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       # taz.de -- Union will Änderung im Sexualstrafrecht: CDU hört feministische Signale
       
       > Die Union ist fortschrittlicher als Justizminister Heiko Maas und will
       > bei Vergewaltigungen das „Nein“ des Opfers für die Strafbarkeit
       > anerkennen.
       
   IMG Bild: Eigentlich keine komplizierte Forderung: Nein heißt Nein! Der CDU gefällt das.
       
       Freiburg taz | Justizminister Heiko Maas (SPD) gerät bei der Reform des
       Sexualstrafrechts unter Druck der Union. Der CDU-Parteivorstand fordert,
       dass künftig ein klares „Nein“ des Opfers für die Strafbarkeit als sexuelle
       Nötigung und Vergewaltigung ausreicht. Die CDU liegt damit auf der Linie
       der Grünen.
       
       Derzeit gelten Handlungen gegen den Willen des Opfers nur in drei
       Konstellationen als „sexuelle Nötigung“: Wenn der Täter die Duldung des
       Opfers mit Gewalt oder mit bestimmten Drohungen erzwingt oder wenn der
       Täter eine schutzlose Lage ausnutzt. Eine Vergewaltigung ist dabei ein
       besonders schwerer Fall der sexuellen Nötigung.
       
       Die Frauenbewegung hat unter dem Slogan „Nein heißt Nein“ dagegen schon
       lange gefordert, dass jede Missachtung des sexuellen
       Selbstbestimmungsrechts strafbar sein sollte. Rückenwind bekam die
       Forderung, als im Rahmen des Europarats 2011 die Istanbul-Konvention
       entstand. Danach ist jede „nicht einverständliche sexuell bestimmte
       Handlung“ zu bestrafen.
       
       Auf diese Konvention, die Deutschland unterzeichnet hat, bezieht sich nun
       auch der CDU-Vorstand. „Wir sorgen dafür, dass gemäß Art. 36 der
       Istanbul-Konvention die Gesetzeslücke bei Vergewaltigung geschlossen wird“,
       heißt es in der Mainzer Erklärung, die am Samstag beschlossen wurde. „Für
       den Straftatbestand muss ein klares ‚Nein‘ des Opfers ausreichen, auch wenn
       nicht zugleich der Tatbestand der Gewalt oder Nötigung vorliegt.“
       
       „Nein-heißt-Nein“-Prinzip noch möglich 
       
       Das entspricht einem Gesetzentwurf der Grünen vom Juli 2015. Danach ist
       wegen „sexueller Misshandlung“ zu bestrafen, „wer sexuelle Handlungen an
       einer anderen Person vornimmt und dabei die Arg- oder Wehrlosigkeit des
       Opfers ausnutzt oder der entgegenstehende Wille des Opfers erkennbar zum
       Ausdruck gebracht worden ist.“
       
       Der Referentenentwurf von Maas geht dagegen nicht vom „Nein heißt
       Nein“-Paradigma aus, sondern ergänzt das bisherige Recht nur punktuell.
       Strafbar sollen künftig auch Fälle sein, in denen Frauen aufgrund früherer
       Gewalttätigkeiten des Mannes eingeschüchtert sind oder in denen der Täter
       mit einem anderen empfindlichen Übel droht, etwa mit einer Denunziation.
       Außerdem sollen Fälle erfasst werden, wenn das Opfer „aufgrund der
       überraschenden Begehung der Tat zum Widerstand unfähig“ ist.
       
       Maas‘ Gesetzentwurf wurde vor allem aus zwei Gründen kritisiert. Zum einen
       ist immer wieder die Rede davon, dass das Opfer zum Widerstand unfähig sein
       muss. Dabei setzt eine sexuelle Nötigung laut Gesetz überhaupt keinen
       Widerstand des Opfers voraus. Maas knüpft hier an längst überwundene
       patriarchale Vorstellungen an. Außerdem erfasst sein Gesetzentwurf nach wie
       vor Fälle nicht, in denen das Opfer die Übergehung seines Willens duldet,
       weil es von der Situation überfordert ist, zu langsam reagiert oder auch
       die im Nachbarzimmer schlafenden Kinder nicht durch einen lauten Konflikt
       verstören will.
       
       Immerhin hat Maas dem „Nein heißt Nein“-Prinzip noch keine klare Absage
       erteilt. Eine so weitgehende Reform müsse aber sehr gründlich geprüft
       werden. Eine Kommission zur Überarbeitung des Sexualstrafrechts soll im
       Sommer 2016 ihren Bericht vorlegen.
       
       11 Jan 2016
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Christian Rath
       
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