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       # taz.de -- Pflanzenzucht für Tofu-Produzent: Kein Sommerurlaub wegen Soja
       
       > Ein Tofu-Hersteller will mit Hilfe von HobbygärtnerInnen den Anbau von
       > Soja ausweiten. Bisher wird in Deutschland nur eine Sorte geerntet.
       
   IMG Bild: Soja aus der brasilianischen Region Mato Grasso - in den Händen des Grünen-Fraktionsvorsitzenden Anton Hofreiter.
       
       BERLIN taz | Sechs Quadratmeter Gartenfläche und die Bereitschaft zum
       Verzicht auf einen langen Sommerurlaub. Das müssen interessierte
       GärtnerInnen mitbringen, um am Projekt „1000 Gärten“ des
       Biotofu-Herstellers Taifun teilzunehmen. In Zusammenarbeit mit der
       Universität Stuttgart-Hohenheim will das Unternehmen in bundesweit tausend
       Gärten neue Soja-Züchtungen darauf prüfen, wie geeignet sie für den Anbau
       in der jeweiligen Region sind.
       
       „Wir suchen momentan Hobbygärtner, die bereit sind, einen Teil ihres
       Gartens für den Sojaanbau zur Verfügung zu stellen – egal wo“, sagte Lina
       Cuypers, Pressesprecherin von Taifun. Geld gibt es dafür nicht, auch die
       Ernte müssen TeilnehmerInnen zu einem großen Teil abgeben.
       
       Die Freiburger Firma stellt seit knapp 30 Jahren aus Soja Tofu her – bio,
       ohne Gentechnik und möglichst aus regionalem Anbau. Aufgrund des milden
       Klimas liegen die Felder momentan vor allem in Süddeutschland – in der
       Pfalz, in Baden und am Oberrhein. Da die Produktion in Deutschland die
       Nachfrage nicht deckt, bezieht Taifun aus Österreich und Frankreich
       weiteres Soja. Etwa ein Zehntel kommt aus Kanada.
       
       In Deutschland kommt lediglich eine Sojasorte zum Einsatz: die Sorte
       „Primus“, die ursprünglich aus Kanada stammt. Das soll sich nun ändern. Die
       neuen Sojasorten sollen in Zukunft auch in kälteren, trockeneren oder
       höheren Regionen Deutschlands wachsen. Etwa tausend Züchtungen hat die
       Universität Hohenheim dafür durch Kreuzungen hergestellt. Die sollen nun
       ausprobiert werden.
       
       Denn Soja stößt auch in Deutschland auf zunehmende Beliebtheit. Seit
       einiger Zeit boomt deshalb auch die Produktion. 17.300 Hektar betrug die
       Anbaufläche dieses Jahr, 2014 waren es noch 10.000 Hektar. Dagegen stehen
       4,5 Millionen Tonnen Sojaimporte, vor allem aus Brasilien, China und den
       USA, wo häufig gentechnisch verändertes Saatgut in Monokulturen zum Einsatz
       kommt. Gegessen wird das Soja selten direkt. 90 Prozent gehen in die
       Futtermittelproduktion für Kühe, Schweine und Geflügel.
       
       ## Die Ökobilanz von Soja ist gut
       
       Da die Nachfrage für Tierfutter so hoch ist, werden Bauern auch auf lange
       Sicht Soja importieren. Volker Hahn, der das Vorhaben für die Universität
       Hohenheim betreut, ist trotzdem zuversichtlich: „Mit den neuen Sorten
       können wir in Deutschland die Versorgung für die menschliche Ernährung
       sicherstellen“, sagte er. Ohnehin kämen als Futtermittel oft andere Sorten
       zum Einsatz, die aufgrund der Beschaffenheit und des Geschmacks nicht für
       die Tofu-Produktion geeignet sind.
       
       „Wenn wir am Schluss zwei bis drei Sorten nutzen können, ist das ein sehr
       gutes Ergebnis“, sagte Hahn. Bei erfolgreicher Züchtung werden die Sorten
       in einer Datenbank an der Universität Hohenheim eingetragen. ZüchterInnen
       können dort gegen eine Gebühr das Saatgut erwerben – auch Taifun muss für
       die Lizenz Geld zahlen.
       
       Markus Wolter vom WWF begrüßt die Initiative, denn die Ökobilanz von Soja
       sei gut. Im Gegensatz zu anderen Nutzpflanzen nimmt es Stickstoff direkt
       aus der Luft auf und muss deshalb kaum gedüngt werden. Was die Ausweitung
       der Produktion in Deutschland betrifft, ist er zuversichtlich. „Vor einigen
       Jahrzehnten hat auch niemand daran geglaubt, dass wir Mais in ganz
       Deutschland anbauen können“, sagte er. „Dank neuer Züchtungen hat das
       geklappt.“
       
       Uneigennützig ist das Projekt von Taifun nicht. Neue Anbaugebiete in der
       Nähe bedeuten weniger Transportkosten, mehr Tofu – und damit mehr Gewinne
       für die Firma. „Klar, Taifun ist ein Unternehmen“, sagte auch Wolter. „Aber
       die Firma hat ein nachhaltiges Konzept.“ Angebote, die dazu führten, dass
       VerbraucherInnen weniger Fleisch essen würden, seien daher ein Gewinn für
       die Umwelt.
       
       28 Dec 2015
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Jonas Seufert
       
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