürgewitz erhält ein
       Mandat. Er verdrängt dafür die SPD-Frau Petra Jäschke aus der Bürgerschaft.
       Als Betroffene hat Jäschke allerdings noch die Chance, binnen 14 Tagen vor
       den Bremer Staatsgerichtshof zu ziehen, um den Beschluss des
       Wahlprüfungsgerichts zu kippen.
       
       Die AfD hatte das amtliche Endergebnis angefochten. Laut dem hatte sie am
       10. Mai 2015 in Bremerhaven nur 4,97 Prozent eingefahren. Rechnerisch hatte
       sie damit 49 Stimmen weniger als nötig, um ein Landtagsmandat zu erringen.
       Nachdem sie das Recht, die Stimmzettel zu prüfen, vorm Verwaltungsgericht
       erstritten hatte, gelang es ihr, einige Dutzend zu ihren Ungunsten falsch
       gezählte Voten zu finden. Zudem hatte sie eine Reihe Stimmzettel als
       ungültig reklamiert, von denen einige tatsächlich nicht der
       Landeswahlordnung entsprachen.
       
       Das Gericht hatte nun die von der AfD monierten Voten zu prüfen. Bereits am
       vergangenen Mittwoch hatte sich bei einem Stimmzettelüberprüfungsmarathon
       die entscheidende Verlagerung ergeben: „Nach unserer Auswertung hätte die
       AfD 5,0006 Prozent erreicht“, resümierte Landeswahlleiter Jürgen Wayand auf
       Nachfrage des Vorsitzenden Richters, Peter Sperlich: Der Präsident des
       Verwaltungsgerichts und sein Stellvertreter sind die geborenen Mitglieder
       des Wahlprüfungsgerichts, zudem müssen die Bürgerschaftsfraktionen fünf
       Abgeordnete als ehrenamtliche RichterInnen in das Gremium entsenden.
       
       Mit der Entscheidung tat sich das Gericht schwer: Einige der von Jürgewitz
       und der AfD vorgetragenen Unregelmäßigkeiten hätten eine komplette
       Neuauszählung im Wahlbereich Bremerhaven als geboten erscheinen lassen
       können. So waren drei Stimmzettel zwar als gültig bewertet und ins
       Computersystem eingepflegt worden. Sie erwiesen sich jedoch als
       unauffindbar. „Die können wir ja nicht einfach als nicht existent
       bewerten“, gab Wilko Zicht, Wahlrechtsexperte und von der Grünen-Fraktion
       ins Gremium entsandt, zu bedenken.
       
       Andererseits gab es Unregelmäßigkeiten in den Wahlniederschriften. Zwar
       konnte Jürgewitz daraus in den meisten Fällen nur zu sehr allgemeinen
       Verdächtigungen konstruieren. Eine etwas kryptische Eintragung auf einem
       Protokoll begründete allerdings auch für das Gericht nachvollziehbar den
       Verdacht, dass in einem Wahllokal versehentlich drei EU-BürgerInnen statt
       nur Kommunalwahl- versehentlich – und gesetzeswidrig – auch
       Landtagswahlunterlagen erhalten und ausgefüllt hatten. „Das sind drei
       Wahlzettel, das macht 15 Stimmen – das ist unter Garantie mandatsrelevant“,
       ließ Jürgewitz in der Verhandlung durchblicken, dass er gegebenenfalls auf
       Neuwahl zumindest in diesem Stimmbezirk hätte drängen wollen.
       
       Die rot-grüne Regierungsmehrheit schrumpft dadurch von vier auf drei Sitze
       Vorsprung im Landtag. Die Zahl der Fraktionen bleibt aber gleich: Zwar
       hätte die AfD mit diesem Ergebnis die nötigen fünf
       Bürgerschaftsabgeordneten, denn in Bremen Stadt hatte sie locker über fünf
       Prozent eingefahren. Doch drei ihrer Abgeordneten fühlen sich der [2][Bernd
       Lucke-Formation Alfa] zugehörig, einer moderateren Abspaltung der AfD.
       
       Dennoch erreicht Jürgewitz mit dem Mandat ein lange verfolgtes Ziel:
       Bereits Anfang des Jahrhunderts hatte er im Bremer [3][Ableger der
       Schillpartei versucht], auf dem politischen Parkett zu reüssieren. Danach
       gab er ein kurzes Gastspiel in der FDP. Später verband er das
       Parteien-Hopping mit Wohnortwechseln: Bis Mitte 2014 lebte er in Hagen im
       Kreis Cuxhaven. 2013 war er dort bei den Freien Wählern aktiv gewesen. Als
       er bei der Kommunalwahl als Einzelbewerber nur 1,4 Prozent der Stimmen
       erhalten hatte, wechselte er in die AfD, wo er schnell zum
       stellvertretenden Cuxhavener Kreisvorsitzenden avancierte. Rechtzeitig zur
       Listenaufstellung zog er zurück nach Bremerhaven.
       
       21 Dec 2015
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://bremen.beck.de/?vpath=bibdata%2Fges%2FBrWahlG%2Fcont%2FBrWahlG.P37.htm
   DIR [2] https://www.bremische-buergerschaft.de/index.php?id=358&fraktion=14162
   DIR [3] http://www.hafenradar.de/de/news/keine-probleme-mit-schill
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Benno Schirrmeister
       
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