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       # taz.de -- Ende des Zwei-Parteien-Systems: Spanien vor zäher Regierungsbildung
       
       > Die Konservativen von Ministerpräsident Rajoy haben die Wahl gewonnen.
       > Doch Podemos und Ciudadanos sind stark. Wen das an die Regierung bringt,
       > ist noch offen.
       
   IMG Bild: Hat die Wahl zwar nicht gewonnen, kann aber trotzdem feiern: Podemos-Chef Pablo Iglesias.
       
       MADRID ap | Zeitenwende in Spanien: Bei der Parlamentswahl haben die
       Aufsteigerparteien Podemos und Ciudadanos stark abgeschnitten und damit die
       traditionellen Machtverhältnisse durcheinandergewirbelt. Die regierende
       Volkspartei PP von Ministerpräsident Mariano Rajoy wurde zwar stärkste
       Kraft, verpasste ihre vor vier Jahren errungene absolute Mehrheit
       allerdings um Längen.
       
       Abgestraft wurden nach ihrem ohnehin schwachen Abschneiden im Jahr 2011
       auch die Sozialisten (PSOE). Podemos-Chef Pablo Iglesias beschwor „die
       Geburt eines neuen Spaniens.“ Doch pochte Rajoy darauf, weiterregieren zu
       wollen. Die Suche nach Koalitionspartnern dürfte sich jedoch für alle
       Parteien als sehr schwierig erweisen.
       
       Über Jahrzehnte hinweg hatten sich die konservative PP und die Sozialisten
       an der Macht abgewechselt. Kleinere Parteien nutzten sie bei Bedarf als
       Mehrheitsbeschaffer für einzelne Abstimmungen im Unterhaus. Doch nach
       Auszählung von 99,9 Prozent der Stimmen holte die PP diesmal 123 von 350
       Sitzen im Parlament – und blieb damit weit unter den 186 Mandaten, die sie
       vor vier Jahren bei einem Erdrutschsieg über die Sozialisten bekommen
       hatte. Auf Platz zwei landete PSOE mit 90 Sitzen, gefolgt von der
       ultralinken Podemos mit 69 Sitzen. Viertplatzierter wurde die bürgerliche
       Partei Ciudadanos.
       
       Podemos-Chef Iglesias sagte: „Spanien wird nicht mehr dasselbe sein, wir
       sind glücklich. Unser Kampf gegen Korruption geht weiter“, erklärte der
       37-jährige Politikdozent auf Englisch vor Anhängern in Madrid. Ähnlich
       äußerte sich Ciudadanos-Führer Albert Rivera. Die Wahl markiere den Start
       einer neuen Ära, vor allem für junge Spanier wie ihn, die nach der Diktatur
       von 1939 bis 1975 geboren worden seien, sagte der 36-Jährige. „Jene, die
       den ersten demokratischen Übergang nicht erlebt haben, erleben jetzt den
       zweiten.“
       
       ## „Ruck nach links“
       
       Doch betonte Regierungschef Rajoy vor rund 200 Unterstützern vor dem
       PP-Hauptquartier: „Diese Partei ist immer noch Kraft Nummer eins in
       Spanien.“ Wer eine Wahl gewinne, müsse auch versuchen, eine Regierung zu
       bilden. Was Spanien brauche, sei eine stabile Regierung, die im Parlament
       Rückendeckung habe. Wie er eine Koalition zustande bringen will, sagte
       Rajoy jedoch nicht.
       
       Sozialisten-Chef Pedro Sánchez erklärte indes, der Wahlausgang zeuge von
       einem Wählerwunsch nach einem „Ruck nach links.“ Er und seine Partei seien
       bereit für „zum Dialog, zur Debatte und zu Einigungen.“
       
       Die Sozialisten könnten sich mit Podemos und Ciudadanos zu einem
       Dreierbündnis zusammentun. Möglich wäre auch ein Deal zwischen den
       Sozialisten und Podemos sowie kleineren regionalen Parteien wäre möglich.
       Eine Große Koalition aus Konservativen und Sozialisten hatte Spanien noch
       nie.
       
       Rajoy hatte Spanien nicht zuletzt mit Sparmaßnahmen und einem EU-Kredit für
       das angeschlagene Bankensystem aus der schweren Wirtschaftskrise geführt
       und wieder ein starkes Wirtschaftswachstum erreicht. Die Arbeitslosenquote
       liegt aber immer noch bei 21 Prozent. Zudem brach Rajoy sein Versprechen,
       die Steuern nicht zu erhöhen. Sein Sparkurs führte zudem zu harten
       Einschnitten im Gesundheitswesen und bei der Bildung.
       
       Viele Spanier ärgert auch, dass Politiker und führende Geschäftsleute bei
       Korruptionsfällen scheinbar straflos davon kommen. Podemos versprach ein
       Ende des Sparkurses, Ciudadanos vor allem den Kampf gegen Bürokratie.
       
       Rund 36,5 Millionen Wahlberechtigte waren aufgerufen, Vertreter für das
       Abgeordnetenhaus und den Senat zu bestimmen. Die Wahlbeteiligung lag bei
       73,2 Prozent, vor vier Jahren betrug sie noch 68,9 Prozent.
       
       21 Dec 2015
       
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