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       # taz.de -- Diskussion um Urheberrecht: Anne Franks Tagebuch ist online
       
       > Ein Dozent und eine Abgeordnete aus Frankreich stellten Anne Franks
       > Tagebuch online. Der Anne Frank Fonds droht mit rechtlichen Schritten.
       
   IMG Bild: Das Tagebuch der Anne Frank ist als Download verfügbar. Diskussionen laufen, ob das legal ist.
       
       Paris afp/taz | Trotz eines Rechtestreits haben ein Universitätsdozent und
       eine Abgeordnete aus Frankreich das berühmte Tagebuch der Anne Frank frei
       abrufbar im Internet veröffentlicht. Die beiden stellten das Werk am
       Freitag als E-Book im niederländischen Original ins Internet. Sie verwiesen
       darauf, dass die Schutzfrist 70 Jahre nach dem Tod Anne Franks im Frühjahr
       1945 im NS-Konzentrationslager Bergen-Belsen ausgelaufen sei.
       
       Nach EU-Recht läuft die Schutzfrist beim Urheberrecht jeweils am 1. Januar
       nach dem 70. Todestag eines Autors aus. Der Anne Frank Fonds im
       schweizerischen Basel, der die Rechte an dem Tagebuch hält, hatte
       allerdings vorab im Gespräch mit der Nachrichtenagentur AFP mit rechtlichen
       Schritten gedroht, sollte „Das Tagebuch der Anne Frank“ ohne Erlaubnis
       veröffentlicht werden.
       
       Nach Ansicht des Fonds, der von Annes Vater Otto Frank 1963 in Basel
       gegründet wurde, handelt es sich bei dem Tagebuch um ein posthum
       veröffentlichtes Werk, bei dem eine 50-jährige Schutzfrist vom Zeitpunkt
       der Veröffentlichung an gelte. Da der vollständige Text erst 1986
       veröffentlicht worden sei, sei er noch bis 2037 urheberrechtlich geschützt.
       
       „Bei diesem Text, diesem Zeugnis und was es darstellt (...) habe ich weiter
       die Überzeugung, dass es keinen anderen Kampf zu führen gilt, als den
       seiner Befreiung“, rechtfertigte der Informationswissenschaftler Olivier
       Ertzscheid von der Universität Nantes [1][in einem Vorwort die
       Veröffentlichung in seinem Blog.] Es sei eine Würdigung dieses wichtigen
       Werkes, es ohne Beschränkungen zugänglich zu machen. „Das Tagebuch von Anne
       Frank ist ein Geschenk“, schreibt er weiter. Auch die grüne Abgeordnete
       Isabelle Attard veröffentlichte das Tagebuch in ihrem Blog. „Es lebe das
       Tagebuch der Anne Frank, es lebe die Urheberrechtsfreiheit“, [2][schrieb
       sie dazu].
       
       Die von Deutschland in die Niederlande ausgewanderte jüdische Familie Frank
       hatte sich seit 1942 in Amsterdam in einem Versteck aufgehalten, um den
       deutschen Besatzern zu entkommen. Während dieser Zeit bis zu ihrer
       Deportation schrieb die jugendliche Anne ihr Tagebuch, das nach dem Krieg
       entdeckt wurde. Ihr Vater Otto Frank, der Auschwitz überlebte und erst 1980
       starb, veröffentlichte 1947 die Aufzeichnungen seiner Tochter, von denen er
       allerdings einige Seiten zerstörte. Das Tagebuch wurde inzwischen in 70
       Sprachen übersetzt und mehr als 30 Millionen Mal verkauft.
       
       In den letzten Jahren sind die Schutzfristen von weiteren
       SchriftstellerInnen abgelaufen. So sind Werke von Stefan Zweig (1881-1942)
       online abrufbar, etwa [3][“Der Kampf mit dem Dämon“], das 2013 gemeinfrei
       wurde. Auch die Schriften von Robert Musil (1880-1942) haben keine
       Schutzfrist mehr.
       
       Die Gemeinfreiheit gilt ohne Ausnahme für alle AutorInnen. Da Adolf Hitler
       1945 starb, ist nun „Mein Kampf“ gemeinfrei – und in [4][einer
       kommentierten Neuauflage erhältlich].
       
       3 Jan 2016
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] http://affordance.typepad.com/
   DIR [2] http://isabelleattard.fr/blog/2015/12/vive-anne-frank-vive-le-domaine-public/
   DIR [3] http://gutenberg.spiegel.de/buch/der-kampf-mit-dem-damon-6854/1
   DIR [4] /Mein-Kampf-in-neuer-Ausgabe/!5264113
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Merle Büter
       
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