URI: 
       # taz.de -- Umweltkatastrophe in den USA: Die Ölpest der Lüfte
       
       > Aus einem unterirdischen Speicher in Kalifornien entweicht seit Monaten
       > Erdgas. Die Katastrophe ist nicht zu stoppen.
       
   IMG Bild: Vergebliche Versuche, das Erdgasleck zu schließen.
       
       Berlin taz | Es ist eine unsichtbare Katastrophe: Erst die
       Umweltorganisation [1][Environmental Defense Fund] machte kürzlich
       deutlich, was sich auf einem Hügel keine 30 Kilometer von Hollywood im
       US-Bundesstaat Kalifornien abspielt. [2][Infrarotaufnahmen zeigen], für den
       Menschen sonst unsichtbar, eine Rauchsäule wie aus einem Vulkanschlot, die
       über einem Hügel unweit von Los Angeles aufsteigt.
       
       Das Unternehmen Southern California Gas Co. speichert hier unterirdisch 2,4
       Milliarden Kubikmeter Erdgas, es ist die zweitgrößte Einrichtung dieser Art
       in den USA. Am 23. Oktober bekam ein Bohrloch des Reservoirs in 2.500
       Metern Tiefe ein Leck. Seitdem liegt der Gestank fauler Eier über dem nahen
       Ort Porter Ranch, hervorgerufen durch Zusatzstoffe im Erdgas. Nach
       Berichten sind bisher 1.700 Häuser evakuiert, eine Flugverbotszone ist über
       dem Gebiet eingerichtet – das Gas könnte sich entzünden. Rund 50 Tonnen
       Methan, der Hauptbestandteil von Erdgas, treten aus dem Leck aus –
       stündlich. Die Ursachen des Unfalls sind unbekannt.
       
       Die durch einen Hollywoodfilm bekannte US-amerikanische Umweltaktivistin
       Erin Brockovich [3][verglich die Katastrophe] mit dem Unglück der
       Ölplattform Deepwater Horizon 2010 im Golf von Mexiko, nur eben an Land.
       Sie beschrieb in einem Interview mit einem Fernsehsender die Symptome,
       nachdem sie sich in der Nähe des Lecks aufgehalten hatte: „Nach einer
       Stunde überkam uns ein mieses Gefühl. Wir bekamen Kopfschmerzen, einen
       trockenen Hals und Husten.“
       
       ## Symptome: Nasenbluten
       
       Über ähnliche Symptome bis hin zu Nasenbluten berichten laut
       Medienberichten Hunderte Anwohner. Nach Angaben der kalifornischen Behörden
       sind es die dem Erdgas eigens beigemischten Zusatzstoffe, die derartige
       Beschwerden auslösen. Menschen können sie auch in geringster Konzentration
       noch riechen. Sie dienen explizit dazu, Lecks wahrnehmbar zu machen.
       
       Seit Wochen misst Southern California Gas die Konzentration der Stoffe,
       außerdem Methan und das besonders gesundheitsschädliche Benzol. Sie seien,
       beschwichtigt die Firma, so gering konzentriert, dass keine
       Gesundheitsgefahr bestehe.
       
       Der Betreiber ist seit Monaten nicht in der Lage, das Leck zu schließen,
       das sich offenbar am Fuß des rund 2.500 Meter tiefen Bohrlochs befindet.
       Zunächst versuchte die Firma, Flüssigkeit in das Loch zu pressen, um
       Gegendruck zu erzeugen, was misslang. Momentan bohren Spezialisten einen
       zweiten Zugang zu dem natürlichen Felsspeicher. Einen knappen Kilometer
       tief sind sie derzeit. Frühestens Ende Februar, möglicherweise erst Ende
       März sollen die Arbeiten fertig sein – so lange wird weiter Gas austreten.
       Bis dahin könnten 200.000 Tonnen Erdgas entwichen sein.
       
       Weil die Anwohner den Beschwichtigungen von Southern California Gas nicht
       glauben, [4][bereiten sie eine Sammelklage vor]. Hintergrund ist, dass die
       Probleme mit den Bohrlöchern der Betreiberfirma längst bekannt sind. Einige
       der Zugänge sind offenbar bereits 80 Jahre alt, das nun Leck geschlagene
       nach Angaben des Anwalts Robert F. Kennedy Jr. 62 Jahre alt und völlig
       unzureichend geschützt. „Heute wäre ein solches Bohrloch illegal“, sagte
       der Jurist, ein Spross der Kennedy-Dynastie.
       
