# taz.de -- Zweiter Wahldurchgang in Frankreich: Le Pen geht leer aus
> Der Front National hat doch keine Region erobern können. Die WählerInnen
> der Sozialisten haben ihm einen Strich durch die Rechnung gemacht.
IMG Bild: Marine Le Pen bei der Stimmabgabe am Sonntag im nordfranzösischen Henin-Beaumont.
PARIS taz | Natürlich wollte Marine Le Pen am Sonntagabend nicht von einer
Niederlage reden. Doch ihre Hoffnung, dank der außerordentlichen Resultate
des ersten Wahlgangs eine oder mehrere der 13 Regionen zu erobern, hat sich
nicht erfüllt. Schuld daran ist eine starke Wahlbeteiligung sowie in zwei
Regionen im Norden und an der Côte d‘Azur das taktische Opfer der
Sozialisten, die ihre Liste aus dem Rennen gezogen hatten, um einen Sieg
des FN zu verhindern.
In diesen beiden Regionen verdanken also die bürgerlichen Listen der
vereinten Konservativen und Zentristen ihren klaren Erfolg auch der
Mobilisierung der linken Wählerschaft. Die regierenden Sozialisten, die
sich für die Stichwahlen in mehreren Regionen mit den Grünen verbündet
hatten, schneiden fast wider Erwarten gut ab. Sie behalten immerhin fünf
Regionen. Die Linke bleibt stark im Südwesten und in der Bretagne. Sieben
Regionen gehen an die Bürgerlichen, darunter auch die Hauptstadtregion Ile
de France. In Korsika gelang den Nationalisten in einer komplizierten
Stichwahl mit vier Listen der Sieg mit einem Stimmenanteil von 36%.
Am ersten Wahltag war es vor allem dem FN besser als den anderen Parteien
gelungen, die eigenen Sympathisanten zu mobilisieren und Spitzenergebnisse
zu erzielen. Am zweiten Wahlsonntag kam als stärkere Gegenbewegung die
Abwehrreaktion gegen den FN. Es war eine Reaktion aus Angst, dass diese von
einer Demagogin geführte Extremistenpartei in Regionen an die Macht
gelangen könnte, deren Bevölkerungsgröße mit der von Ländern wie Dänemark
vergleichbar ist.
Das gute oder schlechte Image einer Region kann darüber entscheiden, ob
sich eine ausländische Firma dort niederlassen wird oder nicht. Das hat
offenbar vielen Wählern zu denken gegeben. Marine Le Pen sprach dagegen
wütend von einer „Kampagne der Verleumdung“.
## Stimmstärkste Einzelpartei Frankreichs
Für den FN aber ging es bei dieser zweiten Wahlrunde um mehr als nur ums
Prestige. Diese Partei hatte schon 2014 bei der Europawahl mit einem
Ergebnis von mehr als einem Viertel der Stimmen Aufsehen erregt, dann im
selben Jahr bei den Kommunalwahlen mehrere Städte unter ihre Kontrolle
gebracht und den Vormarsch zur stimmenstärksten Einzelpartei Frankreichs im
März dieses Jahres bestätigt, als ihre Listen in 71 von hundert
Départements bei den Nachwahlen im ersten Durchgang in Führung lagen. I
m ersten Durchgang der Regionalwahlen vor einer Woche hatte der FN mit
einem landesweiten Durchschnitt von 28% und Spitzenergebnissen von mehr als
40% in Nordfrankreich und im Südosten nochmals zugelegt.
In diesen beiden Regionen, Nord-Pas-de-Calais-Picardie und
Provence-Alpes-Côte d‘Azur, hatten die Sozialisten schließlich ihre Listen
zugunsten der bürgerlichen Gegner zurückgezogen. Im Nordosten dagegen, in
der Region Elsass-Lothringen-Champagne-Ardennen weigerte sich der linke
Spitzenkandidat, wie von der Parteizentrale verlangt, aus Angst vor einem
drohenden FN-Sieg das Handtuch zu werfen. Auch dort konnte der FN aber
gerade noch ausgebremst werden.
Aus den Resultaten in den 13 Regionen wird man auch weitere Hinweise zur
politischen Entwicklung Frankreichs herauslesen. Die Regionalwahlen waren
die letzte politische Hauptprobe vor der Präsidentschaftswahl von 2017, bei
der sich Marine Le Pen nicht mehr mit der Rolle der Spielverderberin
begnügen will. Das nächste Mal geht es für sie ums Ganze. Im Streben um die
Macht haben die Regionalwahlen sie nur bestärkt.
14 Dec 2015
## AUTOREN
DIR Rudolf Balmer
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