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       # taz.de -- CDU-Position zu Flüchtlingen: Nein zur Obergrenze
       
       > Der CDU-Leitantrag für den Bundesparteitag grenzt sich von der
       > CSU-Forderung ab. Reduzieren will die Partei den Zuzug dennoch. Und sie
       > pocht auf Integration.
       
   IMG Bild: Die CDU will den Flüchtlingszuzug reduzieren, betont aber gleichzeitig, dass Deutschland für Menschen in Not aufnahmebereit sei.
       
       Berlin rtr | Die CDU-Spitze will den Flüchtlingszuzug begrenzen, lehnt aber
       die von der CSU für Deutschland geforderten Aufnahme-Obergrenzen ab. Das
       geht aus dem Entwurf des Leitantrages für den Bundesparteitag hervor, der
       am Donnerstag in Berlin von Bundesinnenminister Thomas de Maizière, den
       beiden Partei-Vizechefs Julia Klöckner und Thomas Strobl sowie
       CDU-Generalsekretär Peter Tauber vorgestellt wurde. „Unser Antrag hat ein
       klares Ziel: Wir wollen die Reduzierung“, sagte de Maiziere. Zugleich
       betont die CDU die Aufnahmebereitschaft Deutschlands für Flüchtlinge in
       Not.
       
       CDU-Präsidium und -Vorstand sollen den Leitantrag am Sonntag beschließen.
       Auf dem Bundesparteitag in Karlsruhe wird am Montag über die
       Flüchtlingspolitik beraten und abgestimmt. Etliche CDU-Gruppierungen
       fordern von Bundeskanzlerin und CDU-Chefin Angela Merkel eine restriktivere
       Flüchtlingspolitik, nachdem in diesem Jahr bereits rund eine Million
       Flüchtlinge und Migranten nach Deutschland gekommen sind. Die Junge Union
       pocht wie die CSU auf die Festlegung einer nationalen Obergrenze. Dies
       nimmt die CDU-Spitze in dem Leitantrag aber nicht auf.
       
       Der Innenminister sagte, die nun gefundenen Formulierungen seien der
       bessere Weg als die geforderten nationalen Maßnahmen. „Wir tun alles, um
       Schengen zu erhalten. Schengen aufzugeben, hat erheblich Nachteile und
       Kollateralschäden“, sagte er mit Blick auf das Prinzip des passfreien
       Reisens im Schengenraum. Dafür sei aber ein effektiver Schutz der
       EU-Außengrenzen nötig, den es derzeit nicht gebe.
       
       Zugleich dementierte de Maizière Berichte über einen Notfallplan zur
       Schließung nationaler Grenzen, wenn die Flüchtlingszahlen wieder steigen
       sollten. „So Pläne müsste ich kennen“, sagte er. Später fügte er allerdings
       auf die Frage nach einer erreichten Überforderung Deutschland hinzu: „Wenn
       der Zeitpunkt erreicht wäre, müsste man handeln und nicht drüber reden.“
       
       ## Keine nationalen Sonderwege
       
       CDU-Generalsekretär Peter Tauber sagte, man habe die Forderungen nach
       nationalen Maßnahmen bewusst verworfen: Nationale Sonderwege seien nur
       Scheinlösungen für die Flüchtlingskrise. „Und deshalb ist der langwierige
       Weg der erfolgversprechendere“, sagte er mit Blick auf die Verhandlungen
       mit der Türkei über eine Begrenzung des Flüchtlingszustroms und die
       Verteilung der Flüchtlinge in der EU.
       
       Im Entwurf für den Leitantrag wird zum Thema Integration eine harte Linie
       vorgeschlagen. „Die CDU strebt Gesetze in Bund und Ländern für den
       Abschluss verbindlicher Integrationsvereinbarungen an“, sagte Partei-Vize
       Klöckner. Darin sollten gegenseitige Rechte und Pflichten formuliert
       werden. Sie sprach von einem „Integrationspflichtgesetz“.
       