       ## Es leckt überall
       
       Das Methanleck von Porter Ranch steht exemplarisch für ein weitaus größeres
       Problem: Umweltschützer vermuten, dass allein in den USA jährlich sieben
       Millionen Tonnen Methan in die Atmosphäre entweichen, weil Bohrlöcher,
       Pipelines und Speicher nicht dicht sind. Erst im Sommer hat US-Präsident
       Barack Obama Vorschläge gegen die Verschwendung vorgelegt, Methan ist ein
       Klimagas, das bei gleicher Menge rund 25 mal stärker wirkt als CO2. Es
       trägt rund zehn Prozent zum US-Klimagas-Ausstoß bei.
       
       Laut Environmental Defense Fund ist das Leck in Kalifornien jedoch das
       weitaus größte bisher. [5][Auf ihrer Webseite] zählen die Umweltschützer
       das ausgetretene Erdgas. Rund elf Millionen Dollar wäre es bisher wert
       gewesen. Für den Betreiber könnte es deutlich teurer werden, sollten die
       Klagen Erfolg haben.
       
       30 Dec 2015
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] http://www.edf.org/
   DIR [2] http://youtu.be/exfJ8VPQDTY
   DIR [3] http://abc7.com/news/erin-brockovich-addresses-porter-ranch-gas-leak/1117640/
   DIR [4] http://www.porterranchlawsuit.com/
   DIR [5] https://www.edf.org/climate/californias-massive-methane-leak
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Ingo Arzt
       
       ## TAGS
       
   DIR Erdgas
   DIR Umweltkatastrophe
   DIR Kalifornien
   DIR USA
   DIR Methan
   DIR Methan
   DIR Fracking
   DIR Los Angeles
   DIR Schwerpunkt Klimawandel
   DIR Ökostrom
   DIR Schwerpunkt Klimawandel
   DIR Schwerpunkt Klimawandel
   DIR Kerosin
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Klimagase in der Arktis: Alarmwerte auf Spitzbergen
       
       Wissenschaftler messen Methanwerte auf Rekordhöhe. Fracking könnte ein
       Grund sein. Welche Rolle tauende Permafrostböden spielen, ist unklar.
       
   DIR Der Weg des Fluids: Freispruch fürs Fracking
       
       Die Bundesanstalt für Geowissenschaften sieht durch Fracking aus
       Schiefergestein weder das Grundwasser bedroht noch das Erdbebenrisiko
       erhöht.
       
   DIR Luftverschmutzung in Los Angeles: Es stinkt nach faulen Eiern
       
       Seit Mitte Oktober sind 80.000 Tonnen Erdgas aus einem leckgeschlagenen
       Speicher ausgeströmt. Jetzt hat der Gouverneur den Notstand ausgerufen.
       
   DIR Der Ökodiktator – §§ 11 bis 111: Alles muss verboten werden
       
       Die weise Regierung der Klimarepublik kümmert sich um ihre Bürger. Ihr
       Auftrag: Unheil vom Volk abwenden. Ihr Mittel: verbieten.
       
   DIR Dekarbonisierung in Deutschland bis 2050: Wohnen, reisen und essen ohne Kohle
       
       Dekarbonisierung ist möglich. In einigen Bereichen ist die nötige Technik
       schon da, in anderen braucht es noch Innovation – oder Verzicht.
       
   DIR Lexikon zur UN-Klimakonferenz: Klimasprech für Einsteiger
       
       Kyoto-Protokoll, Emissionshandel, Grünes Wachstum? Was war das nochmal? Die
       wichtigsten Stichwörter zum Mitreden über COP21.
       
   DIR Deutsche Landwirtschaft auf der COP21: Der unwillige Oberbauer
       
       Landwirtschaft ist in Deutschland die zweitgrößte Quelle von
       Treibhausgasen. Agrarminister Schmidt kämpft dafür, dass sich daran nichts
       ändert.
       
   DIR Aus Le Monde diplomatique: Klimaratlos
       
       Seit 1990 informiert der Weltklimarat IPCC über die Risiken des
       Klimawandels. Wir sind gewarnt und tun immer noch viel zu wenig.