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       # taz.de -- Genehmigung für Max-Planck-Institut: Möge die Kernfusion beginnen
       
       > Das Verfahren ist umstritten – trotzdem dürfen ForscherInnen in
       > Greifswald Experimente zur Kernfusion durchführen.
       
   IMG Bild: Sieht aus wie ein UFO, soll aber Erkenntnisse zur Kernfusion bringen: Der Wendelstein 7-X.
       
       Berlin taz | Wendelstein 7-X, so heißt die von Tausenden Kabeln und Rohren
       umschlungene Anlage, die nach 19 Jahren Planung und Aufbau im Greifswalder
       Max-Planck-Institut für Plasmaphysik steht. ForscherInnen wollen damit die
       Kernfusion genauer untersuchen, die eines Tages zur Energiegewinnung
       beitragen soll. Am Mittwoch erteilte nun die zuständige Behörde, das
       Landesamt für Gesundheit und Soziales in Rostock, die Betriebsgenehmigung.
       
       Der Direktor des Greifswalder Instituts, Thomas Klinger, zeigte sich
       zufrieden. „Das war ein langer, intensiver und arbeitsreicher Prüfprozess“,
       sagte er. In der eine Milliarden Euro teuren Anlage werden mithilfe von
       Magnetfeldern Gase auf Temperaturen erhitzt, die höher als die der Sonne
       sind.
       
       So entsteht ein Plasma, mithilfe dessen später in Kraftwerken Atomkerne
       verschmolzen und Energie erzeugt werden könnten. Die Kernfusion auf der
       Sonne ist auch Vorbild für das Experiment. Sie verläuft dort allerdings
       unter wesentlich höherem Druck, weshalb die Temperaturen nicht so hoch sein
       müssen.
       
       Streit um radioaktive Strahlung 
       
       Doch das Verfahren ist umstritten. Denn bei der Fusion des für die
       Energiegewinnung notwendigen Wasserstoffisotops Deuterium werden geringe
       Mengen an Radioaktivität frei. In Greifswald soll deshalb zunächst mit
       Helium gearbeitet werden, das keine Strahlung freisetzt. „Die Erzeugung des
       Helium-Plasmas ist unsere Generalprobe“, sagte Klinger. Mit Deuterium will
       das Institut frühestens ab 2018 arbeiten. Dazu seien laut Klinger noch
       weitere technische Voraussetzungen zu erfüllen.
       
       Der BUND Mecklenburg-Vorpommern hatte das Strahlenschutzgutachten, das der
       TÜV Süd im Auftrag des Landesamts im vergangenen Jahr angefertigt hatte,
       kritisiert. Bei der Herstellung des Schutzbetons für die Anlage habe es
       Fehler gegeben, weshalb Radioaktivität austreten könne. Landesamt und
       Max-Planck-Institut wiesen die Vorwürfe zurück.
       
       Zu lange, zu teuer 
       
       Wann die Kernfusion als alternative Energiequelle tatsächlich in Betracht
       kommt, ist unklar. Nach Institutsangaben ist Wendelstein 7-X zwar die
       weltweit größte Anlage dieses Typs, für eine tatsächliche Fusionsreaktion
       müsste sie aber noch größer sein. „Wir rechnen damit, dass wir Anfang der
       2030er Verfahren entwickelt haben, bei der so viel Energie entsteht, dass
       sich die Produktion lohnt“, sagte Sibylle Günter, wissenschaftliche
       Direktorin des Max-Planck-Instituts.
       
       Dann erst kann mit dem Bau der Kraftwerke begonnen werden – wenn es sich
       finanziell lohnt. Der Bau eines einzigen Kraftwerks kann laut einer Studie
       von McKinsey, die der taz vorliegt, mehrere Milliarden Euro kosten.
       
       10 Dec 2015
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Jonas Seufert
       
       ## TAGS
       
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