       Auch die SPD lehnt eine Obergrenze für die Aufnahme von Flüchtlingen in
       Deutschland ab. Auf ihrem Parteitag in Berlin machten sich die
       Sozialdemokraten am Donnerstag stattdessen für Aufnahmekontingente für
       Flüchtlinge in Europa stark. In letzter Minute schwächte die Mehrheit der
       Delegierten zugleich eine Formulierung ab, mit der die Parteiführung ein
       Signal senden wollte, dass Deutschland nicht unbegrenzt Flüchtlinge
       aufnehmen könne.
       
       Vorteil einer „geordneten Zuwanderung über Kontingente“ sei, dass
       Deutschland wisse, wer komme und die Integration der Menschen besser
       vorbereiten könne, heißt es im SPD-Beschluss. Antragstellung,
       Identitätsfeststellung und Registrierung fänden vor der Einreise nach
       Europa statt. Die SPD will das Grundrecht auf Asyl allerdings auf keinen
       Fall einschränken, wie mehrere Redner unterstrichen. Dadurch werde es auch
       weiter Menschen geben, die auf anderen Wegen versuchten, sich nach
       Deutschland zu retten, heißt es im SPD-Beschluss. Kontingente seien daher
       keine Obergrenzen.
       
       ## Diskussion über „Verringerte Geschwindigkeit“
       
       Die Parteiführung hatte sich für einen Passus stark gemacht, wonach auch
       „über die Grenzen der Aufnahmefähigkeit“ diskutiert werden müsse. Die SPD
       räumt aber ein, dass über die „Verringerung der Geschwindigkeit“ debattiert
       werden müsse.
       
       SPD-Chef Sigmar Gabriel warb für „Klarheit und Realismus“ in der Debatte.
       Integration könne nicht angemessen gelingen, wenn im nächsten und
       übernächsten Jahr wieder eine Million Menschen nach Deutschland kämen. Die
       Geschwindigkeit des Zuzugs müsse daher abnehmen. Obergrenzen seien hingegen
       „Quatsch“, weil sie Menschen nicht davon abhielten, nach Deutschland zu
       kommen. Wolle man dies verhindern, müssten Zäune errichtet oder Soldaten
       mit aufgepflanztem Bajonett Menschen an der Grenze abweisen.
       
       Die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer sagte, Integration
       könne nur gelingen, „wenn die Flüchtlinge auch nicht mehr so schnell und
       nicht mehr in so großer Zahl zu uns kommen“. SPD-Fraktionschef Thomas
       Oppermann sagte: „Ich glaube, dass wir langsam an unsere Grenzen stoßen.“
       
       ## Bekämpfung von Fluchtursachen
       
       Die SPD macht sich daher vor allem für eine Bekämpfung der Fluchtursachen
       stark. So müssten die Lebensbedingungen für Flüchtlinge in den
       Nachbarregionen der Bürgerkriegsgebiete verbessert werden, wie etwa in
       Jordanien, dem Libanon, dem Irak und der Türkei. Die Sicherung der
       Außengrenzen der Europäischen Union müsse einhergehen, mit massiven
       Investitionen in diesen Ländern. Änderungen beim Familiennachzug über die
       in der Koalition beschlossenen Einschränkungen für Personen mit geringstem
       Schutzstatus lehnt die SPD anders als die Union ab.
       
       Beim SPD-Parteitag bekräftigte Ministerpräsidentin Dreyer ihre Kritik am
       Bundesamt für Migration (BAMF). Dort stapelten sich 350.000 unerledigte
       Asylanträge, und 400.000 Menschen hätten noch gar keinen Antrag stellen
       können. Sie erwarte, dass die Behördenspitze mit dem Personalrat darüber
       spreche, wie man „auch durch Dienste am Wochenende“ zu zügigeren Verfahren
       kommen könne. BAMF-Chef Frank-Jürgen Weise sagte in der „Wirtschaftswoche“,
       sollten im kommenden Jahr so viele Flüchtlinge wie 2015 nach Deutschland
       kommen, sei seine Behörde trotz erheblichen Personalzuwachses auf weitere
       Mitarbeiter angewiesen.
       
       11 Dec 2015
       
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