URI: 
       # taz.de -- Auswirkungen des Klimagipfels für Berlin: „Die Bürger müssen Druck machen“
       
       > Was hat Paris Berlin gebracht? Ökoaktivist Tadzio Müller hat den Gipfel
       > zwei Wochen lang für die taz verfolgt und zieht eine kritische Bilanz.
       
   IMG Bild: Das Klima braucht auch ihre HIlfe, findet Tadzio Müller (nicht auf dem Bild)
       
       taz: Herr Müller, sind Sie enttäuscht vom Ergebnis des Gipfels? 
       
       Tadzio Müller: Ich habe keine effektiven Ergebnisse erwartet. Der Deal ist
       verlogen, schizophren und menschenverachtend; es sind wachsweiche,
       rechtlich nicht verbindliche Paragrafen. Was mich wirklich enttäuscht und
       auch wütend macht: Ein großer Teil der gipfelnahen Zivilgesellschaft und
       viele Medien fallen rein auf die Erzählung, hier sei ein Fortschritt
       passiert.
       
       Können Sie ein Beispiel nennen? 
       
       Die 1,5-Grad-Grenze steht in der Präambel. Aber da kann ich viel
       reinschreiben, sie hat ja keine Rechtsverbindlichkeit. Und um unter dieser
       Grenze zu bleiben, müssten wir im globalen Norden spätestens in fünf Jahren
       aufhören, fossile Brennstoffe zu nutzen. Wie das gehen soll, darüber wird
       aber nichts gesagt. Die ganzen zerstörerischen Prozesse werden weiter
       laufen.
       
       Was bedeutet das Ergebnis für die großen westlichen Städte? 
       
       Die Message des Gipfels nach Berlin, New York, Rom, Moskau ist: Wenn ihr
       den Klimawandel verhindern wollt, müsst ihr jetzt schnell in die Puschen
       kommen und könnt keine Hilfe von der globalen Klimapolitik erwarten.
       
       Welche Schlussfolgerungen kann Berlin daraus ziehen? 
       
       Die Regierungen der Städte, aber auch ihre Bevölkerung müssen jetzt Druck
       machen. Die Klimapolitik des Senats muss deutlich ambitionierter werden und
       es muss dafür auch mehr Geld geben.
       
       Wo muss sich die Stadt mehr engagieren? 
       
       Berlin hat immer noch ein Kohlekraftwerk – das muss schnellstens vom Netz.
       Berlin muss Druck auf Brandenburg ausüben, den Braunkohletagebau
       runterzufahren; eine Folge davon, die Verockerung der Spree, trifft ja
       irgendwann auch die Stadt. Die Landespolitik muss eine sozial gerechte Form
       der Gebäudesanierung umsetzen und den Öffentlichen Nahverkehr vor allem
       außerhalb des Rings ausbauen.
       
       Wo steht die Stadt gut da? 
       
       Die Botschaft, dass Klimapolitik eine viele Bereiche umfassende Aufgabe
       ist, ist auf lokaler Ebene viel besser zu vermitteln. Städte werden mehr
       und mehr zum den letzten Refugien der Demokratie – auf nationaler und
       internationaler Ebene steigt das Misstrauen der Bürger, auf kommunaler
       Ebene bleibt Demokratie handlungsfähig. Für die Bürger gilt aber auch: Wenn
       sie den Kohleausstieg oder eine entgeltfreien Nahverkehr wollen, müssen sie
       selbst das vorantreiben.
       
       Welches Fazit ziehen Sie für die Bewegung der Klima-Aktivisten? 
       
       Der Deal war ein Memo an die Welt: Liebe Leute, wir kriegen das Problem
       nicht unter Kontrolle. Das müssen die Aktivisten nun selbst in die Hand
       nehmen.
       
       Was steht für Sie jetzt an? 
       
       Ich mache jetzt zwei Wochen Pause. Und Anfang des Jahres geht es mit der
       internationalen Vernetzung der Klimabewegung weiter.
       
       13 Dec 2015
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Bert Schulz
       
       ## TAGS
       
   DIR Energie
   DIR  UN-Klimakonferenz in Belém 2025
   DIR Energiesparen
   DIR Schwerpunkt Klimawandel
   DIR Kohleausstieg
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Nach dem Klima-Abkommen von Paris: Große Hoffnung, Kleingedrucktes
       
       Umweltschützer, Delegierte und Diplomaten feierten bis in die Nacht. Das
       Pariser Abkommen wurde weltweit bejubelt. Wie geht es jetzt weiter?
       
   DIR Kommentar Bürger und Kohleausstieg: Elefant mit Knick im Rüssel
       
       Umweltministerin Hendricks hat ein Problem. Sie will raus aus der Kohle.
       Die großen Tiere werden ihr kaum helfen. Die vielen kleinen Fliegen schon.