# taz.de -- Anschlag in Hessen: Asylbewerber angeschossen
> Es war der erste Anschlag mit scharfer Waffe auf ein Flüchtlingsheim in
> Deutschland. Die Täter feuerten auf einen Schlafenden, der leicht
> verletzt wurde.
IMG Bild: Durch dieses Fenster wurde in das Flüchtlingsheim geschossen
Frankfurt/M. taz | In der Nacht zum Montag griffen Unbekannte gegen 2.30
ein Asylbewerberheim im südhessischen Dreieich mit einer Schusswaffe an.
Ein 23-jähriger Syrer wurde im Bett von einer Kugel getroffen und musste im
Krankenhaus behandelt werden. Dreieichs Bürgermeister, Dieter Zimmer, SPD,
sagte der taz, er sei fassungslos und schockiert.
Bundesjustizminister Heiko Maas, SPD, twitterte, man dürfe nicht zusehen,
wie sich die Spirale der Gewalt weiterdrehe. Der Rechtsstaat dürfe und
werde das nicht hinnehmen. Ein fremdenfeindliches Motiv der Tat wollten die
Behörden weder bestätigen noch ausschließen. Man ermittle „in allen
Richtungen“ sagte eine Sprecherin der taz.
Die dreigeschossige Unterkunft im Stadtteil Dreieichenhain, in der zur Zeit
30 Asylbewerber untergebracht sind, liegt in Nachbarschaft eines
Supermarkts am Rande eines Wohngebiets. Die Polizei sperrte den Tatort noch
in der Nacht ab. Die oder der Täter hatten durch die Fenster eines
einstöckigen Anbaus geschossen, in dem vier syrische Flüchtlinge schliefen,
in dem Haus waren zur Zeit des Angriffs 14 Menschen.
Die Kugeln durchschlugen die bodentiefen Fenstern des Schlafraums, die
Glasscheiben zerbarsten allerdings nicht vollständig. Dem Hessischen
Rundfunk (HR) berichtete einer der Betroffenen, ein vermummter Angreifer
habe mit einer Handfeuerwaffe sechs- oder siebenmal geschossen. Von einem
„gezielten Angriff“ sprach die zuständige Staatsanwältin, Nina Reininger:
„Wer durch die Fenster in einen Schlafraum schießt, nimmt in Kauf, dass er
Menschen trifft“, sagte sie der taz.
## Eine „ungeheure Sauerei“
Anwohner, die am Morgen in dem angrenzenden Industriegebiet ihre Einkäufe
erledigten, zeigten sich schockiert über die Vorgänge in der Nacht.
Persönlich fühle er sich zwar nicht bedroht, aber dass auf Flüchtlinge
geschossen werde, sei eine „ungeheure Sauerei“, so ein 56-Jähriger. „Man
denkt, dass so etwas in so einem kleinen Ort wie Dreieich nicht passieren
kann“, sagte eine Bürgerin. Aber die Stimmung im Ort sei gut, man sei offen
für Flüchtlinge und sie würden integriert.
Bürgermeister Zimmer spricht am Morgen von einer „brutalen und
menschenverachtenden Tat“. Die Stadt sei für seine große Willkommenskultur
mit viel ehrenamtlichem Engagement bekannt, sagt er der taz. „In Dreieich
leben Menschen aus 110 Nationen friedlich miteinander,“ so Zimmer. Über die
oder den Täter mag er nicht spekulieren. Ihm seien weder
rechtsextremistische Umtriebe in Dreieich bekannt, noch Spannungen unter
den Flüchtlingen, die die Stadt bewusst dezentral untergebracht habe. Das
von den Schüssen getroffene Zimmer werde auch wegen der Ermittlungen
geräumt.
Die syrischen Bewohner würden nach Absprache mit ihnen in andere Räume des
Wohnheims verlegt, so Zimmer. Die Stadt halte an der attackierten
Einrichtung jedoch fest. Viele Bürgerinnen und Bürger hätten sich bereits
im Rathaus gemeldet, weil sie noch heute ein demonstratives Zeichen der
Solidarität setzen wollten.
4 Jan 2016
## AUTOREN
DIR Christoph Schmidt-Lunau
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